Mein Konto
    "Ich war nur Cheerleader": "Star Wars"-Macher J.J. Abrams über seine neue Stephen-King-Serie "Lisey's Story"

    Mit dem Mystery-Thriller-Drama „Lisey’s Story“ hat „Star Wars“- und „Star Trek“-Macher J.J. Abrams bereits seine dritte Stephen-King-Serie produziert. Warum diese so besonders ist, erklärt er uns zum deutschen Streaming-Start im Interview.

    Apple

    J.J. Abrams hat sich dank seiner „Star Trek“- und „Star Wars“-Filme in den vergangenen Jahren vor allem einen Namen als Blockbuster-Regisseur gemacht. Aber gerade als vielbeschäftigter Produzent bleibt er auch dem Serien-Bereich treu, dem er dank Kult-Formaten wie „Felicity“ „Lost“ und „Alias“ seinen Durchbruch zu verdanken hat.

    Mit „Lisey’s Story“ hat er nach „11.22.63“ und „Castle Rock“ nun schon die dritte Serie auf der Grundlage des Schaffens von Erfolgs-Autor Stephen King produziert – und die ist gleich auf mehrere Arten besonders. Nicht nur handelt es sich bei „Love“ (so der „deutsche“ Titel der Romanvorlage) um das Buch, das King von seinen eigenen am liebsten hat, auch hat der Meister selbst bei der Serie Hand angelegt und die Drehbücher zu allen Folgen geschrieben.

    » Der Roman "Love" bei Amazon*

    Im FILMSTARTS-Interview zum Streaming-Start von „Lisey’s Story“ am heutigen 4. Juni 2021 auf Apple TV+ erklärt uns Abrams die Besonderheit der abgründigen Geschichte um die titelgebende Witwe (Julianne Moore) des gefeierten Schriftstellers Scott Landon (Clive Owen) und ihren Kampf gegen besessene Stalker und um den Nachlass ihres Mannes. Dabei sprechen wir auch über die Faszination King und über Vorteile der Arbeit unter Corona.

    Und natürlich können wir es nicht unversucht lassen, Abrams etwas zu den vielen hochspannenden Projekten zu entlocken, an denen er zurzeit arbeitet (u.a. neue „Superman“-, „Star Trek“- und „Cloverfield“-Filme, weitere DC-Adaptionen und die nächste Stephen-King-Serie). Bei einem Profi-Geheimniskrämer wie Abrams aber natürlich ein völlig aussichtsloses Unterfangen...

    Ein düsteres Märchen für Erwachsene

    FILMSTARTS: Wie geht man an Projekte wie „Star Wars“ oder Stephen-King-Adaptionen ran, um es den riesigen, unterschiedlichen Fan-Lagern recht zu machen, bei denen der Ton gerne mal rauer ist?

    J.J. Abrams: Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Es gibt so viele verschiedene Fraktionen innerhalb jeder Gruppe. Selbst unter Fans herrscht keine Einigkeit. Stephen [King] hat genau darüber geschrieben, als er die Vorlage zu dieser Serie verfasst und sie dann adaptiert hat. Und er hat auch deswegen jede Folge der Serie selbst geschrieben, weil ihm das Thema so wichtig ist, ganz besonders die Frage nach den Konsequenzen eines erfolgreichen Autoren-Daseins. Die Figur [des gewaltbereiten Scott-Landon-Fans] Jim Dooley ist ein Beispiel für solche düsteren Nebenerscheinungen, die es tatsächlich in der Welt gibt.

    FILMSTARTS: „Lisey’s Story“ vereint viele verschiedene Aspekte – vom Familien-Drama über Romanze und Thriller bis hin zu Fantasy und Horror – und ist auch deshalb so schwer zu beschreiben. Was ist für dich persönlich die Essenz der Geschichte?

    J.J. Abrams: Es ist ein sehr düsteres, unheimliches und abgründiges Märchen für Erwachsene. Märchen erzählen mithilfe von Metaphern und übernatürlichen Elementen von Dingen, die real und wichtig sind. Das machen wir hier auch. Es ist eine Geschichte über die Ehe, Besessenheit, Liebe, Verlust und Leid, die durch eine sehr King-typische Linse betrachtet werden. Es ist eine Mischung aus den von dir genannten Genres – und Mystery obendrauf. Es steckt so viel drin und das war genau das, was mich angesprochen hat. Es ist ein Cocktail, den nur Stephen King so mixen kann.

