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    Die Schlümpfe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Schlümpfe
    Von Andreas Staben

    Die Schlümpfe sind ein Phänomen. Seit der Belgier Peyo 1958 das erste Comic-Abenteuer mit ihnen verfasste, haben die kleinen blauen Wichte mit den weißen Mützen einen Siegeszug rund um den Erdball angetreten. Nach den Heftchen folgten bald die in den Kinderzimmern allgegenwärtigen Spielzeugfiguren, ehe 1976 der Kinozeichentrickfilm „Die Schlümpfe und die Zauberflöte" erschien. Zwei Jahre später war Vader Abrahams „Lied der Schlümpfe" dann besonders in Deutschland ein Riesenhit, und in den 80ern nahm sich die berühmte amerikanische Cartoon-Schmiede Hanna-Barbera, aus der schon „Familie Feuerstein" und „Tom & Jerry" stammten, der Schlümpfe an. Es ist diese Fernseh-Variante, die nun als lose Grundlage für Raja Gosnells 3D-Komödie „Die Schlümpfe" dient. Mit einer ausgeklügelten Kombination aus Realfilm und computeranimierten Elementen sollen die altgedienten kleinen Helden ähnlich wie schon bei „Alvin und die Chipmunks" einer neuen Generation nahegebracht werden. Der betuliche Charme der früheren Geschichten geht in dem Feuerwerk aus rasanter Action und halbgaren Gags allerdings verloren - und die wenigen ruhigeren Töne klingen wie eine Pflichtübung.

    Es herrscht rege Betriebsamkeit im Schlumpfendorf: Alle ziemlich genau 100 Einwohner proben den Chor für das anstehende Fest des Blauen Mondes, nur der Tollpatsch Clumsy (Stimme: Anton Yelchin) muss draußen bleiben. Aber der Unglücksrabe zieht das Unheil nun einmal magisch an, und so führt er den bösen Zauberer Gargamel (Hank Azaria), den Erzfeind der Schlümpfe, unfreiwillig auf ihre Spur. Plötzlich werden sechs der blauen Wichte durch eine Art Wurmloch mitten in den New Yorker Central Park katapultiert – und auch dorthin verfolgt sie Gargamel. Papa Schlumpf (Jonathan Winters), Schlumpfine (Katy Perry), Schlaubi (Fred Armisen), Muffi (George Lopez), Clumsy und McTapfer (Alan Cumming) finden in der großstädtischen Menschenwelt Unterschlupf bei Patrick Winslow (Neil Patrick Harris) und seiner Frau Grace (Jayma Mays), müssen aber fortan immer auf der Hut sein. Und sie haben nur wenig Zeit, den richtigen Zauber für ihre Rückkehr nach Hause zu finden...

    Es herrscht Uneinigkeit unter den Schlumpfologen, wie viele von den blauen Kerlchen es genau gibt. Es steht nicht einmal fest, ob Schlumpfine das einzige weibliche Exemplar ist. Klar ist, dass der Name eines Schlumpfes auch dessen herausragende Eigenschaft bezeichnet, und so kann etwa Schlaubi im richtigen Moment wichtige Dienste für die Gruppe leisten, dem ungeschickten Clumsy gehen dagegen alle aus dem Weg und es ist ein netter Einfall, ausgerechnet ihn am Ende zum Helden werden zu lassen. Zu den bekannten Figuren wie dem weisen Anführer Papa Schlumpf mit der roten Mütze und dem Bart oder dem ständig schlecht gelaunten Muffi kommen hier nun einige bisher unbekannte Schlümpfe, von denen McTapfer die prominenteste Rolle spielt. Der todesmutige Wicht trägt einen Kilt und ist der Action-Star seines Volkes. Damit passt er perfekt in Gosnells Film, denn es wird unentwegt gerannt, gesprungen und gekämpft. Diese Sequenzen sind technisch beeindruckend gelungen und mit einigen netten Einfällen versehen, etwa wenn die Schlümpfe aus dem Fenster springen und ihre Mützen dabei als Fallschirme benutzen.

    Die offensichtlichen Stärken des Films liegen auf der technischen Seite. Das 3D-Verfahren ist relativ unaufdringlich, aber dennoch wirkungsvoll eingesetzt, während die Interaktion der Schauspieler mit den animierten Schlümpfen einen staunenswerten Grad der Perfektion erreicht hat. Für Schlumpf-Nostalgiker mag es gewöhnungsbedürftig sein, ihre Lieblinge mit bis in die Haarspitzen und in das Mienenspiel hinein individuellen Zügen zu erleben, für alle anderen ist es ein pures Vergnügen. Die größte Nähe zum bekannten Zeichentrickdesign weist paradoxerweise Gargamel auf, der hier gar nicht animiert wurde. Für diesen Effekt musste Darsteller Hank Azaria („Die Simpsons") jeden Tag mehrere Stunden in der Maske verbringen – mit dem Ergebnis, dass er zu einem der uncharismatischsten, unangenehmsten und unverständlichsten Bösewichte wird, die aus einem Kinderfilm bekannt sind.

