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    Sin City 2: A Dame To Kill For
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Sin City 2: A Dame To Kill For
    Von Christoph Petersen

    Na endlich! Nachdem die Co-Regisseure Robert Rodriguez und Frank Miller (Autor und Zeichner der „Sin City“-Reihe) bereits 2006 angekündigt hatten, dass das Drehbuch fertig sei und sie noch im selben Jahr mit den Dreharbeiten beginnen wollten, kommt die Fortsetzung zu ihrem vor allem visuell bahnbrechenden, komplett mit Greenscreen-Technik gedrehten Pulp-Noir-Meisterwerk „Sin City“ (5 Sterne von FILMSTARTS) nun mit einer Verspätung von schlappen sieben Jahren doch noch in die Kinos. Aber während eine solche Kette von Verzögerungen normalerwiese auf eine raue Produktionsgeschichte hindeutet, sind dem fertigen Film die mehrfachen Überarbeitungen des Drehbuchs nicht anzumerken, ganz im Gegenteil: Die vier Episoden von „Sin City 2: A Dame To Kill For“ fügen sich nahtlos in das etablierte „Sin City“-Universum ein und das Material schreit geradezu danach, auf Blu-ray mit den Kurzgeschichten aus dem ersten Film zu einer gemeinsamen Schnittfassung zusammengefasst zu werden. Und auch wenn der einzigartige visuelle Stil in der Fortsetzung naturgemäß nicht mehr so sehr überrascht wie im Original, so erweisen sich die neuhinzugekommenen 3D-Effekte ausnahmsweise mal doch als echte Bereicherung: Für die von „Sin City“ gewohnten Wow-Momente ist also auch in „A Dame To Kill For“ gesorgt!

    Ohne Erinnerung an die vergangenen Stunden muss sich Marv (Mickey Rourke) mit einer Clique reicher Kids herumschlagen, die zum Vergnügen Obdachlose anzündet… Als sich seine Ex-Geliebte Ava Lord (Eva Green) bei ihm meldet, ist Privatdetektiv Dwight McCarthy (Josh Brolin) zunächst gar nicht begeistert, immerhin hat sie ihn einst für den Multimillionär Damien Lord (Morton Csokas) sitzen lassen. Aber Dwight kann wie alle Männer Avas Sexappeal einfach nicht widerstehen und lässt sich wider besseres Wissen doch auf ein Treffen ein: Ava bittet um Hilfe, weil ihr sadistischer Ehemann sie quält und sein Chauffeur Manute (Dennis Haysbert) sie auf Schritt und Tritt überwacht… Unterdessen demütigt der kecke Spieler Johnny (Joseph Gordon-Levitt) den größten Verbrecher von Sin City beim Pokern. Aber wer Senator Roark (Powers Boothe) derart bloßstellt, der muss anschließend auch mit den schmerzhaften Konsequenzen leben. Doch Johnny lässt sich nicht einmal von fünf gebrochenen Fingern und einer Kugel im Bein davon abhalten, seine Mission zu vollenden… Allerdings ist Johnny nicht der einzige, der mit Roark noch ein Hühnchen zu rupfen hat, auch die Stripperin Nancy Callahan (Jessica Alba) hat nur ein Ziel im Leben: den Verantwortlichen für den Tod von John Hartigan (Bruce Willis) zur Strecke zu bringen…

    In „Sin City“ hat Robert Rodriguez nach eigener Aussage noch hier und da ein wenig auf die Bremse getreten (etwa bei Nancy Callahan, die in der Graphic Novel noch runtergekommener ist und praktisch nur nackt rumläuft), weil er sich nicht sicher sein konnte, ob das Kinopublikum tatsächlich schon bereit für die volle Dröhnung Frank Miller ist. Aber nachdem der Film so begeistert aufgenommen wurde, gibt es in der Fortsetzung endgültig keine Kompromisse mehr, das wird schon in der Einstimmungs-Episode „Just Another Saturday Night“ deutlich: Fan-Favorit Marv hat diesmal gleich in drei von vier Geschichten große Auftritte und legt sich direkt zu Beginn mit einer Gruppe sadistischer Teenager an, denen er mithilfe der bis an die Zähne bewaffneten Prostituierten aus Old Town auf hemmungslos brutale Weise den Garaus macht – was in unserer Vorstellung vom Publikum bejubelt wurde. Nachdem „Sin City“ noch überwiegend sehr ernsthaft ausfiel und Frank Millers kranker Humor eher subtil mitschwang, gibt es in der Fortsetzung vor allem wegen der Extraportion Marv sehr viel mehr offensichtliche dunkelschwarze Pointen zum Losprusten.

