Mein Konto
    "The Irishman": So leiden Filmfans unter dem Netflix-Kino-Streit

    Weil „The Irishman“ nur in wenigen Kinos und nur für sehr begrenzte Zeit läuft, versuchen in den USA bereits einige Leute mit der großen Nachfrage Geld zu verdienen. In Deutschland dürften wir es eher mit weiten Anreisen zum Kino zu tun bekommen.

    Netflix

    Netflix macht seine Filme in erster Linie für seine Streamingkunden und dürfte gar kein sonderlich großes Interesse haben, dass zu viele Leute „The Irishman“ in den Kinos genießen. Denn wer ein Kinoticket löst, holt sich vielleicht keinen Netflix-Account, um Martin Scorseses heiß erwarteten Film auf der Streamingplattform zu schauen.

    In den USA führt dies zu ein paar absurden Szenarien. Das renommierte Belasco Theatre am Broadway, wo sonst Superstars große Theaterklassiker auf der Bühne spielen, zeigt aktuell fast täglich statt Theaterkunst das Mafia-Drama von Martin Scorsese. 15 Dollar kosten die Tickets eigentlich, die Nachfrage ist groß. Bei den von uns getesteten Vorführungen der nächsten Tage sind nur noch einzelne Plätze frei.

    Und es wird versucht, damit Geld zu verdienen. Bei Stubhub, einer auch in Deutschland aktiven Online-Ticketbörse, werden die Karten für einen Preis zwischen 59 und 80 Dollar gehandelt, also für rund das Vierfache und noch mehr. Bei den allerersten Vorführungen dort sollen angeblich sogar knapp 100 Dollar für einzelne Tickets gezahlt worden sein.

    Mini-Start für "The Irishman"

    Aktuell läuft „The Irishman“ in den USA vor allem in New York und Los Angeles in den Kinos, weil dies nötig ist, um die Regularien für die Oscars zu erfüllen. Nach und nach sollen noch ein paar weitere Kinos im Rest des Landes dazukommen. Und auch in Europa gibt es nach und nach Vorführungen.

    Richtig groß will Netflix den Film aber nicht machen, wir haben eingangs ja darauf verwiesen, dass es dem Streamingdienst um Abos geht. Es lässt sich nicht einmal sicher sagen, wie erfolgreich „The Irishman“ zumindest in seinen wenigen Vorführungen läuft. Netflix veröffentlicht im Gegensatz zu den klassischen Studios keine Informationen über die US-Einspielergebnisse. Daher taucht „The Irishman“ in den nordamerikanischen Kinocharts einfach gar nicht auf – so als würde der Film überhaupt nicht laufen.

    Netflix verzichtet auf Geld

    Wie CNBC in einem Hintergrundartikel ausführt, dürfte Netflix in diesem Zusammenhang sogar auf reichlich Geld verzichten. Der Kinobesitzer und hinter der Seite BoxOfficeAnalyst steckende Experte Doug Stone geht davon aus, dass „The Irishman“ in den US-Kinos 100 Millionen Dollar einspielen könnte, wenn Netflix es denn mit mehr Vorführungen zulassen würden.

    John Fithian, Chef der Vereinigung der amerikanischen Kinobesitzer NATO, bezeichnet es gegenüber der New York Times sogar als „Schande“, dass „The Irishman“ nur in wenigen Kinos läuft. Er verweist darauf, dass Netflix und die Kinobetreiber sich nicht einigen konnten, den Film größer zu zeigen. Problem ist hierbei nicht nur das mangelnde Interesse von Netflix, sondern auch, dass die Kinobetreiber den Film gerne ein paar Wochen zeigen würden, bevor er dann gestreamt werden kann.

    Sehr wenige Kinos in Deutschland

    In Deutschland werden die Fans wahrscheinlich auch nur begrenzt in den Genuss kommen, „The Irishman“ in den Kinos zu erleben. Grund dafür ist auch hier, dass viele Kinos die Netflix-Filme grundsätzlich nicht zeigen wollen – aus Protest gegen das kurze Kinofenster. Schließlich steht der Film nicht einmal zwei Wochen nach den ersten Kinovorführungen schon bei Netflix bereit.

    Wir rechnen damit, dass es ab nächste Woche auch in Deutschland viele volle Säle geben wird, wenn ab dem 14. November 2019 die einzelnen Vorführungen stattfinden. Das größte Problem für die meisten deutschen Kinofans dürfte aber gar nicht sein, ein Ticket zu bekommen. Da „The Irishman“ nur in wenigen Kinos laufen wird, dürfte es vielen Kinofans außerhalb der Großstädte schwerfallen, überhaupt ein Kino in ihrer Nähe zu finden. Und dann müssen sie auf das Kinoerlebnis verzichten oder zusätzliches Geld blechen, um in die nächste Stadt zu fahren.

    Das zweischneidige Schwert mit Netflix

    So ist die Kooperation von Martin Scorsese mit Netflix ein zweischneidiges Schwert. Ohne den Streamingdienst hätte es den Film wahrscheinlich nie gegeben (denn fast zehn Jahre lang wollte ihn niemand in Hollywood finanzieren). Aber wegen dem Streamingdienst ist es unglaublich schwer (oder teilweise teuer), den Film dort zu sehen, wo er hingehört und seine beste Wirkung entfaltet: im Kino!

    Am Ende überwiegt dann bei uns die Freude, dass es „The Irishman“ überhaupt gibt. Schließlich ist Martin Scorseses Mafia-Abgesang nicht nur wegen seines herausragenden Hauptdarstellertrios saustark.

    The Irishman

    Allerdings bleibt auch festzuhalten, dass viele Kinoliebhaber die Leidtragenden des erläuterten Streits sind: weil sie wegen der knappen Nachfrage überhöhte Preise zahlen müssen; weil sie den Film gar nicht im Kino sehen können; oder weil sie dafür noch mal zusätzliches Geld in die Hand nehmen müssen.

    facebook Tweet
    Ähnliche Nachrichten
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top