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    Streaming-Tipp: Dieser Mindfuck-Thriller stand immer im Schatten von Christopher Nolan - dabei ist er fast genauso genial!
    Lars-Christian Daniels
    Lars-Christian Daniels
    Hollywood-Blockbuster schaut Lars immer seltener – das neueste James-Bond-Abenteuer lässt er sich aber nie entgehen. Ansonsten trifft man den vielleicht größten "Tatort"-Experten des Landes vor allem auf Filmfestivals und im Arthouse-Kino.

    Neil Burgers "The Illusionist" startete 2006 fast zeitgleich mit Christopher Nolans "Prestige" im Kino und ist bis heute nie ganz aus dessen Schatten herausgetreten. Dabei ist das starbesetzte Verwirrspiel definitiv einen Blick wert.

    Egal ob „Deep Impact“ und „Armageddon“, „Das große Krabbeln“ und „Antz“ oder auch „Braveheart“ und „Rob Roy“: Die Liste der Filme, die thematisch verwandte Geschichten erzählen und fast zeitgleich um die Gunst des Kinopublikums buhlen mussten, ist lang (hier findet ihr unsere Übersicht). Dieses Schicksal traf 2006 auch das spannende Fantasy-Drama „The Illusionist – Nichts ist wie es scheint“, das kurz vor Christopher Nolans „Prestige – Meister der Magie“ in den US-Kinos startete und sich zügig nach seinem Anlaufen der fast übermächtigen Konkurrenz ausgesetzt sah. Hierzulande kam der Film von Neil Burger („Das Erwachen der Jägerin“) nicht einmal ins Kino, sondern erschien direkt auf DVD und Blu-Ray.

    Im direkten Vergleich zu Nolans vielgelobtem Meisterwerk mit Christian Bale und Hugh Jackman kann „The Illusionist“ auch sicher nicht ganz mithalten. Doch allein der herausragende Cast, der unter anderem drei Marvel-Stars in seinen Reihen weiß, liest sich auch aus heutiger Sicht noch beeindruckend – und die doppelbödige Mindfuck-Story wartet mit einem Clou auf, der sich vor Nolans Magierduell nicht verstecken muss. Aktuell könnt ihr den Film im Abo bei Joyn+ streamen oder bei Amazon Prime Video für einen schmalen Taler leihen.

    Darum geht es in "The Illusionist"

    Wien, 19. Jahrhundert: Der Magier Eduard Abramovich (Edward Norton, „Der unglaubliche Hulk“), der unter dem Künstlernamen "Eisenheim" auftritt, sorgt mit seinen verblüffenden Zaubertricks für ausverkaufte Säle und ein begeistertes Publikum. Das bleibt auch dem hochnäsigen österreichischen Kronprinzen Leopold (Rufus Sewell) nicht verborgen – doch der behauptet, jeden Trick entschlüsseln können, den Eisenheim mit seinem Agenten Josef Fischer (Eddie Marsan) vorführt. Eines Tages besucht der Prinz, der den Zauberer intensiv vom korrupten Wiener Chefinspektor Uhl (Paul Giamatti, „The Amazing Spider-Man 2“) beschatten lässt, gemeinsam mit der Herzogin Sophie von Teschen (Jessica Biel, „Blade: Trinity“) Eisenheims Show…

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    Verwirrspiel auf der Bühne: Eisenheim (Edward Norton) verzaubert Herzogin Sophie von Teschen (Jessica Biel).

    … und der "Illusionist" weiß ihn dort nachhaltig zu beeindrucken. Nachdem Eisenheim mit der Herzogin auf der Bühne einen rätselhaften Spiegeltrick zelebriert, lädt Leopold den Zauberkünstler umgehend für eine exklusive Darbietung auf seine Hochburg ein. Was der Kronprinz, der hinter verschlossenen Türen die Hand gegen Sophie erhebt und Eisenheim vor seinen adligen Gästen vorführen will, nicht ahnt: Die ihm zur Frau versprochene Herzogin und der Zauberer kennen sich. Sie waren als Kinder Freunde, obwohl sie aus unterschiedlichen Ständen stammen…

