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    Iron Sky - Wir kommen in Frieden
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Iron Sky - Wir kommen in Frieden
    Von Björn Becher

    Über mehr als vier Jahre konnten Filmfans die Entwicklung der Sci-Fi-Komödie „Iron Sky - Wir kommen in Frieden" hautnah im Internet mitverfolgen und sogar aktiv an ihr teilnehmen. Sie bekamen schon vor Drehbeginn erste Teaser zu sehen und wurden ständig über den Stand der Dinge auf dem Laufenden gehalten, sie konnten Ideen zum Skript beisteuern und Designvorschläge machen. Die Einbeziehung der Filminteressierten erfolgte bei diesem Projekt so früh und so intensiv wie selten zuvor, ein Teil des Budgets wurde schließlich sogar mittels des sogenannten Crowdfunding, also durch Spenden von Kinofans, aufgetrieben. Auf einen Film, in den man so involviert ist, wächst natürlich die Vorfreude immens. Zudem ist die Prämisse „die Nazis haben sich auf dem Mond versteckt" eine herausragende Idee und ein Trailer machte mehr Spaß als der andere. Umso ernüchternder ist nun das fertige Produkt: Die gute Ausgangsidee wurde in den Promo-Videos bereits komplett ausgereizt und erweist sich als nicht tragfähig genug für einen ganzen Spielfilm. Der Versuch mit zynischen politischen Spitzen eine weitere Humor-Ebene zu schaffen geht nur gelegentlich auf. Und selbst das Crowdfunding erweist sich schlussendlich als Problem für den zweiten Langfilm des Finnen Timo Vuorensola („Star Wreck").

    Im Jahr 2018 kämpft die US-Präsidentin (Stephanie Paul) um ihre Wiederwahl. Da seit über 40 Jahren kein Mensch mehr den Mond betreten hat, soll eine neue Mission ins All für Wählerzuspruch sorgen. Statt von einem Astronauten wird das Unternehmen allerdings von Posterboy James Washington (Christopher Kirby) angeführt, der Afroamerikaner soll die Weltoffenheit der Präsidentin illustrieren. Doch Washington entdeckt Unglaubliches: Nazis! Die sind zum Ende des Zweiten Weltkrieges auf die dunkle Seite des Mondes geflohen, wo sie inzwischen eine mächtige Basis aufgebaut haben und sich auf die Rückeroberung der Erde vorbereiten. Die fortgeschrittene Technologie von Washingtons Smartphone könnte nun die entscheidende Antriebsquelle für die Nazi-Geheimwaffe „Götterdämmerung" sein, doch der Akku geht zur Neige und die bösen Deutschen brauchen Handy-Nachschub. Ober-Nazi Klaus Adler (Götz Otto), der designierte neue Führer, meldet sich freiwillig für eine Erdmission, zu der ihn der durch ein Arier-Serum „erweißte" Washington begleiten soll. Heimlich schmuggelt sich auch Adlers Verlobte, die Lehrerin und Erdexpertin Renate Richter (Julia Dietze), an Bord des Raumschiffs. Doch auf der Erde angekommen, muss sie schnell erkennen, dass alles, was sie bislang glaubte, eine Lüge ist, und versucht nun gemeinsam mit Washington die kommende Angriffswelle der Nazis stoppen...