    Den größten Teil von „Sin City 2“ nimmt anschließend die titelgebende zweite Episode „A Dame To Kill For“ in Anspruch. In diesem auf die pure zynische Essenz runterkondensierten Mini-Film-noir verkörpert Ex-Bond-Girl Eva Green („Casino Royale“) eine ultimative Femme fatale, die sich auch vor Barbara Stanwyck als Phyllis Dietrichson in „Frau ohne Gewissen“ oder Lana Turner als Cora Smith in „Im Netz der Leidenschaft“ nicht zu verstecken braucht. Dass sich Eva Green nackt am Set sehr unsicher und sogar lächerlich gefühlt hat, wie sie uns bei der Pressekonferenz in L.A. verriet, ist ihrer bedrohlich-lasziven Darstellung der durch und durch verdorbenen Ava Lord jedenfalls nicht anzusehen. Und selbst wenn Josh Brolin als Dwight McCarthy (im ersten Teil noch von Clive Owen verkörpert), Dennis Haysbert als Manute (im ersten Teil noch von dem verstorbenen Michael Clarke Duncan verkörpert) und Christopher Meloni als Cop Mort für sie die dämlichsten Sachen anstellen – man(n) versteht trotzdem sofort, warum ihre Hirne bei Avas Anblick immer wieder aussetzen.

    Für Rodriguez ist „Sin City“ keine Adaption, sondern eine Übersetzung der Graphic Novel – schließlich wollte er sie nicht an die Regeln eines gewöhnlichen Kinofilms anpassen, sondern sie möglichst exakt Panel für Panel auf die Leinwand übertragen (deshalb ist im Original auch kein Drehbuchautor angegeben, denn die Comicvorlage wurde direkt als Skript verwendet). In „Sin City 2“ ist das nun ein wenig anders, denn zwei der Geschichten hat Frank Miller extra für den Film neu geschrieben, wobei ihm vor allem die Fortsetzung der tragischen Story der Stripperin Nancy Callahan in „The Fat Loss“ am Herzen lag: Jessica Alba („Machete“) mutiert darin glaubhaft vom von allen begehrten Opfer zur ihr Schicksal selbst in die Hand nehmenden Badass-Amazone und beweist zugleich, dass sie auch mit haufenweise neonweißen Narben im Gesicht immer noch umwerfend aussieht. Allerdings fällt hier auch auf, wie sehr die Figur John Hartigan in der Fortsetzung fehlt. Denn nun, wo Bruce Willis nach der letzten Schlag-in-die-Magengrube-Szene aus „Sin City“ nur noch Gastauftritte als Geist absolviert, fehlt dem Zuschauer eine echte Identifikationsfigur und es fällt schwerer, auch emotional in den Film einzusteigen.

    Normalerweise kommt 3D ja meistens in Filmen zum Einsatz, in denen auf der Leinwand besonders viel los ist, also in Action-Krachern, Animations-Abenteuern oder Sci-Fi-Blockbustern. Aber nach „Sin City 2“ müssen wir feststellen, dass offensichtlich auch bei dieser Technik weniger mal wieder mehr bedeutet! Denn während es in den meisten 3D-Filmen meist nur eine Handvoll Szenen gibt, in denen sich der zusätzliche Eintrittspreis tatsächlich für den Zuschauer auszahlt, ergänzen sich die 3D-Technik und Frank Millers reduziert-stilisierter Schwarzweiß-Stil hervorragend: Weil ein großer Teil der Bilder sowieso schwarz ist und es nur wenige sich vom dunklen Rest abhebende Details gibt, poppen diese viel deutlicher und kontrastreicher aus der Leinwand heraus, vor allem wenn in Sin City wie so oft mal wieder Schnee fällt. Und ein paar extra für 3D aufgemotzte Szenen gibt es dann noch als Zugabe obendrauf, zum Beispiel wenn Marv von einer wilden Verfolgungsjagd berichtet, während die rasenden Wagen um seinen Kopf herumschlittern.

    Fazit: Auch wenn die „Sin City“-Optik nicht mehr so überrascht wie beim ersten Mal, hat sich das lange Warten auf diesen sündigen Nachschlag definitiv gelohnt.

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