    FILMSTARTS: Von wem ging denn der Impuls für die Serie aus? Du bist ja ganz offensichtlich ein großer King-Fan. Und Stephen King selbst scheint sehr an „Lisey’s Story“ zu hängen. Wie ist das alles zusammengekommen?

    J.J. Abrams: Ich habe ihn das erste Mal zu „Lost“-Zeiten getroffen und bin seitdem mit ihm in Kontakt geblieben. Wir haben ja bereits „11.22.63“ und „Castle Rock“ zusammen gemacht. Und eines Tages hat er mich gefragt, ob ich auch „Lisey’s Story“ in Angriff nehmen will. Weil ich wusste, dass es unter all seinen eigenen Arbeiten sein Lieblingsbuch ist, war ich sehr nervös, da ich unbedingt sichergehen wollte, dass wir es richtig machen. Als er meinte, er möchte die komplette Serie schreiben, wusste ich aber, dass wir in guten Händen sind. Und dann waren wir auch noch so glücklich, Pablo Larraín an Bord zu bekommen, der nicht nur ein brillanter Regisseur ist, sondern auch jemand, mit dem wir schon lange zusammenarbeiten wollten.

    Die Faszination King

    FILMSTARTS: Gab es auch mal die Überlegung, aus „Lisey‘s Story“ einen Film zu machen oder musste es einfach eine Serie werden?

    J.J. Abrams: Es war Stephen selbst, der vorschlug, daraus eine Miniserie zu machen, weil es für ihn einfach eine zu große Geschichte war, um sie in zwei Stunden zu erzählen. Wenn etwas nicht in diese zweistündige Box passt, aber auch nicht aus mehreren 23-stündigen Boxen bestehen muss, ist das einfach das perfekte Format.

    FILMSTARTS: Hat es die Arbeit denn ausschließlich leichter gemacht, dass Stephen King selbst so ein integraler Bestandteil der Adaption war. Oder wurde manches dadurch auch erschwert?

    J.J. Abrams: Weil es Stephen ist und auf seinem Buch basiert, zudem auf so einem persönlichen, war er natürlich auch immer unsere Richtlinie. Aber Pablo dabei zu haben, war genauso wichtig, da er ein so bedachter Regisseur ist. Er ist kein bloßer Handwerker, der reingeht und sagt: „Ich filme einfach das, was ihr mir gebt“. Er ist jemand, der den Stoff wirklich verinnerlicht.

    Er hat Dinge, die er nicht nachvollziehen konnte, die sich nicht so gut von einem Medium ins andere übertragen ließen oder die er für unnötig hielt, weil er sie zeigen konnte, ohne dass eine Figur etwas laut aussprechen muss, also immer wieder hinterfragt. Er hatte keine Angst, obwohl es Stephen King war. Und Stephen hat dann entweder zugestimmt oder bei Momenten, die er besonders wichtig fand, gegengehalten, sodass sie einen kreativen Kompromiss gefunden haben. Das war das Schöne an ihrer Zusammenarbeit.

    Apple

    FILMSTARTS: Was ist in deinen Augen der große Reiz an Stephen Kings Geschichten, die auch nach Jahrzehnten immer noch so viele Leute begeistern?

    J.J. Abrams: Er besitzt einen auf magische Weise bodenlosen Brunnen voller Inspiration und Neugier. Gepaart mit einem fast schon übernatürlichen Maß an Mitgefühl und Empathie für Menschen. Das macht es ihm möglich, so gut über Leute zu schreiben, mit denen wir mitfiebern und die sich so echt und bodenständig anfühlen. Und er ist eine echte Person, die mitten in seiner Gemeinschaft in Maine und nicht in einer Blase aus verrücktem Bullshit lebt. Das macht seine Arbeit so lebendig.

    FILMSTARTS: Hast du denn eigentlich ein Lieblingsbuch von Stephen King?

    J.J. Abrams: Mein Lieblingsbuch ist eins seiner frühen, nämlich „Dead Zone“. Das liebe ich einfach so sehr. Aber es gibt so viele, die verdammt gut sind, auch einige, die ich noch lesen muss. Er hat mir sogar Kurzgeschichten geschickt, die nicht veröffentlicht wurden und die unglaublich sind. Er ist in Sachen Vorstellungskraft und Output schier grenzenlos. Ich kann wirklich nicht fassen, wie produktiv er ist.

