Filmemacher Peter Greenaway schuf Ende der 1980er mit „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ einen sinnlich-prunkvollen FSK-18-Skandalfilm, der Geschichte schrieb. Spätestens seit diesem Film gilt Greenaway als ungewöhnlicher Regisseur, der sich mit Passion und Hintersinn an Einflüssen aus der Renaissance, des Barock und des Manierismus bedient, um in eindringlicher Architektur provokante Geschichten über den Tod, Gier und Sexualität zu erzählen.
Damit fing Greenaway zu Beginn der 1980er an: Nach seiner weitestgehend in Vergessenheit geratenen Mockumentary „The Falls“ drehte er mit „Der Kontrakt des Zeichners“ seinen ersten „richtigen“ Spielfilm – und schuf sogleich einen der originellsten Filme der 1980er. arte zeigt „Der Kontrakt des Zeichners“ heute, am 24. Februar 2025, ab 21.55 Uhr. Zudem könnt ihr den Film in der arte-Mediathek sehen und als VOD via Amazon Prime Video beziehen:
Falls ihr ARTHAUS+ als Prime Video Channel* abonniert habt, könnt ihr „Der Kontrakt des Zeichners“ auch ohne Zusatzkosten abrufen.
"Der Kontrakt des Zeichners": Darum geht es
England im Sommer 1694: Mrs. Herbert (Janet Suzman) will ihren Gatten (Dave Hill) überraschen und erteilt dem hochbezahlten, arroganten Landschaftszeichner Mr. Neville (Anthony Higgins) den Auftrag, Zeichnungen des Herbert-Herrenhauses anzufertigen. Was von Mrs. Herbert als Versöhnungsgeschenk nach einer Meinungsverschiedenheit gedacht war, wird zum Beginn einer Kette fataler Ereignisse:
Der junge und talentierte Schnösel verlangt nämlich, dass sowohl Mrs. Herbert als auch ihre Tochter Sarah Talmann (Anne-Louise Lambert) seine Leistungen mit amourösen Gefälligkeiten belohnen. Und dann wird auf dem Grundstück der Herberts auch noch eine Leiche entdeckt...
Kunst, Getrolle, t(r)oll(end) Gekünsteltes
„Der Kontrakt des Zeichners“ wechselt wiederholt die Genres: Vom Kostümdrama rüber zu intellektualisierter Erotik hin zur geistreichen Krimigroteske. Greenaway fährt zudem mit beeindruckendem Selbstbewusstsein die Ellbogen aus und stiftet tonale Verwirrung: Während der Prolog randvoll mit Fäkalhumor ist, übernehmen sukzessive vielschichtige Verweise auf Mythologie das Skript. Es sei denn, die Figuren frönen gerade ihrer Begeisterung dafür, nonchalant lüsterne Doppeldeutigkeiten vom Stapel zu lassen.
Und entgegen aller Passion für den Naturalismus, der Neville nachgeht und die zwischendurch auf den ihn umgebenden Film abfärbt, gleitet „Der Kontrakt des Zeichners“ wiederholt in eine zutiefst ironisierte Metaphorik ab. Allerdings sollte man keinesfalls erwarten, sämtliche Details in diesem Film dekodieren zu können: So manche Skurrilität, wie eine auf dem Herbert-Anwesen befindliche, lebende Statue, haben allem Anschein nach nur den Zweck, Opulenz zu bieten und das sinnsuchende Publikum zu necken.
Aber wen überraschen solche Kauzigkeiten schon in einem Kostümdrama mit prunkvollem Produktionsdesign, dessen historische Genauigkeit vom Regisseur bewusst torpediert wird: Unter anderem brechen in den Bildrand reichende Wandgemälde im Stile des Pop-Art-Künstlers Roy Lichtenstein mit der Form des Films – und lassen sich als Vorreiter für die lilafarbenen Sneakers in Sofia Coppolas „Marie Antoinette“ bezeichnen.

Möglich, dass manche dieser kuriosen bis provokanten Elemente einst größeren Sinn hatten: Greenaways Ur-Fassung hatte eine Laufzeit von über drei Stunden, doch dann kürzte er den Film auf 105 Minuten. Was sich bei vielen anderen Filmen so liest, als wäre ein zähneknirschender Kompromiss mit dem Studio geschlossen worden, hat „Der Kontrakt des Zeichners“ wiederum zwar kürzer (und leichter vermarktbar), aber auch schräger gemacht.
Begleitet von Michael Nymans auffälliger Filmmusik, die große Klassik anachronistisch neu arrangiert, werden nämlich immer wieder Subplots mit einer launigen Chuzpe fallen gelassen, obwohl sie (so heißt es) ursprünglich aufgelöst werden sollten. Eine Entscheidung, die gewiss Teile des Publikums von Greenaways Film distanziert, aber zugleich für dieses filmische Genre-Wechselspiel total konsequent ist:
Derartige Betrügereien im ach-so-seriösen, piefigen Gewand verleihen „Der Kontrakt des Zeichners“ einen knochentrockenen Witz – und erlauben dennoch eine tiefere Deutung des Stoffes. Versetzt Greenaway sein Publikum doch in die Schuhe jener Figuren, die den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, respektive das Bedeutsame hinter all den filigranen Verschnörkelungen aus den Augen verlieren. Oder Greenaway narrt uns alle – ganz, wie ihr es bevorzugt.
Zugänglichere Genre-Spielereien bietet übrigens auch ein aktueller Streaming-Hit:
Dystopischer Sci-Fi-Horror-Thriller mit Top-Besetzung bricht schon kurz nach Start Streaming-Rekorde – habt ihr ihn schon gesehen?*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links oder beim Abschluss eines Abos erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.