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    Ryan Reynolds verkloppen macht glücklich: Unser Interview zu "Deadpool 2" mit Josh Brolin

    Mit „Deadpool 2“ kehrt der dauerfluchende Superheld im hautengen Anzug auf die Leinwand zurück. Und dieses Mal bekommt er von Cable ordentlich auf die Fresse! Gespielt wird er von Josh Brolin, mit dem wir uns über seine Rolle unterhalten haben.

    20th Century Fox

    An Josh Brolin („Sicario“, „No Country For Old Men“) kommt man nur schwer im Kino vorbei, denn in gleich drei Filmen ist der oscarnominierte Mime aktuell auf der großen Leinwand hierzulande zu sehen: In „No Way Out - Gegen die Flammen“ sagt er einem Waldbrand den Kampf an, als Oberfiesling Thanos mischt er das gesamte Marvel-Superheldenuniversum in „Avengers 3: Infinity War“ auf – und dann ist da noch „Deadpool 2“. Im Sequel zur derben Comicverfilmung schlüpfte Brolin in die Rolle des grimmigen Cable, der dem von Ryan Reynolds gespielten Titelhelden ordentlich eine reinwürgt.

    Wir haben uns mit dem charismatischen Schauspielstar zusammengesetzt und ein wenig über seinen Part geplaudert. Dabei verrät er uns, wie er sich für die Rolle in Form brachte, ob man „Deadpool 2“ auch mit Kindern schauen kann und die Pläne für drei weitere Auftritte seiner Figur.

    FILMSTARTS: Josh, wie war es eigentlich vor der Kamera auf Ryan Reynolds einzuprügeln?

    Josh Brolin: Oh Mann, es gibt nichts, das mich glücklicher macht. Der Typ ist einfach zu erfolgreich, zu intelligent, zu gutaussehend, all die Dinge, die ich hasse.

    Nein, im Ernst, er ist ein toller Kerl, wir haben halt viele dieser Kampfszenen zusammen gedreht. Und ich weiß, es klingt sicher witzig, was es zwar nicht ist, aber: Wenn man 50 Jahre alt ist, dann spürt man definitiv Dinge, die man mit 30 nicht kennt. Das waren immerhin heftige Kampfszenen und ich habe viele von ihnen gedreht. Die Herausforderung, solche Szenen zu machen, ist an sich toll. Ich habe ja zum Beispiel das „Oldboy“-Remake gemacht, wo wir eine viereinhalbminütige Prügelei ohne einen einzigen Schnitt gedreht haben. Da bin ich wirklich drauf stolz. Das waren circa 375 Bewegungen, die ich mir merken musste und wir haben die Szene in fünf Wochen und sieben Versuchen abgedreht.

    Aber man erholt sich mit 50 nicht mehr so gut wie früher. Wir haben also diese tollen Kämpfe dargestellt und Regisseur David Leitch kennt sich mit diesem Kram auch sehr gut aus. Aber Ryan und ich sind dann immer so vom Set gelaufen: An der Stelle steht Josh Brolin auf, krümmt und hält sich den Rücken, humpelt und stöhnt durch den Raum. So lief das halt ab und ich soll noch drei weitere Filme machen. Ich habe keine Ahnung, was noch alles passieren wird.

    Deadpool 2

    FILMSTARTS: Im Film machst du allerdings einen recht fitten Eindruck und du scheinst ordentlich an Muskeln aufgebaut zu haben. Wie hast du trainiert?

    Josh Brolin: Also erst einmal: Danke. Ich habe hart, echt hart trainiert und dabei einen strikten Ernährungsplan ohne wirkliche Zuckerzufuhr eingehalten. Ich habe für die meiste Zeit meiner elfwöchigen Vorbereitungsphase jede einzelne Frucht vor dem Essen abgewogen und drei Stunden am Tag meine Workouts gemacht. All das war nicht leicht zu bewältigen, aber es hat Spaß gemacht. Die ersten zwei Wochen waren allerdings besonders schwer, denn man hat das Gefühl, dass etwas in einem stirbt – als ob man sich selbst zerstört. Es ist, als ob etwas in deinem Gehirn diese Tätigkeiten wie ein Krebsgeschwür ansieht. Ich weiß, das ist ein schrecklicher Vergleich, aber so hat es sich angefühlt.