    Der erste Eindruck täuscht

    In den ersten Minuten driftet „The Illusionist“, der Kameramann Dick Pope 2007 sogar eine Oscar-Nominierung bescherte, beinahe in den Kitsch ab: Der mittellose Bauernjunge Eduard (als Kind: Aaron Taylor-Johnson) verliebt sich in die von Rumtreibern wie seinesgleichen streng abgeschirmte Herzogin (als Kind: Eleanor Tomlinson). Solche Expositionen um zwei Liebende aus verschiedenen Welten wurden in historischen Romanzen schon unzählige Male erzählt. Aber das Dranbleiben lohnt sich: Nach dem etwas schmalzig geratenen Prolog, der mit einem Zeitsprung in die Gegenwart endet, ist Eisenheim nämlich voll in seinem Element.

    Wir erleben den nun erwachsenen Magier bei der Live-Erschaffung eines Orangenbaums, die auf einen realen Trick des Zauberkünstlers Jean Eugène Robert-Houdins im 19. Jahrhundert anspielt, auf der Bühne. Die CGI-Elemente sind dabei zwar nicht zu übersehen, doch tun die enttäuschenden Effekte dem hohen Unterhaltungswert in den folgenden eineinhalb Stunden keinen Abbruch: „The Illusionist“ ist kein seelenloses Fantasy-Drama, das allein von spektakulären Bildern und beeindruckenden Zauberwelten lebt, sondern ein cleveres Verwirrspiel mit einem wendungsreichen, selten auszurechnenden Drehbuch.

    Starke Besetzung mit klangvollen Namen

    Bei der Charakterzeichnung muss man einige Klischees aushalten können – insbesondere der arrogante Kronprinz Leopold entspricht doch sehr dem skrupellosen adligen Bösewicht, den wir in historischen Stoffen schon oft gesehen haben. Doch der großartige Cast um den dreifach oscarnominierten Edward Norton, den zweifach oscarnominierten Paul Giamatti und den britischen Charakterdarsteller Rufus Sewell trösten darüber hinweg. Und spätestens nach dem ersten großen Wendepunkt nach einer Stunde entfalten die zunehmend rätselhafte Geschichte und das Duell zwischen Leopold und Eisenheim eine Faszination, der man sich kaum noch entziehen kann.

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    Ein Ekelpaket aus dem Bilderbuch: Kronprinz Leopold (Rufus Sewell) will Herzogin Sophie von Teschen (Jessica Biel) heiraten.

    Ähnlich wie in Christopher Nolans „Prestige“ liegt auch in „The Illusionist“ ein großer Reiz darin, Eisenheims rätselhaften Manövern auf die Schliche zu kommen – ebenso wie für Leopold und seine Gefolgschaft vermögen wir diese Nüsse aber kaum zu knacken. Der Zauberkünstler ist uns ebenso wie dem gefrusteten Chefinspektor Uhl stets mehrere Nasenlängen voraus – und wir schauen gern dabei zu, wie Uhl sich die Zähne an dem gewieften, aber nie überheblichen Magier ausbeißt. Deshalb taugt der Ermittler in diesem Film nur sehr bedingt zur Identifikationsfigur – ganz anders als in klassischen Kriminalgeschichten.

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    Wie hat er das nur gemacht? Chefinspektor Uhl (Pau Giamatti, l.) verzweifelt an den Tricks von Eisenheim (Edward Norton, r.) und seinem Agenten (Eddie Marsan).

    Kurzweilig und prachtvoll ausgestattet steuert der Film mit seiner doppelbödigen Geschichte auf ein verblüffendes Finale zu, bei dem uns die Filmemacher genüsslich den Boden unter den Füßen wegziehen – die Schlusspointe wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Auch erfahrene Genrekenner und -Kennerinnen dürften den Twist kaum vorhersehen. Doch selbst wer ihn errät, darf sich am Weg zum Ziel erfreuen: Begleitet von einem stimmungsvollen Soundtrack und bis zum Schluss mitreißend in Szene gesetzt, überzeugt „The Illusionist“ als spannendes Verwirrspiel, bei dem nicht nur Fans von Nolans Mindfuck „Prestige“ auf ihre Kosten kommen.

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