Meisterregisseur Francis Ford Coppola liebt diesen fesselnden Abenteuer-Klassiker – jetzt gibt's ihn scharf wie nie im Heimkino!
Sidney Schering
Sidney Schering
-Freier Autor und Kritiker
Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

Prickelnd, spannend und atemberaubend stylisch: „Schanghai-Express“ ist eindrucksvolles Kino mit zwei hervorragenden Schauspielerinnen in Topform. Diese Woche feierte der von Francis Ford Coppola gefeierte Klassiker endlich seine Blu-ray-Premiere!

Paramount Pictures

Eine Zugreise durch ein Bürgerkriegsgebiet, eine eklektische Gruppe an Reisenden, die sich aus verschiedensten Gründen verurteilen, gewaltbereite Rebellen und mittendrin ein Ex-Paar, dessen Leidenschaft noch nicht verglüht ist: Innerhalb von gerade einmal 80 Minuten erzählt „Schanghai-Express“ eine lose von wahren Ereignissen inspirierte Geschichte mit überbordenden Gefühlen, harschen Konflikten und gewaltigen Schauwerten!

Das machte das temporeiche Schwarz-Weiß-Abenteuer zu einem fabelhaften Klassiker mit prominenter Fangemeinde. So zählt ihn „Der Pate“- und „ Apocalypse Now“-Regisseur Francis Ford Coppola zu den 20 Filmen, die man einmal im Leben gesehen haben sollte – da wurde es für dieses Heimkino-Upgrade höchste Eisenbahn: Diese Woche ist „Schanghai-Express“ erstmals in Deutschland auf Blu-ray erschienen!

Darum geht es in "Schanghai-Express"

1931: In China tobt ein Bürgerkrieg. In diesem Getümmel will eine europäische Prostituierte (Marlene Dietrich), die alle „Shanghai Lily“ nennen, mit dem Expresszug von Peking nach Shanghai. An Bord trifft sie Captain Donald Harvey (Clive Brook), einen ehemaligen Geliebten, der in dringender Sache unterwegs ist. Als Donald erfährt, wie sich Lilys Leben seit ihrer Trennung gewandelt hat, ist er empört – trotzdem kann er seine anhaltende Faszination für sie nicht verleugnen.

Außerdem befinden sich der aufdringliche US-Geschäftsmann Sam Salt (Eugene Pallette), der britische Reverend Carmichael (Lawrence Grant), der französische Major Lenard (Émile Chautard) und die Kurtisanin Hui Fei (Anna May Wong) im Zug. Als Rebellen den Zug überfallen, wird aus dem riskanten, aber machbar wirkenden Abenteuer ein Bangen um Leben und Tod...

Ein kreatives Duo, voll des Trotzes

Schauspielikone Dietrich und Regisseur Josef von Sternberg hatten eine lange, turbulente Beziehung: Sie machten sieben Filme zusammen, während sie hinter den Kulissen eine stürmische, konfliktbeladene Affäre pflegten. „Schanghai-Express“ ist die vierte gemeinsame Produktion: Teile der Filmpresse äußerten zuvor lautstark Neugier, Dietrich unter der Regie anderer Kreativschaffender zu sehen. Parallel dazu intensivierten sich von Sternbergs Zweifel an der Tragfähigkeit seiner Affäre mit der selbstbewussten, freigeistigen Dietrich.

Der 1932 vollendete „Schanghai-Express“ wirkt vor diesem Hintergrund wie eine Melange aus filmgewordenem Trotz und dem Ausdruck kreativer (sowie kultureller) Zukunftsängste: Die von „Meuterei auf der Bounty“-Autor Jules Furthman verfasste Geschichte ist durchzogen von einem unheilvollen Tonfall. Zentrale Themen sind individueller sowie gesellschaftlicher Identitätsverlust, der Kummer der Ersetzbarkeit und das Gefühl der Orientierungslosigkeit.

Gleichwohl unterstreichen Dietrich und von Sternberg doppelt und dreifach das, wofür sie und ihre kreative Bindung berühmt wurden: Die „Blonde Venus“-Hauptdarstellerin tritt verruchter, sexuell selbstbewusster und mysteriöser denn je auf, von Sternbergs Bildsprache ist stärker stilisiert als zuvor und changiert zwischen exotisch-erotisiertem Tagtraum und albtraumhafter Atmosphäre.

Gewaltige Kontraste und eine Freundschaft, bei der die Funken fliegen

Bereits diese Optik macht „Schanghai-Express“ zu einer soghaften Seherfahrung: Der Perfektionist von Sternberg steigerte sich in einen Stil hinein, der an die im Barock weit verbreitete Technik des Chiaroscuro erinnert. Die zeichnet sich durch übersteigerte Hell-Dunkel-Kontraste aus, wodurch sich die Tiefenwirkung eines Motivs vergrößert, Gesichtsausdrücke stärker betont werden und sich oftmals eine verhängnisvollere Stimmung ergibt.

Kameramann Lee Garmes und von Sternberg griffen somit der typischen Film-noir-Ästhetik vor – und kreierten Bilder, an denen sich unzählige Filmschaffende zu messen versuchten. Es ist zudem eine Ästhetik, die sich großartig mit den Inhalten des Films verbindet: Der Zug gen Shanghai ist voller oberflächlich integrer Menschen, die sich als moralisch verkommene Subjekte herausstellen, während die von Dietrich und Anna May Wong gespielten Damen der Nacht komplexe Sympathieträgerinnen abgeben – und eine fesselnde Dynamik miteinander entwickeln.

Ihr Zusammenspiel ist so faszinierend, dass die Presse Wong und Dietrich eine Affäre andichtete. Immerhin: Ihren privaten Korrespondenzen zufolge, entstand zwischen den Darstellerinnen, die in „Schanghai-Express“ in exorbitant-extravagante Kostüme gehüllt sind, eine innige Freundschaft. Vielleicht gibt es auch deshalb im exzessiven Spektakel „Babylon – Rausch der Ekstase“ eine Figur, die Hommage an Dietrich und Wong zugleich ist – noch dazu verneigt sich „La La Land“-Regisseur Damien Chazelle vor einem weiteren Film von Sternbergs. Mehr darüber erfahrt ihr im folgenden Heimkino-Tipp:

Dieses einflussreiche Meisterwerk hat das Studio hinter "Mission Impossible" gerettet – ab sofort wird es euch im Heimkino richtig einheizen!

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