    Für alle alteingesessenen Fans der Schlümpfe kommt der eigentliche Höhepunkt gleich am Anfang. Das liebevoll animierte Schlumpfhausen im Zauberwald mit den pilzförmigen Behausungen, den kleinen Wegen und Brücken ist ein Augenschmaus, aber leider nur wenige Minuten zu sehen. Im schlumpfigen Gewusel des Dorfes mitten im Zauberwald bekommen viele der beliebten Figuren ihren kleinen Auftritt und wir werden nebenbei Zeuge, wie der Pizza-Schlumpf die Tiefkühlpizza „erfindet". Obwohl dieser absurde Gag durchaus amüsant ist, gibt er doch den insgesamt weniger gelungenen Weg vor, den Gosnell und seine Autoren einschlagen. Mit dem Wechsel nach New York wird nämlich allzu systematisch der Kontrast zwischen der märchenhaft-mittelalterlichen Welt des Zauberwaldes und der Megacity des Jahres 2011 ausgeschlachtet. Dabei wird „Die Schlümpfe" zu einem regelrechten Potpourri popkultureller Verweise und oft gezwungen wirkender Bezüge zu allerlei Dingen, die gerade „in" sind - von einer „Avatar"-Anspielung ganz zu Beginn bis zu einem voller Inbrunst vorgetragenen „Goooogle" der blauen Großstadtneulinge, die von Patrick in die wundersame Welt der Internetsuchmaschine eingeführt werden.

    Abgesehen davon, dass Schlumpfines schmachtende Entdeckung von Garderoben, die aus mehr als einem Kleid bestehen, genauso wie die ausgedehnte Action-Sause in einem Spielzeugladen, über der gleich das Motto „Kauft Schlümpfe!" stehen könnte, wenig elegant Merchandising-Absichten offenbart, die mit der Erzählung kaum etwas zu tun haben, geht das mit Wohlwollen anzunehmende ironische Augenzwinkern über die Köpfe der jüngeren Zuschauer auf jeden Fall hinweg. Diese wiederum dürften noch am ehesten die Toilettenwitze goutieren, die bei den Älteren für Nasenrümpfen sorgen. Letztlich ist „Die Schlümpfe" wieder einmal ein Beispiel dafür, wie bei dem Versuch, irgendwie alle Altersgruppen anzusprechen, die klare Linie verlorengeht.

    In der Zeichentrickserie werden die einzelnen Schlumpf-Abenteuer in zehn bis 20 Minuten erzählt, auch im Spielfilm hat die Handlung nun kaum mehr Substanz als eine dieser Episoden. In diesem Sinne kann von abendfüllend kaum die Rede sein. Besonders der Plot um die Winslows und ihre drohende Ehekrise ist zugleich oberflächlich und in die Länge gezogen. Dabei ist den Darstellern kein Vorwurf zu machen: „How I Met Your Mother"-Star Neil Patrick Harris spielt seinen Part des unter Druck stehenden Werbedesigners und werdenden Vaters mit gutmütigem Unernst, während Jayma Mays („Glee") als Grace sich geradezu rührend bemüht, ein wenig echte Wärme in die konstruierte Familiengeschichte hineinzubringen. Wie er bereits bei Werken wie „Scooby Doo" oder „Beverly Hills Chihuahua" ahnen ließ, zeigt Regisseur Gosnell auch hier, dass er sich eher auf die spektakulären Aspekte des Filmemachens als auf die erzählerischen Nuancen und leisen Töne versteht.

    Fazit: Am meisten Spaß bereitet „Die Schlümpfe", wenn ordentlich „geschlumpft" wird. Die Angewohnheit der drei Äpfel hohen Racker, alles nach Lust und Laune mit einer Abwandlung des Wortes „Schlumpf" zu bezeichnen, ist auch für ältere Zuschauer amüsant und wird hier einige Male effektvoll eingesetzt, pardon: eingeschlumpft. Auch das aus der Serie bekannte Schlumpfenlied wird bei jeder Gelegenheit angestimmt – mit dem herzlichen Lalala kommt zuweilen jene echt schlumpfige Stimmung auf, die dem Film, dessen erzählerisches Niveau nicht seiner technischen Qualität entspricht, leider allzu oft schlumpfen geht.

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