    Aber wenn man diese Zeit übersteht und für sich selbst einen gewissen Meilenstein erreicht, fängt es an, sich gut anzufühlen. Man kann dann die Veränderungen an einem selbst erkennen und man denkt sich: „Wow, das funktioniert ja wirklich, einfach toll und das mit 50!“ Jeder dachte, ich wäre auf Steroiden, was sogar noch besser ist, weil es mir mein wirklich intensives Training verdeutlichte.

    Danach begann aber erst die wirkliche Arbeit: Der Tag fing schon mal mit dreieinhalb Stunden Make-up an. Wenn ich also um vier Uhr früh in der Maske erscheinen sollte, musste ich bereits um zwei Uhr aufstehen, trainieren, in einem Stuhl für dreieinhalb Stunden sitzen und anschließend zwölf Stunden am Set sein. Danach dauerte es eine halbe Stunde, um das Make-up wieder wegzumachen. Für die Rolle dann richtig ernst zu sein, fiel mir dann übrigens sehr leicht, denn ich war einfach richtig sauer!

    FILMSTARTS: Du hast ja bereits David Leitch erwähnt, der selbst jahrelang als Stunt-Coordinator tätig war. Wie sehr war er eigentlich an der Actionchoreographie beteiligt? Schien sein früherer Job durch oder war er doch mehr der reine Regisseur am Set?

    Josh Brolin: David ist Miteigentümer von der auf Action-Design spezialisierten Firma 87Eleven, die ich schon lange kenne und kurioserweise habe ich ihn vorher nie getroffen, obwohl ich mit den Leuten dort schon acht Jahre gearbeitet habe. Als es also an „Deadpool 2“ ging, kannte ich schon viele der Stuntleute und wir haben viel gemeinsam geprobt und erdacht. Wenn ich dann ans Set kam, hatte ich schon etwas für eine Woche geübt und es so weit verinnerlicht, dass ich mich wirklich zuversichtlich fühlte. Aber David hat dann oftmals gesagt, dass dieses und jenes nicht funktioniert und wir etwas anderes ausprobieren sollten und was dann dabei herauskam, war, dass ich mir die Finger eingeklemmt oder meine Schulter und Knie verletzt habe. Man denkt ja in solchen Situationen immer krampfhaft über die Choreographie nach, aber David war es egal. Im Film sieht es aber echt gut aus und ich bin froh, dass wir es so gemacht haben.

    Familienfilm "Deadpool 2"

    FILMSTARTS: Es gibt eine Menge positiver Botschaften, so viel Humor und eigentlich gibt es auch viel dabei zu lernen. Könnte „Deadpool 2“ ohne die Gewalt nicht auch ein toller Kinderfilm sein?

    Josh Brolin: Da muss ich an eine Geschichte zurückdenken, die ich mal erlebt habe: Ich habe mal die Babysitterin meiner Ex-Frau gefragt, ob irgendwas in „Jungfrau (40), männlich, sucht…“ für meine damals elfjährige Tochter ungeeignet sei: „Nein, ich denke nicht“, hat sie geantwortet. Also sind wir ins Kino gegangen. Und dann war plötzlich ein Penis zu sehen und ich dachte mir nur: „Was zur Hölle? Was passiert hier gerade?“ und ich habe schnell die Augen meiner Tochter verdeckt.

    Was „Deadpool 2“ angeht: Es gibt viele gute Botschaften, obwohl der Film an sich ziemlich unangemessen ist und ich denke, es kommt darauf an, wie man seine Kinder erzieht und was man für okay hält oder nicht.

    20th Century Fox

    FILMSTARTS: Deine Figur Cable ist ja aus der Zukunft und wurde offensichtlich durch technologischen Fortschritt verbessert. Geht es in „Deadpool 2“ von daher auch um die Furcht vor dem Transhumanismus, also vor der Denkrichtung, nach der die Technologie intellektuelle, physische oder psychische Möglichkeiten des Menschen erweitern soll?

