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    Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
    Von Lars-Christian Daniels

    Totgesagte leben länger. So könnte man nicht nur Jim Gillespies Teenie-Slasher „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ treffend untertiteln, sondern auch die Reinkarnation des Slasherfilms in der zweiten Hälfte der 90er Jahre. Nachdem die Halloween-Reihe, das Freitag, der 13.-Franchise und die unzähligen A Nightmare On Elmstreet-Ableger in der Blütezeit der 70er und 80er Jahre das Geld nur so in die Kinokassen gespült und Leinwand-Mörder zu Kultfiguren gemacht hatten, nutzte sich das Strickmuster in den Folgejahren spürbar ab. Uninspiriertes Abspulen immer gleicher Schemata ließ selbst hartgesottene Anhänger von Michael Myers, Freddy Krueger & Co. ermüden. Erst 1996 gelang dem Subgenre des Horrorfilms dank Wes Cravens Scream, dessen Drehbuch aus der Feder von Kevin Williamson stammt, wider Erwarten ein fulminantes Comeback. Williamson hatte zuvor vergeblich versucht, sein Skript zu „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ an den Mann zu bringen, und fand erst dank der neu entflammten Publikumsbegeisterung einen Abnehmer. Es überrascht nicht, dass sein eigentliches Skript-Debüt die Klasse von „Scream“ nie erreicht und der Film sich stattdessen im soliden Mittelfeld der Teenie-Slasher-Welle einordnet.

    Die Freunde Julie (Jennifer Love Hewitt), Helen (Sarah Michelle Gellar), Barry (Ryan Phillippe) und Ray (Freddy Prinze Jr.) rasen nach einer feuchtfröhlichen Party in Barrys Auto eine Küstenstraße entlang. Da die Teenager ausgelassen feiern und in der Dunkelheit nicht auf die Fahrbahn achten, überfährt Ray plötzlich einen Mann, dessen Gesicht durch den Unfall bis zur Unkenntlichkeit entstellt wird. Aus Angst, die Polizei würde ihnen die Geschichte nicht glauben und vermuten, der betrunkene Barry habe am Steuer gesessen, tragen sie den Schwerverletzten ans Ufer und werfen ihn ins Wasser. Anschließend schwören sie sich, nie wieder über diese Nacht zu sprechen. In den folgenden Monaten verlieren sich die vier aus den Augen. Als sie sich ein Jahr später in den Sommerferien wiedertreffen, erhält Julie einen anonymen Brief mit der Botschaft: „I KNOW WHAT YOU DID LAST SUMMER“. Die Nachricht stammt von einem düsteren Unbekannten in Fischerkluft, der die Jugendlichen mit einem spitzen Metallhaken für ihre vergessen geglaubte Tat bestrafen will…

    „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ hält sich an die ungeschriebenen Gesetze, die Slasherperlen wie John Carpenters „Halloween“ einst in Perfektion umsetzten. Da wäre zunächst die Gruppe Jugendlicher, die mit Jennifer Love Hewitt (Heartbreakers), „Buffy“-Darstellerin Sarah Michelle Gellar (Der Fluch), Ryan Phillippe (Eiskalte Engel) und Freddie Prinze Jr. (Eine wie keine) vergleichsweise passabel besetzt ist. Zwar bleibt insbesondere schauspielerische Leistung von Freddie Prinze Jr. überschaubar, doch verkommen die Teenager hier nicht wie so häufig zu profillosen Opfern, die nur früher oder später das Zeitliche segnen müssen. Das Drehbuch gönnt sich eine ausführliche Einleitung und zeigt, was ein Jahr nach dem Mord aus den Highschool-Absolventen geworden ist: Julies Studium steht vor dem Scheitern, Barry ist von Beruf Sohn, Ray ein armer Fischer und Helens Traum von der steilen Karriere in New York ausgeträumt. Statt rauszugehen in die weite Welt und ihre Ziele zu verwirklichen, finden sich die Teenager postwendend in einem realen Alptraum wieder.

    Als Pluspunkt erweist sich das anfängliche Katz-und-Maus-Spiel des Mörders, da er die Jugendlichen nicht einfach stupide abschlachtet, sondern zunächst mit schauriger Eindringlichkeit auf ihr nahendes Ende hinweist. Die Spannungsschraube wird so kontinuierlich angezogen und zugleich verhindert dies, dass der Film allzu schnell zum oberflächlichen Gemetzel verkommt. In Erinnerung bleibt insbesondere die atmosphärisch dicht inszenierte Verfolgungssequenz, in der Barry trotz auswegloser Situation vom Killer verschont wird. Darüber hinaus wird der Zuschauer auf falsche Fährten gelockt und kann sich nie ganz sicher sein, ob vielleicht einer der vermeintlich gepeinigten Freunde heimlich mit dem Fischerhaken auf Menschenjagd geht. Erst im letzten Filmviertel kommt Licht ins Dunkel, wenngleich der ganz große Aha-Effekt ausbleibt.

    Ansonsten bietet der Plot wenig Innovatives, das man nicht in ähnlicher Form schon einmal irgendwo gesehen hätte. Ein weiteres Manko ist der relativ blass wirkende Serienkiller, der trotz seiner ausgefallenen Waffe nie an seine prominenten Genrevorbilder heranreicht. Nicht von ungefähr leiht sich Scary Movie nur seinen Fischerhaken und setzt stattdessen voll auf das weitaus interessantere „Scream“-Pendant mit Maske und schwarzem Umhang. Die Idee, immer wieder harmlose Dorfbewohner als Doppelgänger in Öljacken auf der Bildfläche erscheinen zu lassen, verbraucht sich recht schnell. Auch der Versuch, den Killer als Fleisch gewordenen Hauptdarsteller einer Gruselgeschichte zu verkaufen, schlägt fehl, weil die Idee nicht konsequent weiterverfolgt wird. Die einleitende Lagerfeuersequenz an Dawson’s Beach darf somit nur als Anspielung auf die Teenie-Serie „Dawson’s Creek“ verbucht werden, für deren Skript ebenfalls Kevin Williamson verantwortlich zeichnet.

    Genrefreunden sei „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ ans Herz gelegt, bietet der Film doch letztlich alles, was man von einem klassischen Teenie-Slasher erhoffen darf. Während das erwartungsgemäß schwächere Sequel „Ich weiß noch immer, was du letzten Sommer getan hast“ wenigstens noch mit zwei Jungdarstellern aus dem ersten Teil aufwarten kann, sei vor dem komplett neu besetzten Direct-to-DVD-Flop „Ich werde immer wissen, was du letzten Sommer getan hast“ an dieser Stelle eindringlich gewarnt…

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