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    Lustiger, vielseitiger, mit Sex: So wird "Star Wars" nach "Solo" besser

    Der Han-Solo-Film ist ok, hat in der FILMSTARTS-Redaktion aber eben auch niemanden wirklich begeistert. Doch vier unserer „Star Wars“-Fans wollen nicht nölen – sondern lieber beschreiben, was sie sich von zukünftigen Filmen wünschen.

    Lucasfilm Ltd.

    Von Dezember 2015 bis Mai 2018, also innerhalb von nur zweieinhalb Jahren, veröffentlichte Disney ganze vier „Star Wars“-Filme. Das ist ein schwindelerregend hoher Output, wenn man sich kurz daran erinnert, dass es 16 Jahre lang, von „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ (1983) bis „Die dunkle Bedrohung“ (1999), überhaupt nur drei Teile gab. Doch die „Star Wars“-Müdigkeit, die mit dem finanziell enttäuschenden „Solo“ ausgebrochen ist und sich auch bei uns in der Redaktion breit gemacht hat, geht weniger auf die hohe Schlagzahl zurück, mit der Disney neue Filme raushaut. Sie hat auch weniger mit der Qualität zu tun, denn bei allen Streitereien über Detailfragen halten wir für uns fest, dass „Star Wars 7“, „Star Wars 8“, „Rogue One“ und „Solo“ gute bis sehr gute Filme sind: unterhaltsam, bestens besetzt und handwerklich ausgezeichnet. Doch etwas stört…

    „Star Wars“ fühlt sich heute zu eng an, das zeigt „Solo: A Star Wars Story“ von allen Disney-Sternenkriegen am deutlichsten. Nach all den Jahren, in denen über George Lucas und seine Kontrollwut geschimpft wurde, seine Kindereien und Vorliebe für Digitaltechnik bei den Prequels, ist „Star Wars“ nun in den Händen der nächsten Filmemacher-Generation, bei der sich viele als Fans bezeichnen – aber niemand macht etwas anderes, als die alten Hits neu abzumischen? Dabei geht es uns weniger um die Handlung, denn in der „Star Wars“-Galaxis leben nun mal vor allem Menschen und menschenähnliche Wesen, da ist die Zahl der möglichen Konflikte und Probleme wie in allen anderen Geschichten halt limitiert: Jede Story wurde irgendwann schon mal erzählt. Uns geht es um den Tonfall und die Perspektiven: „Star Wars“ muss lustiger werden, vielseitiger, schwärzer – und alle müssen dringend mal vögeln.

    PS: Wir wissen, dass manche unserer Wünsche überhaupt nicht Disney-kompatibel sind, also weder familien- noch aktionärsfreundlich. Davon wollten wir uns aber nicht bremsen lassen.

    "Star Wars" als Komödie

    von Julius Vietzen

    Ein bisschen mehr „Guardians Of The Galaxy” hätte „Solo: A Star Wars Story“ gutgetan – das ist die Quintessenz eines Meinungsartikels, den ich kürzlich über das zweite „Star Wars“-Spin-off geschrieben habe. Doch im Fall von „Solo“ ist es natürlich längst zu spät und der Text reines Wunschdenken. Für die Zukunft sind in der weit, weit entfernten Galaxis aber noch alle Möglichkeiten offen – und darum wünsche ich mir an dieser Stelle einen „Star Wars“-Film, der so verrückt, lustig, albern und voller bunter Figuren ist, wie „Guardians Of The Galaxy“.

    Natürlich muss dieser Film den Abenteuern von Star-Lord & Co. nicht bis aufs Haar gleichen, das hätte nur im Fall von „Solo“ gepasst. Wünschenswert wäre es aber, dass die Macher einfach mal von der Formel abweichen und neue Wege gehen. Warum nicht eine konsequent klamaukige Geschichte im „Star Wars“-Universum erzählen? Der leicht alberne Humor gehört in der Sternenkriegssaga schon immer dazu, spielte sich aber zumeist am Rande ab (man denke etwa an die zahllosen, unfassbar einfallsreich gestalten Aliens, die die Cantinas und Bars der Galaxis bevölkern).

