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    The Big Wedding
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    The Big Wedding
    Von Björn Becher

    Hochzeiten sind so eine Sache. Was der schönste Tag im Leben werden soll, bringt oft erst einmal puren Stress. Trotz minutiöser Planung bricht bei den Vorbereitungen irgendwann geradezu unausweichlich Hektik aus und wenn es dann endlich soweit ist, wird der Hochzeitstag häufig nicht nur wirklich besonders schön, sondern auch außergewöhnlich anstrengend. Dafür sorgen bei einer großen Vermählungsfeier allein schon die Gäste, schließlich lädt ein diplomatisches Brautpaar auch all jene Verwandten und Bekannten ein, die es bei anderen Gelegenheiten vielleicht eher meidet. Daraus entsteht immer wieder eine Mischung aus Glück und Stress, Liebe und Streit, die wie gemacht ist für Hollywood. Sie bietet Raum für Drama und Komödie zugleich, für Romantik sowieso und darüber hinaus lassen sich jede Menge dankbarer Rollen für ein spielfreudiges Ensemble kreieren. In seiner ersten großen Regiearbeit „The Big Wedding“ ist Justin Zackham („Going Greek“, Autor von „Das Beste kommt zum Schluss“) genau dieser Formel gefolgt: Top-Stars schlüpfen in mehr oder weniger schräge Rollen und eine Nebenhandlung um eine große Lüge sorgt für zusätzliche Abwechslung. Allerdings fehlt der Komödie nicht nur eine zentrale Identifikationsfigur, sondern auch der erzählerische Fokus – und so gehen die nicht sehr zahlreichen wirklich guten Einfälle und Gags im großen Einerlei weitgehend unter.

    Nach zehn Jahren kommt Ellie Griffin (Diane Keaton) zum ersten Mal wieder ins das Traumhaus am See, das sie mit ihrem früheren Mann Don (Robert De Niro) gebaut hat, das dieser aber nun mit ihrer einstigen besten Freundin Bebe (Susan Sarandon) teilt. Der Grund für die Rückkehr ist die Hochzeit von Ellies und Dons Adoptivsohn Alejandro (Ben Barnes) mit der schönen Nachbarstochter Missy (Amanda Seyfried). Zu der Feier kündigt sich überraschend auch Alejandros leibliche Mutter Madonna (Patricia Rae) aus Kolumbien an. Die ist so streng katholisch, dass ihr Sohn ihr nie erzählt hat, dass seine Adoptiveltern sich haben scheiden lassen. Ellie und Don sollen daher für ein Wochenende noch einmal das liebende Ehepaar spielen, was nicht nur der zum regen Alkoholkonsum neigende Priester Moinighan (Robin Williams) für eine Schnapsidee hält. Zu allem Überfluss haben auch Alejandros Adoptivgeschwister Lyla (Katherine Heigl) und Jared (Topher Grace) ihre Probleme: Sie leidet unter schwerem Trennungsschmerz, während er mit fast 30 immer noch Jungfrau ist, weil er auf die Richtige warten will - und dieser Schwur wird just an diesem Wochenende auf die Probe gestellt, denn Alejandros leibliche Schwester Nuria (Ana Ayora) ist ein heißer Feger und versucht mit allen Mitteln, Jared zu verführen…

    Regisseur und Autor Justin Zackham wurde nach eigener Aussage gleichermaßen von dem Schweizer Film „Wie eine richtige Familie“ und von den Erfahrungen mit seiner eigenen Hochzeit inspiriert. Ebenfalls Pate gestanden haben offensichtlich die Ben-Stiller-Komödien „Meine Braut, ihr Vater und ich“ und „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“, in denen ebenfalls Robert De Niro mitmischt. Gerade im Vergleich zu jenen Gagfeuerwerken werden die Probleme von „The Big Wedding“ deutlich: Während Stillers Greg Focker, ein armer Tropf, der immer tiefer in den Schlamassel gerät, ein wunderbarer Sympathieträger ist, mit dem das Publikum mitfiebern und mitfühlen kann, fehlt eine solche Figur bei „The Big Wedding“. Diane Keatons Ellie ist zu Beginn noch am ehesten damit vergleichbar, aber sie verwandelt sich im späteren Verlauf des Films in einen comichaft-spleenigen Komödien-Charakter. Ben Barnes‘ („Die Chroniken von Narnia“) wiederum, der als Bräutigam im Zentrum des ganzen Hochzeitstheaters für den Part der Identifikationsfigur prädestiniert ist, wird vom Drechbuchautoren Zackham ein wenig stiefmütterlich behandelt und besitzt auch nicht unbedingt die Starqualitäten, um erzählerische Defizite auszugleichen. So bleibt auch Alejandro eine von allzu vielen überdrehten Nebenfiguren in einem Film ohne echte Protagonisten.