    Ja, die Idee, dass Nazis sich auf dem Mond versteckt halten, dort neue Generationen immer weiter mit ihrer Ideologie infizieren, um dann eines Tages zurück auf die Erde zu kommen ist großartig. Doch beim Anschauen von „Iron Sky" wird schnell klar, dass diese Idee, so wie sie hier umgesetzt wird, kein ausreichendes Fundament für einen ganzen Kinofilm ist. Wenn der verrückte Nazi-Professor (Tilo Prückner) zu Beginn nicht glauben kann, dass es Computer gibt, die nicht nur kleiner sind als ein Wandschrank, sondern sogar in die Hosentasche passen, regt das durchaus zum Schmunzeln an. Aber diese bereits in unzähligen Zeitreisefilmen erprobte Konfrontation zwischen den Errungenschaften der Zukunft mit dem Wissensstand der Vergangenheit, wird hier insgesamt nur wenig einfallsreich durchgespielt. Da hilft auch die zügige Verlagerung der Handlung auf die Erde wenig, wo sich zwei überzeugte Arier inmitten einer ihnen fremden Welt zurechtfinden müssen. Das Ungeheuerlichste für die Nazis bleibt auch dann immer noch Washingtons schwarze Hautfarbe – da wird viel Potential verschenkt. Und wenn dann zwischen den einzelnen Gags immer wieder längere Leerlaufphasen liegen und nur ein Teil von ihnen überhaupt funktioniert, dann ist „Iron Sky" meilenweit von dem von vielen erhofften Vergnügen entfernt.

    Sicher, es gibt gute Momente in „Iron Sky". Da wird ausgerechnet Charlie Chaplins Anti-Hitler-Satire „Der große Diktator" von den Nazis als Propagandafilm eingesetzt – sie kennen nur die kurze Szene, in der der Slapstick-Komiker mit einem Globus jongliert, die sie als Feier faschistischer Weltherrschaft missverstehen. Als Renate Richter dann auf der Erde in einem Kino den vollständigen Film sieht, werden ihr die Augen geöffnet. Dazu setzt Vuorensola gekonnt einen Stummfilm-Zwischentitel ein und holt aus seinem Einfall mit einem humorvollen Dialog zwischen Richter und Washington das Maximum heraus. Lustig ist es auch, wenn der Abgesandte Nordkoreas bei der UN nur schallendes Gelächter erntet, als er behauptet, hinter der Angriffswelle aus dem Weltall stecke sein Land. Gerade bei den politischen Witzen sind solche gelungenen Gags allerdings viel zu selten. So erreicht etwa die penetrant-unlustige Sarah-Palin-Parodie durch Präsidentinnen-Darstellerin Stephanie Paul schnell einen hohen Nerv-Faktor. Wie man es besser macht, zeigt der große Udo Kier („Melancholia"), der den Hitler-Nachfolger Kortzfleisch spielt. Der blasierte Führer verzweifelt daran, dass die Massen sich einfach nicht auf „Heil Kortzfleisch" umgewöhnen lassen, sondern weiter den Namen seines Vorgängers skandieren.

    Dank der Einnahmen aus dem eingangs erwähnten Crowdfunding und aus der Filmförderung konnten die Macher von „Iron Sky" mit einem für eine deutsch-finnische Produktion stattlichen Budget von 7,5 Millionen Euro arbeiten. Dass sie am Ende mehr Geld zur Verfügung hatten als erwartet, wirkt sich aber wider Erwarten nicht positiv aus. Die ausufernd lange Weltraumschlacht in der zweiten Filmhälfte sieht zum Beispiel nun so gut aus, dass ihr jeder trashige Charme abgeht, aber immer noch so billig, dass die Lücke zu Großproduktionen riesig ist. Und wenn ganz zum Schluss endlich auch die Nazi-Superwaffe Götterdämmerung zum Einsatz kommt, dann werden einmal mehr zuvor geschickt aufgebaute Erwartungen enttäuscht, denn das vermeintliche Superraumschiff erweist sich einfach als ein weiteres über die Leinwand rumpelndes Ufo – es ist halt nur ein bisschen größer als die anderen.

    Fazit: Der Hype war riesig, die Enttäuschung ist noch größer. Auch wenn die deutsch-finnische Science-Fiction-Komödie ihre amüsanten Momente hat, haben die Macher einfach zu wenig gute Ideen für einen langen Kinofilm. Daher sind weite Teile von „Iron Sky" – um es deutlich zu sagen -stinklangweilig. So wird „Iron Sky" vor allem für seine überzeugende und zukunftsweisende Marketingstrategie im Gedächtnis bleiben und uns zugleich daran erinnern, dass Werbung und Hype nicht alles sind. Am Wichtigsten ist nach wie vor, dass am Ende auch ein guter Film dabei herauskommt.

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