    Am besten dafür geeignet wäre wohl ein zukünftiger Spin-off-Film oder die Projekte von Rian Johnson und den „Game Of Thrones“-Machern David Benioff und D.B. Weiss. Denn über den Humor in „Star Wars: Die letzten Jedi“ herrscht bis heute keine Einigkeit in der FILMSTARTS-Redaktion, ich gehöre aber auf jeden Fall zu denen, die Rian Johnsons augenzwinkernde Gags und seinen Hang, dramatische Szenen und Figuren ironisch zu brechen, nicht mochten. Doch das liegt fraglos am Rahmen der Skywalker-Saga und den bereits etablierten Figuren in „Star Wars 8“. In einem frischen Setting mit neuen Figuren darf „Star Wars“ in Zukunft auch gerne mal als Komödie in die Kinos kommen, meinetwegen mit Ironie, gerne hemmungslos albern und klamaukig.

    "Star Wars" mit Aliens als Hauptfiguren

    von Tim Seiffert

    Ob Luke, Han und Leia in der Originaltrilogie, Obi-Wan, Qui-Gon, Anakin und Padme in den Prequels, Jyn und Cassian in „Rogue One“ oder Finn, Rey, Rose und Poe in „Das Erwachen der Macht“ und „Die letzten Jedi“, „Star Wars“-Hauptfiguren hatten bislang immer eines gemeinsam: Sie waren Menschen. Klar gibt es auch prominentere Alien-Charaktere, schließlich haben einige von ihnen, wie Yoda oder der berühmt-berüchtigte Jar Jar Binks, aus unterschiedlichen Gründen längst Legendenstatus, sind teilweise sogar Teil der Popkultur geworden. Doch auch wenn zumindest Hans haariger Wookie-Freund Chewbacca im jüngsten „Solo: A Star Wars Story“ endlich mal mehr Raum zur Entwicklung bekommt, durfte bisher kein Nicht-Mensch in eine zentrale Rolle. Das ist nicht nur schade, sondern auch ein Haufen verschenktes Potential.

    Denn wenn man schon eine ganze, weit entfernte Galaxis zur Verfügung hat, die mit unterschiedlichsten Planeten und Arten nur so vollgestopft ist, warum sollte man diese dann nicht nutzen? Die Menschen-Fixierung des derzeitigen „Star Wars“-Filmuniversums hält das Franchise auf bekannten, ja abgetretenen Wegen. Denn seien wir mal ehrlich: Die Menschen in „Star Wars“ zeichnen sich bislang nicht gerade durch ihre ausgefallene Kultur oder spannenden Eigenheiten aus. Was ist aber mit den Twi'leks, Rodianern, Quarren, den teuflisch aussehenden Devaronianern und all den anderen Spezies, die wir teilweise noch gar nicht kennen? Mit ziemlicher Sicherheit könnten deren andersartige Denkweisen, Moralkodexe und Prägungen mal etwas Abwechslung in die angestaubte Protagonisten-Riege bringen. Vor allem aber könnte es den Fans mal wieder das verschaffen, was in den letzten „Star Wars“-Teilen etwas abhandengekommen ist: Das Staunen und die Faszination für das Neue.

    "Star Wars" als Blaxploitation

    von Christian Fußy

    Der schwache Start von „Solo“ zeigt, dass mittlerweile sogar „Star Wars“-Fans die Schnauze voll haben von denselben, immer wieder aufgewärmten ollen Kamellen. Es wird also Zeit für radikal neue Geschichten – und die bekommt man am besten, wenn frische Stimmen und Perspektiven in den Kreis der Verantwortlichen aufgenommen werden und diese auch einfach mal machen dürfen. Ich habe keinen Bock darauf, dass beim Filmemachen irgendwelche Quoten beachtet werden müssen oder ein Regisseur zur Inklusion vermeintlich progressiver Charaktere gezwungen wird (was derzeit natürlich nicht der Fall ist). Aber ich finde es daneben, dass bei Disney hinter den Kulissen anscheinend immer nur weiße Filmemacher die Strippen ziehen, besonders weil sich Lucasfilm-Präsidentin Kathleen Kennedy und ihr Gefolge permanent Diversität und progressives Denken auf die Flagge schreiben.

    Schaut man sich die Liste der Regisseure an, die mit der „Star Wars“-Marke hantieren dürfen, spricht diese eine deutliche Sprache: J.J. Abrams, Rian Johnson, David Benioff und D.B. Weiss, James Mangold (der wohl derzeit am „Boba Fett“-Spin-off arbeitet), Phil Lord und Chris Miller, Ron Howard, Colin Trevorrow und Gareth Edwards. Farblich erstreckt sich das Spektrum der „Star Wars“-Macher also von weiß bis hellbeige. Und alle haben sie einen Schniedel.

