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    Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste
    Von Michael Meyns

    Ein tolles Konzept: Als die deutsche Regisseurin Isabell Šuba 2012 mit ihrem Kurzfilm „Chica XX Mujer“ nach Cannes eingeladen wird, nutzt sie die Gelegenheit für ein Guerilla-Filmprojekt. Sie gibt ihre Identität an die Schauspielerin Anne Haug ab, die fünf Tage lang als Nachwuchsregisseurin über das Festival turnt, auf Partys geht, mit ihrem Produzenten neue Projekte anzuschieben versucht und den Chauvinismus in Cannes im Speziellen und der Filmbranche im Allgemeinen beklagt. Aus diesem Ansatz hat Šuba den Meta-Film „Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste“ gemacht, der zwar zu zerfahren und oberflächlich ist, um wirklich substanziell zu sein, aber doch zeigt, was mit geringen Mitteln und viel Wagemut im Kino möglich ist.

    Die Regisseurin Isabell Šuba (Anne Haug) kommt in Cannes an, um ihren Kurzfilm „Chica XX Mujer“ vorzustellen. Ihr Produzent David (Matthias Weidenhöfer) ist schon vor ihrer Ankunft genervt von der streitbaren Isabell, die den Chauvinismus der Filmbranche beklagt und sich mit David fortwährend wie ein altes Ehepaar streitet. Gemeinsam versucht das Duo, Produzenten für ein neues Projekt zu finden, Meetings abzuhalten und die wechselnden Mitbewohner im gemeinsamen Apartment zu koordinieren. Als sich beide dann auch noch in dieselbe Frau vergucken hängt der Haussegen endgültig schief.

    Als Mockumentary bezeichnet Isabell Šuba ihren Film, also als inszenierte Dokumentation - eine Bezeichnung, die allerdings nicht wirklich passend ist. Es ist fast schon eine falsche Wahrnehmung des eigenen Films, die erklären hilft, warum Šubas erster Langfilm etwas unbestimmt zwischen verschiedenen Genres positioniert ist. Da gibt es zum einen die schwächste Ebene des Films, in der Isabell und David im weitesten Sinne fiktive Szenen spielen, in denen ihre persönliche Beziehung verhandelt wird, die als eine Art Hass-Liebe zu bezeichnen ist. Wirklich grün ist man sich nicht, streitet sich über alles und jedes, doch aus irgendeinem (nicht wirklich nachvollziehbaren) Grund, arbeitet man dennoch zusammen. Als zweite Ebene kommen unmittelbare Dokumentarbilder hinzu, in denen Šuba selbst (die sich als Filmstudentin für das Festival akkreditiert hatte) Momentaufnahmen des Festivalbetriebs einfängt, Fotografen, Fans und Strandschönheiten filmt.

    Und schließlich gibt es noch die dritte, interessanteste, weil subversivste Ebene des Films: Dies sind Szenen, in denen die falsche Isabell Šuba und ihr Produzent (der im Film zwar David heißt, aber von Šubas tatsächlichem Produzenten Matthias Weidenhöfer gespielt wird) mit dem realen Festivalbetrieb interagieren. Ob Szenen, in denen das Duo von einer Journalistin interviewt wird bzw. einer Arte-Redakteurin ein Projekt vorstellen, tatsächlich „echt“ sind oder die Beteiligten vom Projekt wussten, lässt sich nicht sagen. Dennoch haftet diesen Szenen und nicht zuletzt denen, in denen die falsche Šuba die Premiere ihres Films erlebt, eine besondere Qualität an, in der der oft oberflächlich wirkende Festivalbetrieb mit subtilen satirischen Methoden entlarvt wird.

    Dass es für Šuba – der Titel ihres Films deutet es an – auch darum geht, den Chauvinismus des Filmbetriebs zu entlarven und auf die Unterrepräsentation von weiblichen Filmemacherinnen aufmerksam zu machen, ist dann allerdings etwas viel. Zumal die diesbezüglich geäußerten Vorwürfe ebenso oberflächlich bleiben, wie die tatsächlichen oder realen Beziehungsprobleme der Figur Isabell Šuba, die vergeblich ein Gespräch mit ihrer Freundin in der Heimat sucht und sich schließlich mit einer attraktiven Schauspielerin vergnügt. Gerade diese inszenierten Momente lassen mit ihren gestelzten, allzu künstlichen Dialogen die Substanz vermissen, die Šuba mit ihrem Film eigentlich erreichen möchte. Doch nichtsdestotrotz ist der binnen fünf Tagen gedrehte und praktisch ohne Geld entstandene (erst für die Post-Produktion wurde per Crowdfunding ein geringes Budget herangeholt) „Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste“ insgesamt ein äußerst spannendes Projekt.

    Fazit: So gut wie das Konzept ist das Endergebnis zwar nicht, dennoch ist Isabell Šubas in Guerilla-Manier entstandener „Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste“ ein sehenswerter Film, der in seinen besten Momenten spannende, ungeschminkte Einblicke in den schönen Schein der Filmwelt und des Festivals von Cannes liefert.

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