    Josh Brolin: Ich denke, jede Ära bringt etwas hervor, vor dem man sich fürchten muss, wie zum Beispiel Social Media, und es kommt immer darauf an, wie diszipliniert man mit solchen Dingen umgeht. Wir leben in einem digitalen Zeitalter und sprechen zurzeit sehr negativ davon, was in meinen Augen noch mehr Negativität erzeugt. Es wird sich nur darauf versteift, was man alles Schlechtes damit anfangen kann, dass man den Eindruck bekommen könnte, dass es einfach keine Alternative dazu gibt. Aber wenn man Disziplin hat und sich Grenzen setzt, kann man so etwas auf wundervolle Weise einsetzen. Für mich ist Social Media wunderbar für soziologische Beobachtungen, ich sehe dort Reaktionen, die ich sonst nirgendwo anders mitbekommen würde.

    Und das ist am Ende ein Teil davon, was mich wirklich interessiert und sei es durch den Filter von „Deadpool“ oder „Avengers“: Was beschäftigt uns als Menschheit? Ich will niemanden beleidigen, aber in letzter Zeit sind einige große Filme herausgekommen, die hatten für mich absolut keine Bedeutung. „Deadpool 2“ hingegen bedeutet für mich eine ganze Menge, egal wie unangebracht oder lustig der Film auch sein mag. Und deswegen habe ich ihn letztendlich auch gemacht.

    FILMSTARTS: Wie hast du dich gefühlt, als du dich das erste Mal als Cable gesehen hast?

    Josh Brolin: Ich hab den Film das erste Mal mit nur drei weiteren Leuten im Saal gesehen und da fühlte ich mich schon etwas angespannt. Zunächst habe ich mich auch gefragt, was ich da eigentlich mache: Ich verstehe es nicht so ganz, funktioniert die Stimmlage, die ich für die Rolle gewählt habe? Ich bin allerdings auch sehr gut darin, mich selbst möglichst objektiv zu betrachten – stimmt die Geschichte, fühle ich mit den Figuren? Aber es hat einfach Spaß gemacht und auch wenn ich es echt nicht zu sehr betonen möchte: Mich als 50-jährigen Typen als Cable zu sehen, war verdammt cool!

    Die Zukunft von Cable

    FILMSTARTS: Wie wird es mit Cable weitergehen?

    Josh Brolin: Als ich den Film gesehen habe, realisierte ich, dass es sich um eine Einführung von Cable handelt. Er ist in der Geschichte dabei, weil es um eine Entwicklung geht, die sich über vier Filme erstrecken soll, ganz gleich, ob wir überhaupt jemals auf vier Filme kommen werden – wer weiß das schon. Der Plan ist aber fast wie bei einer Serie angelegt. Und mir gefällt die Idee davon, wie es mit ihm weitergehen wird. Ich denke, Ryan und ich verstehen diese Neckereien ganz gut, die sich die beiden Figuren gegenseitig zuspielen. Zu Beginn ist Cable noch diese Anomalie, auf die alle reagieren. Aber ich denke, in Zukunft wird es eher wie bei Nick Nolte und Eddie Murphy in „Nur 48 Stunden“.

    FILMSTARTS: Und wie haben die Leute auf dich und „Avengers 3: Infinity War“ reagiert?

    Josh Brolin: Ich bin echt unglücklich darüber…nein, Scherz! Ich bin sehr überrascht und erfreut darüber, dass die Kinogänger Thanos wie eine voll ausgearbeitete, mehrdimensionale Figur behandeln. Ich könnte nicht glücklicher darüber sein. Ich habe mit Terry Notary zusammengearbeitet, der wiederum auch mit Andy Serkis für Performance-Capture-Aufnahmen arbeitet und ich habe riesengroßen Respekt vor ihrer Arbeit. Ich bin nämlich keiner von denen, die behaupten, nur Darbietungen in kleinen Indie-Filmen seien das einzig wahre und alles andere sei Mist.

    Für mich ist einfach alles Schauspiel. Warum sollte man auch nicht das, was man in einem kleinen Theater macht, in einem Marvel-Film einbringen können? Ich kann mich erinnern, wie ich mit den Regisseuren darüber diskutiert habe, wie man die Leute wohl dazu bringen kann, sich um die schlimmste Figur im gesamten Universum zu sorgen. Für mich ist das jedenfalls der interessantere Aspekt an einem solchen Projekt.

    „Deadpool 2“ läuft seit dem 17. Mai 2018 in den Kinos.

     

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