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    "Heart Of Stone": Die große Star-Cameo-Szene ist nicht nur lächerlich, sondern auch sehr problematisch
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Begonnen mit den Stunts von Buster Keaton über die Akrobatik bei Jackie Chan hin zur Brachialgewalt in „The Raid“: Björn Becher liebt Actionfilme.

    In einer Szene von „Heart Of Stone“ kommt es zu Star-Cameos von u. a. Glenn Close. Diese Szene sieht aber nicht nur richtig schlecht und damit lächerlich aus, für unseren Redakteur Björn Becher ist sie auch in anderer Hinsicht sehr problematisch.

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    Achtung: Der folgende Text enthält SPOILER zu „Heart Of Stone“!

    Die dem Weltfrieden verschriebene Geheimorganisation Charter benennt ihre Mitglieder nach einem Kartenspiel. „Heart Of Stone“-Hauptfigur Rachel Stone (Gal Gadot) ist so die „Herz-Neun“. Jedes Team der Charter wird vom „König“ angeführt. Es kann also maximal vier Könige geben, welche sich die Überwachung der Welt aufgeteilt haben. Das zeigt aber auch deutlich, wie wenig sich die Charter wirklich für Welt(!)frieden interessiert.

    Denn in einer Szene des Films lernen wir alle vier Könige kennen. Stones Chefin Herz-König (Sophie Okonedo), bespricht sich mit dem Kreuz-König (B.D. Wong), dem Karo-König (Glenn Close) und dem Pik-König (Mark Ivanir). Die Szene sieht leider richtig schlecht aus – weil Schauspiellegende Glenn Close, „Law & Order: SVU“-Star B.D. Wong sowie der preisgekrönte europäische Charakterdarsteller Mark Ivanir („Schindlers Liste“) offensichtlich ihren Teil an verschiedenen Orten der Welt gedreht haben.

    Wie mit viel Greenscreen und miserabel gesetzten Schnitten der Eindruck erweckt werden soll, dass die vier Figuren hier wirklich zusammen sind, lässt die ganze Szene in meinen Augen super-lächerlich wirken. Doch darüber könnte man sich noch amüsieren, wenn der Moment nicht noch einen höchst problematischen Subtext transportieren würde.

    Für Afrika ist niemand zuständig

    Denn wie sich in der Szene andeutet und im Verlauf des Films bestätigt wird, sind die Könige für verschiedene Bereiche der Welt zuständig. Karo-König als ehemalige CIA-Führungskraft für Amerika, der einst für den chinesischen Geheimdienst tätige Kreuz-König wohl für Asien. Für Herz- und Pik-König wird es nicht so deutlich gemacht, aber wir dürfen davon ausgehen, dass sie West- und Osteuropa aufgeteilt haben. So sind auch alle Einsätze des Herz-Teams in Westeuropa, die Basis ist in London.

    Das macht aber deutlich, dass Afrika ein ziemlich blinder Fleck dieser Organisation ist. Ausgerechnet der von zahlreichen Kriegen erschütterte Kontinent ist einer so für den Weltfrieden eintretenden Organisation egal? Man mag das erst einmal abtun: vielleicht ist es einfach nur ein Versehen, es gibt halt nur vier Kartenfarben. Doch der Film greift es sogar selbst auf – aber macht es damit nicht besser.

    Einsatz im Senegal – weil sich dafür niemand interessiert

    Wenn Bösewicht Parker (Jamie Dornan) und Hackerin Keya (Alia Bhatt) die im Weltall versteckte KI stehlen wollen, sorgen sie dafür, dass deren Behältnis über dem Senegal runterkommt. Wie logisch das ist, wird schnell klar, als die Charter mitbekommt, dass ihr behüteter Schatz auf dem Sinkflug ist: Es gibt keine Möglichkeit einzugreifen, weil „innerhalb von 500 Meilen“, wie es in der englischen Originalfassung heißt, keine einzige Einsatzkraft existiert. Die so mächtige, den Weltfrieden mit überall eingeschleusten Agent*innen sicherstellende Organisation hat also im Umkreis von über 800 Kilometern absolut niemanden im Einsatz. Um es zu verdeutlichen: Das ist eine Fläche von über zwei Millionen Quadratkilometern, welche die Charter offensichtlich ignoriert.

    Dass der Kontinent Afrika, der immerhin 22 Prozent der gesamten Landfläche der Erde ausmacht, nicht von Interesse ist, wenn es um den Weltfrieden geht, könnte man ja kritisch aufgreifen. Schließlich übt „Heart Of Stone“ ohnehin Kritik am Agieren der Charter. Doch im Drehbuch von Greg Rucka („The Old Guard“) und Allison Schroeder („Hidden Figures“) wird alles stattdessen viel schlimmer.

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    Da wird in der im Senegal spielenden Episode kurz darauf auch noch jedes Klischee über den Kontinent bedient – hier kann man niemandem trauen, denn selbst die auf den ersten Blick so nette und hilfsbereite Frau will einen doch nur einer Bande von Kindersoldaten-Söldnern zuführen, die ein ganzes Dorf kontrollieren, bei dem direkt jeder mit großer Wumme auf unsere Heldin ballert.

    Vielleicht adressiert irgendwann „Heart Of Stone 2“ das Problem. Wenn sich am Ende „Herz-Neun“ Rachel Stone und die nun als „Joker“ für die Organisation rekrutierte Keya zusammentun, machen sie das schließlich mit dem Ziel, die Charter ein klein wenig besser zu machen. Es klingt zwar nicht so, als ginge es dabei auch um zumindest ein bisschen Frieden in Afrika – aber lassen wir uns mal überraschen.

    Wie „Heart Of Stone“ nun aber Afrika behandelt (und das offensichtlich völlig bewusst), ist am Ende natürlich nur die Spitze des Eisbergs eines aus ganz vielen anderen Gründen misslungenen und gerade in vielen Actionszenen unglaublich schlecht inszenierten Netflix-Films.

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