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    Regen aus dem Computer: Dieser Horror-Hit beweist, wie sehr das Publikum daneben liegen kann
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    Filmschaffende führen ihre Arbeiten einem Testpublikum vor, um eine unbefangene Meinung einzuholen und auszutesten, welche Szenen funktionieren und welche überarbeitet werden müssen. Das „Final Destination 3“-Team erhielt jedoch kurioses Feedback.

    Testvorführungen haben unter Filmfans einen schlechten Ruf. Zu überwältigend bleiben Fälle in Erinnerung, in denen das Studio unliebsame Änderungen durchdrückte, weil ein Film beim Testpublikum unzureichend ankam. Die Sci-Fi-Dystopie „Brazil“ etwa bekam nach einer Testaufführung ein neues Ende verpasst – erlitt damit im Kino aber Schiffbruch. Erst, als das vom Testpublikum abgelehnte Ende reinstalliert wurde, wuchs „Brazil“ zum Klassiker heran.

    Dennoch beteuern viele Filmschaffende, dass Testaufführungen hilfreich sind, um einen unverbrauchten Blick auf ihren Film zu gewinnen: Welche Szenen sind zu lang, welche zu kurz? Muss der Soundmix vielleicht angepasst werden, damit wichtige Informationen nicht untergehen?

    Die „Final Destination“-Reihe hat daher eine komplizierte Beziehung zu Testvorführungen: Einerseits waren sie während der Produktion des ersten Teils der brutalen, zynisch-komischen Teenie-Horrorsaga dermaßen hilfreich, dass diesem Prozess eine Mini-Doku auf den Heimkino-Veröffentlichungen gewidmet wurde. Im Bonusmaterial von „Final Destination 3“ lässt sich derweil erleben, wie drei Filmschaffende an sonderbarem Publikums-Feedback verzweifeln...

    "Final Destination 3": Dramatische Gespräche im Regen ...

    Wendy (Mary Elizabeth Winstead) bekommt während eines Kirmesbesuchs Panik: Sie ist felsenfest davon überzeugt, dass es auf der populären Achterbahn Devil's Flight zu einem tödlichen Unfall kommen wird. In letzter Sekunde steigt sie aus dem Fahrgeschäft aus und löst derart viel Trubel aus, dass nicht nur sie die Bahn verlässt. Kurz danach kommt es tatsächlich zu einem fatalen Crash. Doch der Tod lässt sich ungern einen Strich durch die Rechnung machen: Nach und nach kommen die (teils widerwilligen) Achterbahn-Angsthäschen ums Leben. Auf sonderbare, garstige Weise...

    Regisseur/Autor James Wong und Drehbuchautor Glen Morgan spielen in „Final Destination 3“ wiederholt mit den Erwartungen des Publikums: Sicher geglaubte Figuren trifft es hart, verzichtbar scheinende Figuren halten länger als gedacht durch. Manche Sterbeszenen tun weh, andere sind cartooneske Spektakel. Und ganz nach Teenie-Horror-Genregesetz gibt es eine aufwühlende Unterredung während eines Unwetters.

    ... den das Publikum für einen billigen Trick hielt!

    Eben dieses Gespräch unter strömendem Regen erwies sich für das „Final Destination 3“-Team unerwartet als Stressfaktor: Die in und vor einer High School spielende Dialogszene wurde über mehrere Tage hinweg gedreht. An manchen agierten Winstead und ihr Szenenpartner in echtem, strömendem Regen. An anderen wurde am Set künstlich Regen erzeugt, so wie schon in unzähligen Filmen zuvor.

    Doch als „Final Destination 3“ einem Testpublikum vorgeführt wurde, staunten die Filmschaffenden nicht schlecht – wie Wong, Morgan und Kameramann Robert McLachlan mit Galgenhumor und ungläubigem Tonfall im Audiokommentar zum Film nacherzählen: Obwohl der Film voller Computereffekte steckt und physische Gesetzmäßigkeiten oftmals frei interpretiert werden, nahm das Testpublikum daran keinerlei Anstoß.

    Wäre das wütende Publikum nicht rechtzeitig eingeschritten, hätte es "Rambo 2" nie gegeben!

    „Doch auf eine Sache hat sich das Publikum eingeschossen“, rekapitulieren sie: „Es war überzeugt, dass das in dieser Szene computeranimierter Regen sei!“ Und nicht nur das: Das Publikums-Feedback strafte den angeblichen Digitaltrick-Regen als billig und leicht zu erkennen ab.

    Robert McLachlan bezeichnete dies als „verrückt“ und beteuerte, wie viel Mitleid er mit den Stars des Films hatte: „Die sind klitschnass! Sie sind kalt! So kalt, dass ihre Glieder taub wurden und sie nicht mehr richtig reden konnten!“ All das, nur damit später ein Testpublikum maulen kann, der Regen sei lieblos am Computer eingefügt worden.

    Die größte Ironie daran: Wie McLachlan, Morgan und Wong im Audiokommentar gestehen, hatte das Filmteam nur eine Option, um die Sequenz zu retten. In der Postproduktion wurde über das in echt gedrehte Material doch noch computeranimierter Regen gelegt. Denn die mit CGI aufgepeppte Version erhielt danach keinerlei Publikumsbeschwerden mehr – der digitale Fake-Regen überzeugte die Leute mehr als das echte Wasser!

    Trotz Oscar-Stars: Dieses Sequel zu einem legendären Horror-Meisterwerk ist total gefloppt und ziemlich unbekannt

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