    Bei „The Big Wedding“ ist vor allem das Wörtchen „big“ Programm, dabei wäre weniger mehr gewesen. Fast alles ist eine Nummer zu groß, zu abgedreht oder sonstwie übertrieben. Während viele Komödien gerade von dem Kontrast zwischen Normalität und Wahnsinn leben, ist „The Big Wedding“ kaum noch in einer wiedererkennbaren Realität verankert. Und so trifft Zackham gerade bei den delikateren Handlungssträngen nur selten den passenden Ton. Wenn es etwa um die Jungfräulichkeit des von Topher Grace („Spider-Man 3“) gespielten Jared geht, dann bleibt nicht nur sein ursprüngliches Dilemma relativ unklar (ein im Alter von 15 geleisteter Schwur muss als wenig überzeugende Erklärung für seine Enthaltsamkeit herhalten), sondern auch sein späterer Sinneswandel und die verzweifelten Versuche, nun doch endlich den ersten Sex hinter sich zu bringen, erscheinen als willkürliche Drehbuchvolten. Ähnliches gilt für die vermeintliche Unfruchtbarkeit von Katherine Heigls („Happy New Year“) Lyla, über die Zackham offensichtlich etwas mehr Drama in seine Komödie bringen will, das ernste Thema wirkt inmitten des albern-frivolen Treibens allerdings deplatziert. Solche unpassenden, überflüssigen oder zumindest unrunden Nebenhandlungen lenken immer wieder von den gelungeneren Teilen des Films ab. Vor allem das Liebesdreieck aus Diane Keaton, Robert De Niro und Susan Sarandon bereitet großes Vergnügen, zwischen den Altstars sprühen regelrecht die Funken – hier ist zu ahnen, was für ein Film „The Big Wedding“ auch hätte werden können.

    Statt vermehrt auf die Klasse und den Charme der drei Oscar-Gewinner De Niro, Keaton und Sarandon zu setzen, die dem Film immerhin über einigen Leerlauf hinweghelfen, unternimmt Regisseur Justin Zackham immer wieder Ausflüge in die Brachialhumor-Gefilde von Kollegen wie Judd Apatow („Beim ersten Mal“) und Peter Farrelly („Dumm und dümmer“), denen im Abspann dann auch gedankt wird. Gleich in der Auftaktszene muss Ellie mit ansehen, wie ihr Ex-Mann ihre einst beste Freundin auf dem Küchentisch oral befriedigt. Später wird dann auch mal munter drauflos gekotzt oder es geht um neunstündige Orgasmus-Orgien, aber vor dem vollständigen Zoten-Exzess schreckt Zackham doch zurück. So bleibt in dem extrem uneinheitlich erzählten „The Big Wedding“ wenigstens Platz für ein paar schöne ruhigere Momente (die romantischen Liebeserklärungen von Robert De Niro und Topher Grace) und für amüsante Kleinigkeiten am Wegesrand. Wenn etwa ganz beiläufig gezeigt wird, wie sich der Priester von einem „Oh Gott“ angesprochen fühlt, ist das komischer als viele der auf maximalen Effekt getrimmten offensichtlichen Gags. So wird auch die Ausländerfeindlichkeit der Brauteltern (David Rasche, Christine Ebersole) immer wieder offensiv aufs Korn genommen, die einzige Pointe, die wirklich sitzt, kommt aber in einem Moment, als es eigentlich um etwas ganz anderes geht. Wie das rassistische Paar dabei ganz unvermittelt auf die zu erwartende Hautfarbe seiner Enkelkinder gestoßen wird, das hat Witz und Klasse – was in diesem Film leider eine Ausnahme bleibt.

    Fazit: „The Big Wedding“ bietet zwar ein großes und größtenteils gut aufgelegtes Starensemble, aber Regisseur Justin Zackham verheddert sich immer wieder in den zahlreichen Nebenhandlungen seiner Komödie und auch die Gag-Trefferquote ist allenfalls durchschnittlich.

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