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    Bekommt eine der besten Netflix-Serien einen würdigen Abschluss? So gut ist "Sex Education" Staffel 4
    Markus Trutt
    Markus Trutt
    -Redakteur
    Vom Spurenverwischen mit Dexter bis zu Weltraum-Abenteuern mit Picard. Markus hat ein Herz für Serien aller Art – und schüttet es gern in Artikeln aus.

    „Sex Education“ ist eine DER Serien-Offenbarungen der letzten Jahre. Mit Staffel 4 endet der Netflix-Hit nun allerdings. Wir haben alle Folgen vorab gesehen und verraten in unserer Kritik, ob sie wirklich den versprochenen „finalen Höhepunkt“ bilden.

    Wenn es am schönsten ist, soll man bekanntlich aufhören. Das dachte sich offenbar auch „Sex Education“-Schöpferin Laurie Nunn und beendet ihre völlig zu Recht gefeierte Netflix-Serie nach drei grandiosen Staffeln mit Season 4. Abgezeichnet hatte sich das bereits im Vorfeld, da mehrere Hauptdarsteller*innen schon größere Rollen in anderen Projekten an Land gezogen haben (Eric-Darsteller Ncuti Gatwa etwa ist gar der neue Doctor Who). Die offizielle Bestätigung des „Sex Education“-Abschieds kam dann allerdings erst mit dem ersten Teaser zum Finale.

    Aber kann Season 4 die Geschehnisse in und um das britische Nest Moordale denn nun zu einem runden Abschluss bringen? Das können wir nach den acht neuen Folgen größtenteils bejahen – selbst wenn der Weg dorthin diesmal ein wenig holprig ist...

    Neue Schule, neues Glück?

    Nachdem die Moordale Secondary School wegen Finanzierungsproblemen ihre Pforten schließen musste, werden die Schüler und Schülerinnen mitten im Jahr auf andere Schulen in der Umgebung verteilt. Otis (Asa Butterfield), Eric (Ncuti Gatwa) und einige ihrer altbekannten Mitschüler*innen verschlägt es dabei auf das moderne Cavendish College, in dem zu ihrer großen Überraschung weitaus offener und toleranter mit Sexualität und Geschlechteridentitäten umgegangen wird.

    Nichtdestotrotz will Otis auch hier wieder seinem Umfeld als Nachwuchs-Sextherapeut mit Rat zur Seite stehen, muss zu seinem Unmut aber feststellen, dass diese Position bereits von der gewieften O (Thaddea Graham) ausgefüllt wird. Und als wäre das nicht Aufregung genug, leidet Otis noch unter seiner gestressten Mutter Jean (Gillian Anderson), die gerade noch einmal Nachwuchs bekommen hat, und der räumlichen Trennung von seiner großen Liebe Maeve (Emma Mackey), die für einen renommierten Schreibkurs in die USA gereist ist...

    Holpriger Einstieg

    „Sex Education“ setzt in Staffel 4 zum Glück weiterhin auf das bewährte Rezept, das die Serie von Anfang an so fantastisch gemacht hat: Leichtfüßig und trotzdem smart wird lebensbejahender Humor mit kunterbuntem Coming-of-Age-Drama gemischt, nostalgischer Charme mit der hoffnungsvollen Abbildung der Lebenswirklichkeit unterschiedlichster Heranwachsender von heute vermengt.

    Ganz so organisch wie zuvor gelingt die Aufarbeitung der alltäglichen Jugend-Probleme diesmal allerdings nicht – was primär dem etwas forcierten Schul-Schauplatzwechsel geschuldet ist. Otis und Co. stolpern in ein regelrechtes Ausbildungsutopia, das nicht nur aus dem Nichts hervorgezaubert wird, sondern auch gänzlich der Realität entrückt zu sein scheint. Die Schülerschaft bestimmt hier das Geschehen, stellt sich sexuell divers auf und geht offen mit Problemen um. Wer hier über jemand anderen lästert, muss in eine Mobbing-Kasse einzahlen.

    Sex Education
    Sex Education
    Starttermin 2019-01-11 | 50 min
    Serie: Sex Education
    Mit Asa Butterfield, Gillian Anderson, Ncuti Gatwa
    User-Wertung
    4,1
    Im Stream

    Man wird zu Beginn den Eindruck nur schwer los, dass der simple Location-Kniff nicht wirklich durch die Story motiviert ist, sondern lediglich dazu dient, um den Diversitätsregler in den letzten acht Folgen noch einmal auf 100 und darüber hinaus zu drehen, obgleich neue Figuren und die neue Umgebung in der Tat für eine frische Dynamik sorgen.

    Alle Buchstaben des LGBTQ-Spektrums

    Dabei ist es einerseits erfreulich, dass das schon immer progressive „Sex Education“ nun noch die restlichen Buchstaben der LGBTQIA+-Sammelabkürzung ganz offensiv zur Geltung kommen lassen will. Stärker als zuvor fällt dabei das Plädoyer für die gegenseitige, wenn auch in der Form leider noch utopische Akzeptanz als Weg zum Glück aus. Auf der anderen Seite ist die Staffel bisweilen so überfrachtet, dass viele wichtige Themen mitunter nur oberflächlich, manchmal gar allzu plump angeschnitten werden und der Erzählung durch die zahlreichen Nebenschauplätze streckenweise der Fokus fehlt.

    Doch gerade wenn sich die „Sex Education“-Macher*innen auf die bereits etablierten Figuren besinnen, sind sie wieder da: diese magischen Momente, die einen mal mit ihrem herrlichen Witz, mal mit ihrer aufrichtigen Herzlichkeit ganz in die skurrile Welt von Moordale eintauchen und dabei so manch konstruierten Konflikt (gerade die Beziehung von Otis und Maeve dreht sich etwas im Kreis) schnell vergessen lassen.

    Emotionaler denn je

    Letztlich wird das Gros der losen Handlungsfäden zu einem befriedigenden Ende zusammengeschnürt, wobei hier Maeves weitere Selbst(vertrauens)findung und die Annäherung zwischen Erics Ex Adam (Connor Swindells) und seinem Vater, dem früheren Moordale-Schulleiter Michael (Alistair Petrie), am konsequentesten verfolgt werden und zugleich am meisten zu Herzen gehen.

    „Sex Education“ trifft auch in der vierten und letzten Runde letztlich immer wieder den richtigen Ton, wenn es um Toleranz, Verlust und die sonstigen Tücken des jugendlichen (und bisweilen auch erwachsenen) Alltags geht – und rührt dabei bis zum bittersüßen Finale mehr denn je zu Tränen.

    Fazit: Die vierte „Sex Education“-Staffel mag im Vergleich zu den stringenter erzählten Vorgänger-Seasons ein Stück weit abfallen, bringt die Geschichten von Otis, Maeve, Eric und vielen anderen aber nichtsdestotrotz zu einem emotionalen Abschluss, der uns das Serien-Highlight schon jetzt vermissen lässt.

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