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    Mein Kinobesuch bei "Fifty Shades Of Grey 2": Warum mich die "Fifty Shades"-Fans gleich doppelt enttäuscht haben

    Von den Büchern habe ich nicht mehr als ein paar Zeilen gelesen, aber nachdem ich den ersten Teil überraschend gut fand, habe ich mir die Fortsetzung extra in einer gut gefüllten Preview angesehen. Ein ernüchterndes Erlebnis mit irrationalem Ausgang.

    Universal Pictures Germany

    Vor ein paar Jahren habe ich mir im Cinemaxx Kino in Hamburg den Konzertfilm „Justin Bieber’s Believe“ gemeinsam mit etwa 800 frommen Beliebers angeschaut – für mich, der nicht allzu oft reale Konzerte besucht, eine wahrhaft einmalige Erfahrung. Denn auch wenn ich den Film selbst gar nicht so toll fand, eröffnete sich mir an dem Tag doch eine Erkenntnis, die ich – und vor allem meine Ohren – so schnell nicht wieder vergessen werden. Der Lautstärkepegel im Saal hing nämlich ganz eng mit dem gerade auf der Leinwand gezeigten Körperteil des Sängers zusammen: Bei Justin Biebers Nacken wurde etwa doppelt so laut gekreischt wie bei seiner Hand – und wenn sein Waschbrettbauch in Nahaufnahme auftauchte, dann ist einem direkt das Trommelfell aus dem Ohr gehüpft.

    Zwei Jahre später war ich gerade zufällig auf Hawaii (für einen Besuch am Set von „Kong: Skull Island“), als „Star Wars 7: Das Erwachen der Macht“ in den Kinos anlief – eine einmalige Chance, die berühmt-berüchtigte Star-Wars-Manie am eigenen Leib mitzuerleben. Also bin ich statt an den Strand früh morgens um 4 Uhr (!) ins Kino gegangen, um mir gemeinsam mit einem ganzen Saal voller Hardcore-Sternenkrieger alle sieben Teile der Weltraumsaga am Stück anzusehen. Ebenfalls ein tolles Erlebnis – und das, obwohl nicht wie erhofft ein Haufen Sturmtruppler um mich herumsaß, weil Ganzkörperkostüme und Waffenreplikate leider wegen der damals akuten Terrorlage streng verboten waren.

    Stumme Fans

    Nun wäre es natürlich unrealistisch gewesen, von „Fifty Shades Of Grey“-Anhängern etwas Vergleichbares zu erwarten – die sind ja zum allergrößten Teil dem Teenageralter (längst) entwachsen und haben auch keine über 40 Jahre gewachsene Nerdkultur im Rücken. Aber als ich mich dazu entschieden habe, die Fortsetzung „Gefährliche Liebe“ bewusst nicht in einer biederen Pressevorführung, sondern eben in einer Preview mit regulärem Publikum zu schauen, hatte ich schon irgendwie gehofft, dass da im Kino zumindest eine gewisse Begeisterung in der Luft liegen würde. Aber Pustekuchen!

    Obwohl der nicht gerade kleine Saal sehr gut gefüllt war, passierte die ersten 110 von 118 Minuten Laufzeit aber so wirklich gar nichts um mich herum. Kein Gekreische, kein Mitzittern, kein Gelächter, kein Gejohle bei den (SM-)Sexszenen – eher ein ebenso gleichtöniges wie gleichgültiges Zurkenntnisnehmen. Das war die erste Enttäuschung an diesem Abend – wobei ich meinen Mitguckern in dieser Hinsicht absolut keinen Vorwurf machen konnte. Nachdem mich Sam Taylor-Johnsons erster Teil als moderne „Cinderella“-Variante mit Spurenelementen von Schlüpfrigkeit ja tatsächlich noch ganz gut unterhalten hatte, empfand ich die Fortsetzung von James Foley als zwar in Hochglanz gefilmte, aber vollkommen lieblose erzählte Zumutung. Mit dem Hubschrauberabsturz von Christian Grey als absolutem Tiefpunkt – wenn er dann nur zwei Minuten später wieder bei der sich sorgenden Anastasia Steele vor der Tür steht, dann ist das einfach einer der wirkungslosesten Fake-Tode der Filmgeschichte, das hätte jede Vormittags-Seifenoper tausendmal glaubhafter hinbekommen.

    Aber auf "Fifty Shades Of Grey 3" freut ihr euch?

    Okay, ist halt ein schlechter Film und deshalb macht auch das Publikum nicht mit. So weit, so normal, so enttäuschend. Aber dann kam der Abspann – und der hat mir wirklich ein Stück weit den Glauben an den kinogehenden Teil der Menschheit geraubt. Denn da wird mit einer Szene schon mal ein Ausblick auf den dritten und letzten Teil der Reihe gewährt – und während dieses Mini-Teasers für „Fifty Shades Of Grey 3 – Befreite Lust“ wachte das Publikum um mich herum plötzlich auf. Das war dann wie bei einem dieser YouTube-Videos, wo man Fans zuschaut, wie sie sich einen Trailer anschauen und dabei völlig ekstatisch ausrasten. Im Abspann (!) kam mit einem Mal richtig Stimmung und Leben und Lautstärke in die Bude – und die Aussicht auf die Hochzeit zwischen Christian und Anastasia wurde mit dem von mir eigentlich erhofften, aber in diesem Moment einfach nur verstörenden Gekreische quittiert.

    Zwei Stunden lang haben meine Mitschauer sich gerade durch einen schlechten Film hindurchgelangweilt – und nun rasten sie ausgerechnet bei der Aussicht darauf aus, dass sie das im nächsten Jahr (ab 8. Februar 2018) noch einmal machen dürfen. Der Mensch, das irrationale Wesen.

     

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