Dieser Film ist nichts für Extremist(inn)en beider Seiten. Den Einen ist der Film zu lasch und mild und verärgert schon im Vorfeld mit Deadnaming und einem Kleid als Symbol der Feminität, den anderen geht der ganze Gendersch… schon viel zu weit, wenn man nur einen Oskar mit einem Kleid in Verbindung und auf ein Filmplakat bringt, auf diesem Wege gar Frühsexualisierung(?!) betreibt.
Vorgenannte Leute dürfen dem Kino und auch dem Film gerne fern bleiben, sich in ihren jeweiligen Bubbles gegenseitig bebauchpinseln und auf alles außerhalb schimpfen.
Den großen Rest der hiesigen Mitmenschen, ab 6 Jahren, wird unterhaltsam ein Thema etwas näher gebracht, das eigentlich schon uralt ist. Und weil trans* schon solange Thema ist, entweder und zeitweise im Verborgenen und aktuell mal wieder etwas offener, werden im zeitgemäßen Film neben der Geschlechtlichkeit auch gleich mal weitere Themen zu Generationen, Rollenbildern, Familienmodellen, Religionen, Kulturen und Anerkennung in Peergroups sowie verpasste Chancen angerissen. Mehr als Anreißen kann ein solcher Film, der unterhalten will, nicht leisten.
Wer mehr über trans* erfahren will hat mittlerweile ein gutes Angebot, wie beispielsweise die Dokus „Trans – I got life“ oder „Petite Fille / Ein Mädchen“.
Vater Ben hat ein Problem mit der Transition des Kindes, von welchem er bisher annimmt, es sei sein Sohn. Wieso, warum, weshalb, wird im Film leidlich erklärt. Ben nimmt die Zuschauenden mit, auf seine Reise der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen, die keineswegs repräsentativ sein sollen. Ben entlässt das Publikum mit Fragen, zu obigen Themen, die gern im Anschluss diskutiert werden mögen. Das Umfeld von Ben macht es ihm nicht durchgängig leicht und schon gar nicht dieses renitente Kind, das er beinahe durchgängig „Oskar“ nennt und ruft, während Cis-Tochter „Erna“ überhaupt keine Probleme im Umgang mit Vater, Mutter, deren Next und Geschwisterkind hat. Die kleine Erna wirkt wie der transparente Kleber, der die ganze Sippe mitsamt dem Drumherum spielend leicht und mit kindlichem Witz zusammenhält. Ja, in diesem Film wird den Kindern generell viel zugemutet, aber auch das ist ein Thema in unserer Gesellschaft und somit wundert es kaum dass auch das Jugendamt im Film präsent ist.
Ich habe während des Schauens viel geheult, mal geschmunzelt und gelegentlich lachen können. Für mich ist „Oskars Kleid“ ein Film, der mich hat mitnehmen können, wie andere wohl von „Ghost – Nachricht von Sam“ mitgenommen werden. Manchmal, das trifft aktuell auf mich zu, ist es die richtige Zeit für das richtige Thema, im richtigen Medium.
Danke, für diesen sehr schönen Film, den ich mir gerne wieder anschauen werde.