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    Und wenn wir alle zusammenziehen?
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Und wenn wir alle zusammenziehen?
    Von Lars-Christian Daniels

    Daniel Brühl spricht nicht nur fließend Deutsch, sondern auch ausgezeichnet Spanisch – wie der in Barcelona geborene Schauspieler in Manuel Huergas biografischem Drama „Salvador" bereits eindrucksvoll unter Beweis stellte. Dass auch unfallfreies Französisch für den mittlerweile international gefragten Darsteller kein Hindernis darstellt, lässt sich nun in Stéphane Robelins Wohlfühl-Komödie „Und wenn wir alle zusammenziehen?" begutachten: Der „Good Bye, Lenin!"-Star spielt im Film zwar einen deutschen Studenten, plaudert aber in flüssigem Französisch mit Hollywood-Legende Jane Fonda und vielen französischen Leinwandgrößen. Dass Robelins heiterer Film über eine eigenwillige Rentner-WG nicht nur prominent besetzt, sondern darüber hinaus auch sehr unterhaltsam ist, liegt neben der amüsanten Grundidee vor allem an seiner präzisen Inszenierung und jeder Menge unverbrauchten Pointen.

    Fünf langjährige Freunde – der Lebemann Albert (Pierre Richard), seine feministische Partnerin Jeanne (Jane Fonda), der Playboy Claude (Claude Rich) sowie das ungleiche Paar Annie (Geraldine Chaplin) und Jean (Guy Bedos) – beschließen, trotz oder gerade wegen ihres fortgeschrittenen Alters eine Wohngemeinschaft zu gründen. Die gesundheitlichen Probleme und alltäglichen Hindernisse, mit denen Mittsiebziger zu kämpfen haben, tun der Aufbruchsstimmung keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil: Ist es nicht gerade im Rentenalter viel schöner, sich gegenseitig unter die Arme zu greifen und die letzten Lebensjahre gemeinsam zu verbringen? Soziologiestudent Dirk (Daniel Brühl), den Albert eigentlich zum Ausführen seines Hundes engagiert hat, findet Interesse an dem ungewöhnlichen WG-Projekt und dokumentiert das Zusammenleben der kauzigen Truppe für seine Doktorarbeit...

    Darf man über alte Menschen lachen? Regisseur und Drehbuchautor Stéphane Robelin beantwortet diese Frage ganz unmissverständlich: Man darf! Erst recht, wenn die Tücken des Älterwerdens so charmant und augenzwinkernd geschildert werden wie in „Und wenn wir alle zusammenziehen?". Der französische Filmemacher entscheidet sich für einen deutlich weniger spektakuläreren Ansatz als etwa sein schwäbischer Kollege Robert Schwentke, der in der Action-Komödie „R. E. D." im vergangenen Jahr Bruce Willis, Morgan Freeman & Co. als in die Jahre gekommenes Agenten-Team vor den Häschern der US-Regierung flüchten ließ. Robelins Geschichte erzählt nun von französischen Normalrentnern, die in ihrem Leben vermutlich noch nie mit einer Waffe hantiert haben. Müssen sie auch gar nicht: „Und wenn wir alle zusammenziehen?" macht auch ohne Explosionen und überdrehte Over-the-top-Action Spaß. Das liegt nicht zuletzt an seinem blendend aufgelegten Darsteller-Ensemble, das mit der zweifachen Oscar-Gewinnerin Jane Fonda („Klute", „Sie kehren heim") und Charlie Chaplins Tochter Geraldine Chaplin („Doktor Schiwago", „Chaplin") zwei waschechte Superstars in seinen Reihen weiß.

    Den beiden Hollywoodgrößen ist der Spaß an den Dreharbeiten ebenso anzumerken wie ihren männlichen Kollegen, von denen sich vor allem Pierre Richard in den Vordergrund spielt. Sein Albert stiehlt mit seiner Senilität eine ganze Reihe an Szenen und verbucht mit Abstand die meisten Lacher. Dass der schrullige Bonvivant trotz seiner geistigen Aussetzer nie der Lächerlichkeit preisgegeben wird, ist nur eine der Stärken des Drehbuchs, das die zahlreichen heiteren Momente gekonnt mit den ernsten Untertönen der Geschichte in Einklang bringt. Für die nachdenklichen Passagen zeichnet meist Fondas schwerkranke Jeanne verantwortlich, weil sie zwar intime Gespräche mit Student Dirk führt, aber bis zuletzt die geheimnisvollste der Figuren bleibt. Den Dialogsequenzen im nahegelegenen Wäldchen ist es auch zu verdanken, dass Dirk, der anfangs unter den Rentnern eher wie ein Fremdkörper wirkt, zunehmend zur Schlüsselfigur des Films reift.

    Dass „Und wenn wir alle zusammenziehen?" so gut unterhält, liegt auch daran, dass Robelin seine sympathische Rentner-Truppe ausführlich in die Geschichte einführt. Der Umzug in die ungewöhnliche Wohngemeinschaft erfolgt erst nach einer guten Dreiviertelstunde, so dass reichlich Zeit bleibt, die kauzigen Figuren mit all ihren Macken und Vorlieben ins Herz zu schließen. Dafür dauert es allerdings auch eine knappe Stunde, ehe der Film so richtig in Fahrt kommt. Wer glaubt, Albert & Co. würden dabei nach allen Regeln der Kunst über die Stränge schlagen, wilde Hauspartys veranstalten oder sich allzu jugendlich verhalten, dürfte aber eine Enttäuschung erleben: Gerade im Vergleich zu Gross-Out-Komödien wie „Hangover" fallen die Eskapaden der Rentner doch ziemlich harmlos aus. Selten gehen die Gags über verstohlene Viagra-Nachfragen oder heimliche Nacktfotos hinaus. Das macht die Geschichte zwar weniger spektakulär, dafür bleibt der Film aber jederzeit angenehm bodenständig.

    Fazit: In „Und wenn wir alle zusammenziehen?" darf fleißig über, vor allem aber mit den sympathischen Protagonisten gelacht werden. Unbeschwert und über weite Strecken kitschfrei inszeniert, überzeugt Stéphane Robelins Film als heiteres Feel-Good-Movie mit ernsten Zwischentönen.

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