    Verpflichtet Kathryn Bigelow, die würde vor allem auch endlich die Coolness zurück ins „Star Wars“-Universum bringen! Verpflichtet „Black Dynamite“ und Ur-„Spawn“ Michael Jai White, um einen „Star Wars“-Film zu machen – mit vorwiegend schwarzem Cast, Blaxploitation-Flair und 70er-Jahre-Ästhetik. Ehrlich, warum nicht? Ein schwarzer Typ mit Martial-Arts-Hintergrund und einem einzigartigen und kratzbürstigen Sinn für Humor, der ein schönes Gegengewicht zum weichgespülten Schmunzel-Charme des Disney-Konzerns bietet, wäre eine willkommene Abwechslung.

    Es muss außerdem endlich Schluss sein mit LippenbekenntnissenQueerbaiting und Pseudo-Progressivität. Wenn „Star Wars“ im aktuellen Jahr eine tolerante, inklusive Spielwiese für jedermann sein soll, dann zeigt uns das doch verdammt nochmal auch! Wenn Lando Calrissian (Donald Glover) von Drehbuchautor Jonathan Kasdan nachträglich zu einer pansexuellen Figur erklärt wird, im Film seine Sexualität aber kaum eine Rolle spielt, sondern lediglich sachte angedeutet wird, dann ist das nicht progressiv. Vielmehr entlarvt das Kasdans Kommentar als Marketing-Gewäsch, mit dem bei der LGBTQ-Community Sympathiepunkte gesammelt werden sollen, ohne einen echt fortschrittlichen Film zu machen.

    "Star Wars" mit Sex

    von Tobias Mayer

    „Solo“ ist innerhalb der Filmreihe das, was einem „Star Wars“-Porno am nächsten kommt: Es wird sich leidenschaftlich geküsst wie nie, es wird angebaggert und es wird angedeutet, dass auch Menschen und Droiden gemeinsam Sex haben können. Was woanders nicht der Rede wert wäre, geht im Vergleich mit den anderen „Star Wars“-Filmen als kleine sexuelle Revolution durch. Denn „Star Wars“ ist keuscher als ein Nonnen-Seminar auf Ahch-To: Schwanger wird man hier ausschließlich off-screen und es braucht dazu noch nicht mal zwingend einen Mann (siehe Anakins Mutter). Von mir aus müsste Sex keine große Rolle spielen, ich brauche keine Sexszenen um ihrer selbst willen, so wie es bei Serien in Mode gekommen ist. Aber die Konsequenz, mit der das Thema bis „Solo“ neun Filme lang ignoriert oder kleingehalten wurde, lässt „Star Wars“ einfach etwas steril wirken.

    Jetzt unter Disney, aber auch schon vorher unter Lucas sollte „Star Wars“ stets möglichst kinderfreundlich sein. Mal abgesehen davon, dass dieser Anspruch bisher eher widersprüchlich verwirklicht wurde (die Politik in den Prequels verstehen Kinder nicht und es geht immer um Krieg) – wieso muss „Star Wars“ eigentlich zwingend so dermaßen kindgerecht sein? Eine ökonomisch wichtige FSK-12er-Freigabe beziehungsweise das PG-13-Rating in den USA kann es auch dann noch geben, wenn ein bisschen gebumst wird. Joss Whedon machte in seiner „Firefly“-Serie vor, wie viel lebendiger ein Space-Western ist, in dem sich angefasst werden darf – und Autor Daniel José Older beweist in seinem Solo/Lando-Roman „Last Shot“, der kürzlich erschien und den ich gerade gelesen habe, das Gleiche.

    Alles zusammengefasst: Kathleen Kennedy, bitte gib uns eine „Star Wars“-Komödie, in der zwei Aliens, Lando (Donald Glover) und Val (Thandie Newton) sich nach einem kosmischen Saufgelage fragen müssen, warum sie gemeinsam in einem Bett liegen, wieso das Bett in Darth Vaders Burg steht und wer von ihnen eigentlich das Lichtschwert des Dunklen Lords kaputtgemacht hat.

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