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    Streit um lesbischen Sex in "Booksmart": Fluggesellschaft entschuldigt sich

    Olivia Wilde, Regisseurin von „Booksmart“, hat sich öffentlich darüber beschwert, dass die Airline Delta eine lesbische Sexszene aus ihrem Film entfernt hat. Mit Vorwürfen von Homophobie konfrontiert, gab die Fluggesellschaft schließlich nach.

    ANNAPURNA PICTURES, LLC

    Die von der Kritik gefeierte Teenie-Komödie „Booksmart“ ist in vielerlei Hinsicht kein gewöhnlicher Vertreter des Genres: Das hat vor allem damit zu tun, dass Schauspielerin Olivia Wilde in ihrem Regiedebüt eine betont weibliche Sicht auf das partywütige High-School-Treiben hat und zudem zwei Streberinnen als Hauptfiguren präsentiert, von denen eine auch noch offen lesbisch ist.

    In „Booksmart“ geht es um die besten Freundinnen Amy (Kaitlyn Dever) und Molly (Beanie Feldstein), die ihre ganze Highschool-Zeit nur fleißig gelernt haben, jetzt am letzten Abend dafür aber noch mal richtig die Sau rauslassen wollen. Dabei gibt es auch eine (Quasi-)Sexszene zwischen Amy und ihrer Party-Bekanntschaft Hope (Diana Silvers).

    Kein (lesbischer) Sex über den Wolken

    Für die US-amerikanischen Airline Delta war dieser angedeutete lesbische Sex aber womöglich zu heiß. Zumindest wurde die Szene im Bordprogramm aller Flüge der Gesellschaft aus dem Film herausgeschnitten. Dabei ist die Szene eigentlich komplett harmlos: Etwas Küssen und gegenseitiges Ausziehen, jedoch keine Nacktheit, das war’s – Bedeutung hat die Szene eben in erster Linie fürs Amys Charakterentwicklung.

    Deshalb störten sich auch einige Passagiere daran, dass Delta diese kurze Sequenz aus dem Film entfernte – ebenso wie die Wörter „Vagina“ und „Geschlechtsteile“, Hinweise auf lesbische Sexstellungen sowie Teile einer animierten Traumszene, in der Amy und Molly als nackte Barbie-Puppen zu sehen sind.

    Zugleich wurden Hinweise auf heterosexuellen Geschlechtsverkehr, Kussszenen zwischen Männern und Frauen sowie alle Schimpfwörter im Film belassen. Verständlich also, dass Zuschauer die einseitigen Schnitt-Entscheidungen deshalb als homophob empfanden.

    „Ich habe versucht, mir ‚Booksmart‘ im Flugzeug anzusehen und sie haben die gesamte Lesbenszene herausgeschnitten, als wäre nicht einmal ein Kuss erlaubt! Oh, aber keine Sorge Leute, die Heteros haben ihren Kuss bekommen.“

    Die Regisseurin schaltet sich ein

    Über Twitter erfuhr schließlich auch Olivia Wilde von den Schnitten und nutzte einen anstehenden Flug, um sich selbst ein eigenes Bild von der Bordprogramm-Fassung ihres eigenen Films zu machen. Schockiert über die Zensur, kritisierte sie die Entscheidung der Fluggesellschaft und verwies auf die klare Entfernung jeglicher Referenzen auf weibliche Sexualität und den Effekt, den solche Entscheidungen auf junge Frauen und ihre Eigenwahrnehmung haben könnten:

    „Welche Botschaft sendet das an die Zuschauer und insbesondere an die Frauen? Dass ihre Körper obszön sind? Dass ihre Sexualität beschämend ist?“

    Dabei fand Wilde die Vorgänge auch deshalb so befremdlich, weil der fertige Film ja bereits ungeschnitten (!) durch die Jugendkontrolle durchlaufen hatte:

    „Ich fordere jede Fluggesellschaft auf, insbesondere diejenigen, die auf Inklusivität stolz sind, die Zusammenarbeit mit dieser Drittfirma einzustellen, und auf die offizielle Kontrolle für die Eltern zu vertrauen, damit die Zuschauer abschalten können, wenn sie dies selbst wünschen.“

    Delta knickt ein, aber die Verantwortung liegt womöglich eh woanders

    Am vergangenen Freitag knickte Delta nach der heftigen Kritik schließlich ein und entschuldigte sich öffentlich für die Bearbeitung des Drittunternehmens, auf das die Fluggesellschaft alle Schuld schob. Es gebe innerhalb der Airline selbstverständlich keine Vorgabe, homosexuelle Inhalte zu zensieren und Inklusion und Diversität seien wichtige und geteilte gesellschaftliche Werte.

    Und tatsächlich: Wie es inzwischen scheint, wurde das Drittunternehmen gar nicht von der Fluggesellschaft, sondern vom „Booksmart“-Studio selbst damit beauftragt, eine Flugzeug-Version des Films zu erstellen. Delta hat also offenbar einfach nur die Fassung gezeigt, die bei ihnen angeliefert wurde.

    In Zukunft werde „Booksmart“ bei Delta jedenfalls wieder mit der lesbischen Sexszene gezeigt – ebenso wie „Rocketman“, aus dem das Drittunternhemen ebenfalls „unnötigerweise“ eine ähnliche Sequenz zwischen Joel Edgerton und Richard Madden entfernt hatte. Man habe nicht gewusst, worum es sich bei den geschnittenen Szenen gehandelt habe und werde sich bemühen, dass so etwas bei der Bordunterhaltung nicht noch einmal vorkomme.

    Welches Unternehmen genau der „Booksmart"-Verleiher Annapurna Pictures mit der Bearbeitung für Delta Airlines beauftragt hat, ist nicht bekannt.

    Wilde bedankte sich über Twitter umgehend bei der Airline für ihre Stellungnahme. Neben Delta hatten zuvor nur die Airlines Etihad Airways und Emirates Airlines, beide im Nahen Osten angesiedelt, geschnittene Versionen von „Booksmart“ gezeigt.

    Geschnittenen Filme auf Flügen

    Es war lange Zeit üblich für Fluggesellschaften, Filme auf ihren Flügen nach den eigenen Richtlinien und Wünschen in Bezug auf Sex, Gewalt und Sprache geschnitten zu zeigen, auch wenn dies außer bei Veröffentlichungen ohne Jugendfreigabe heutzutage seltener geworden ist.

    Airlines haben hierzu das Recht aufgrund einer speziellen Lizenzeinigung mit dem Filmstudio. Es ist dabei nicht ungewöhnlich, dass die Filmstudios externe Unternehmen beauftragen, um den Film für die jeweilige Gesellschaft zurechtzuschneiden.

    Die Kritik am Vorgang in Bezug auf „Booksmart" richtete sich dabei eindeutig gegen die ungewöhnlich einseitige Nutzung dieses Rechts in Bezug auf homosexuelle Inhalte und nicht auf die Praxis per se.

    „Booksmart“ läuft ab dem 14. November 2019 ungeschnitten in den deutschen Kinos.

    Die FSK-Altersfreigabe für "Booksmart": So versaut ist die Teenie-Komödie wirklich

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