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    Endlich wieder im Heimkino: Dieser fesselnde Mindfuck-Thriller hat Natalie Portman über Umwege zu ihrer besten Rolle geführt
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Er wird zu Recht zu den stärksten und spannendsten Anime-Filmen der Kinogeschichte gezählt und inspirierte Darren Aronofskys gefeierten Psychohorror „Black Swan“, der Natalie Portman zum Oscar führte. Bald kehrt „Perfect Blue“ ins Heimkino zurück.

    Der Psychothriller „Perfect Blue“ genoss sogleich zwei Wellen der Aufmerksamkeit: Zuerst eroberte er mit aufregenden Wendungen, unter die Haut gehenden Bildern und waschechten „Was zur Hölle?!“-Momenten die Herzen zahlloser Anime-Fans. Dann erhielt er einen zweiten Popularitätsschub, der ihm auch Anime-Muffel in die aufgekratzten Arme getrieben hat.

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    Denn Regie-Provokateur Darren Aronofsky nutzte „Perfect Blue“ als Inspirationsquelle für seinen Psychohorror „Black Swan“ – was große Neugier auf den Anime-Klassiker weckte. Offenbar zu große: Seit Jahren ist die Blu-ray des Films in Deutschland nur schwer aufzutreiben. Damit ist bald Schluss: Am 22. März 2024 erhält „Perfect Blue“ seine lang und heiß ersehnte Blu-ray-Neuauflage – als Limited Edition!

    Parallel dazu erscheint auch eine DVD-Neuauflage* des Anime-Meilensteins. Bei den gängigen Streaminganbietern ist er in Deutschland derzeit übrigens nicht zu finden – ein Grund mehr, sich über das Heimkino-Comeback zu freuen.

    "Perfect Blue": Der Albtraum vor Natalie Portmans Tortur

    Mima Kirigoe ist Sängerin in der Girlgroup CHAM, die festzustecken scheint: Erfolgreich genug, um Mima den verführerischen Duft des Ruhms schnuppern zu lassen, zu unpopulär, um weitere Aufstiegschancen zu erahnen. Zudem findet Mima das Heile-Welt-Image ihrer Band erdrückend! Also beschließt sie, CHAM hinter sich zu lassen und es als Schauspielerin in einer drastischen Krimiserie zu versuchen. Zunächst ist ihre Rolle winzig, allerdings wird sie zügig ausgebaut:

    Mima steigt von der Verwandten eines Opfers zum Mittelpunkt eines eigenen Handlungsstrangs auf: Sie spielt eine junge Frau, die gestalkt wird – eine emotional zehrende Aufgabe, wird Mima doch selbst verfolgt. Als sie eine brutale Vergewaltigungsszene drehen muss, steigert sich das Gefühl der Beklemmung, das Mima schon länger abzuschütteln versucht, ins Unermessliche. Realität, die Erfahrungswelt ihrer Rolle und beängstigende Einbildung verschwimmen...

    Dass Aronofsky ein Faible für „Perfect Blue“ hat, zeichnete sich bereits vor „Black Swan“ ab: Im Sucht-Thriller „Requiem For A Dream“ ahmte er schon eine kurze, einprägsame Sequenz aus dem von Satoshi Kon inszenierten Anime haarklein nach. Doch der Ballett-Albtraum mit Natalie Portman weist noch mehr Parallelen zu „Perfect Blue“ auf.

    Portman spielt zwar eine Balletttänzerin namens Nina, allerdings hat sie genauso wie Ex-Popsternchen Mima Probleme, ihr sanftes, sauberes Image abzulegen und sich glaubhaft einer dunkleren Rolle anzunehmen. Nina und Mima werden von der Sorge zerfressen, Stalking-Opfer zu sein, geraten in einen Strudel aus unerklärlichen, brutalen Ereignissen, und verlieren den Bezug zur Wirklichkeit.

    Aber auch visuell finden sich viele Parallelen: Diverse Bildkompositionen in Aronofskys Psychothriller ähneln Impressionen aus „Perfect Blue“. Dennoch wäre es verfehlt zu denken, dass man nur einen dieser Filme gesehen haben muss: Aronofsky und Kon packen ihre Albtraum-Stoffe sowohl tonal als auch in ihrer Gesamtästhetik zwar artverwandt, aber trotzdem sehr unterschiedlich an.

    Aus „Perfect Blue“ bekannte Bilder finden in Aronofskys Abwandlung einen neuen Kontext. Und nur, weil man „Black Swan“ gesehen hat, heißt das noch lange nicht, dass man sich ungesehen ausmalen kann, was in „Perfect Blue“ geschieht.

    Mimas schemenhaftes Grauen

    Während Nina in „Black Swan“ unter überwältigendem Perfektionsdrang und ihrer unterdrückten Sexualität leidet, hat der von Drehbuchautor Sadayuki Murai auf Basis eines Romans von Yoshikazu Takeuchi verfasste Anime andere Schwerpunkte. Unter anderem hat die Geschichte, die während des schleichenden Aufblühens des Internets spielt, eine medienkritische Note, die „Black Swan“ nicht aufweist:

    Wichtige Komponenten in Mimas Schreckensspirale sind die mediale Aufarbeitung und Rezeption von Star-Karrieren. Sowie die psychischen Folgen dessen, unerfahrene Schauspielerinnen zwecks Karriereschub voreilig in freizügige, potentiell traumatisierende Szenen zu drängen. All das schildert Satoshi Kon in vergleichsweise reduzierten, wenngleich eindringlichen Bildern: „Perfect Blue“ war sein Regiedebüt, entstand daher mit niedrigem Budget und schmaler Crew.

    Kons spätere Arbeiten, wie „Paprika“ und „Millennium Actress“, sind deutlich detailreicher und visuell aufwändiger. Jedoch sind die relativ schlichten Bilder von „Perfect Blue“ sehr effektiv, da Kon und das verantwortliche Trickstudio Madhouse („Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“) die kleinen Mittel gewieft einsetzen.

    Sich wiederholende Sequenzen, abrupte Schnitte und Massenszenen, in denen die Randfiguren mal Details aufweisen, dann plötzlich ausdruckslose Schemen sind, schreien nämlich nicht nach Sparzwang. Sie sorgen konsequent für ein unwohles Gefühl der Desorientierung.

    Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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