    FILMSTARTS: Es ist fast schon unheimlich. Da kann man nur hoffen, dass er nicht in solche unheimlichen Parallelwelten abtaucht wie die in „Lisey’s Story“, um seine Inspiration zu bekommen.

    J.J. Abrams: Ich weiß nicht, wohin er geht, aber es scheint für ihn zu funktionieren.

    Serien-Regiecomeback in Sicht

    FILMSTARTS: Obwohl du das Regieführen so sehr magst, hast du in den letzten Jahren auch viel Energie in das ausschließliche Produzieren gesteckt. Was hat es für Vorteile, „nur“ der Produzent zu sein? Und gab es anfangs Pläne, dass du selbst die Inszenierung übernehmen könntest?

    J.J. Abrams: Das Timing hätte nicht hingehauen. Ich wusste, dass wir jemanden brauchen, der alle Folgen inszeniert. Schon nach unseren ersten Gesprächen mit Stephen haben wir bei Pablo angefragt, ob er Interesse hätte – was zum Glück der Fall war. Er ist so ein poetischer Filmemacher, sodass es einfach wunderbar war, diese beiden Männer, die sich vorher noch nie getroffen hatten, zusammenzupacken und ihren Rhythmus finden zu lassen. Bei dem tollen Team vor und hinter der Kamera war mein Job als Produzent in erster Linie Cheerleader.

    FILMSTARTS: Hast du denn trotzdem vor, eines Tages auch mal wieder bei einer Serie auf dem Regiestuhl zu sitzen?

    J.J. Abrams: Ja, es gibt einige Projekte, an denen wir gerade arbeiten, bei denen ich nicht nur als Produzent, sondern auch als Autor und Regisseur beteiligt sein werde. Ich liebe Filme und es hat etwas ganz Besonderes im Kino zu sitzen, allein die Dimensionen. Aber es gibt wie gesagt einige Geschichten, die einfach wie geschaffen für ein längeres Format sind. Die Entscheidung, einen Serienpiloten, mehrere Episoden oder einen Film zu drehen, ist daher keine einfache. Es sind beides wundervolle Wege, Geschichten zu erzählen.

    Lucasfilm Ltd.

    FILMSTARTS: Du hast in der Tat viele spannende Sachen in der Pipeline. Und auch wenn du bekannt für deine Geheimniskrämerei bist, will ich zumindest versuchen, irgendwas aus dir rauszubekommen. Weil es gerade zum Thema passt: Wie steht es denn um die „Shining“-Serie „Overlook“?

    J.J. Abrams: Wir arbeiten gerade daran und es ist unfassbar aufregend. Es ist aber leider zu früh, um wirklich über „Overlook“ oder auch „Superman“ und „Star Trek“ oder sonst etwas zu reden – falls du dazu zufällig noch etwas fragen wolltest...

    FILMSTARTS: Das würde mir im Traum nicht einfallen...

    J.J. Abrams: Das sind alles Dinge, die sich noch in einem solch frühen Entwicklungsstadium befinden, dass es falsch wäre, irgendetwas zu verraten. Eines kann ich aber sagen: So schmerzhaft, surreal und schwer das vergangene Jahr auch gewesen ist, in dieser Zeit sind die Projekte selbst und ihre Geschichten der Fokus gewesen – und nicht etwa ein wildes Abhetzen, um einen Release-Termin einzuhalten.

    Wir haben zig Stunden auf Zoom verbracht und waren so in der Lage, mit Leuten zusammenzuarbeiten, um die Geschichten in die richtigen Bahnen zu lenken. So sind wir schließlich an einem Punkt angekommen, an dem Projekte tatsächlich Zeit bekommen haben, um sich zu entwickeln, zu wachsen und noch besser zu werden. Daher kann ich es bei einigen kaum abwarten, dass sie das Licht der Welt erblicken.

    J.J. Abrams macht neue "Batman"-Serie – als Fortsetzung zu "The Batman" mit Robert Pattinson?

    *Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.

    facebook Tweet
    Ähnliche Nachrichten
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top