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    Fast & Furious 6
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Fast & Furious 6
    Von Christoph Petersen

    Die „Fast and the Furious“-Reihe ist ein absolutes Novum. Wo zweite und dritte Teile ihre Vorgänger an den Kinokassen häufig übertreffen, geht es für Blockbuster-Serien (abgesehen von Reihen mit vorgegebener Filmanzahl wie „Harry Potter“ oder „Twilight“) spätestens ab Folge 4 regelmäßig nur noch in eine Richtung: nämlich bergab! Bei „Fast and the Furious“ ist hingegen das genaue Gegenteil der Fall: Mit dem generalüberholten vierten Teil „Fast & Furious – Neues Modell. Originalteile.“ ist die Reihe erst richtig durchgestartet und wird seither von Film zu Film immer erfolgreicher. Auch bei „Fast & Furious 6“ sind sich im Vorfeld alle Box-Office-Experten sicher: Der Auto-Actioner wird an den US-Kinokassen zum Start nicht nur den zeitgleich anlaufenden „Hangover 3“ abhängen, sondern dürfte sich auch weltweit zum bisher erfolgreichsten Film der Serie mausern. Verantwortlich für dieses Comeback ist dabei vor allem ein Mann: Regisseur Justin Lin! Der gebürtige Taiwanese hat nicht nur in Sachen Action ein paar Gänge hochgeschaltet, sondern auch die vorher weitgehend unverbunden aufeinander folgenden Einzelfilme immer stärker miteinander verwoben und der Reihe damit nachträglich – Marvels Superhelden-Strategie lässt grüßen – eine klare gemeinsame Identität und Kontinuität verpasst. Auch in „Fast & Furious 6“ setzt Lin diese Taktik nun unbeirrt fort – aber während er mit beeindruckender Over-the-Top-Action weiter adrenalinschubprovozierend die Grenzen auslotet, übertreibt er es mit den Querverweisen zwischen den Filmen der Reihe diesmal ein wenig.

    Der geniale Ex-Elite-Soldat Owen Shaw (Luke Evans) und seine Helfer stehen kurz davor, sich alle Teile für eine mächtige High-Tech-Waffe zusammenzuklauen, die ihnen auf dem internationalen Schwarzmarkt Milliarden einbringen und ganze Nationen ins Verderben stürzen könnte. Um das zu verhindern, bittet US-Bundesagent Luke Hobbs (Dwayne Johnson) seinen einstigen Widersacher Dom Toretto (Vin Diesel) und dessen Crew um Hilfe – als Gegenleistung sollen die weltweit gesuchten Elite-Fahrer eine Amnestie erhalten, die es ihnen ermöglichen würde, endlich nach Los Angeles zurückzukehren. Doch der Auftrag entpuppt sich als halsbrecherischer als erwartet: Beim ersten Aufeinandertreffen mit ihren Kontrahenten muss Doms Truppe bei einer wilden Verfolgungsjagd durchs nächtliche London mächtig Lehrgeld zahlen! Und auch anschließend ist der hervorragend vernetzte Shaw seinen Verfolgern immer den einen entscheidenden Schritt voraus…

    Im Finale von „Fast & Furious Five“ zogen Dom und Brian (Paul Walker, „Vehicle 19“) mit ihren getunten Kisten einen tonnenschweren Tresor durch die Straßen von Rio de Janeiro – auf dem Papier eine hoffnungslos übertriebene Gaga-Idee, auf der Leinwand eine der mitreißendsten Verfolgungsjagden des angebrochenen Millenniums! Nachdem das Publikum seine offenen Münder wieder geschlossen hatte, blieb anschließend nur noch die eine entscheidende Frage: Was soll da jetzt noch kommen? Justin Lin liefert mit „Fast & Furious 6“ die passende Antwort: eine Antonov 124! Schon wenn Shawns Leute zu Beginn selbstgebaute Flitzer mit Rampen als Front einsetzen, mit denen sie einfach in den Gegenverkehr heizen und so ihren Verfolgern unbeteiligte Wagen entgegenschleudern, gibt Regisseur Lin die Richtung vor: keine Gefangenen! Das gilt erst recht, wenn Shaw in einen Panzer umsiedelt und die Autos entgegenkommender Zivilisten buchstäblich plattmacht – er plant genial voraus, hat aber zugleich etwas Chaotisch-sadistisches an sich, womit er sich in die Tradition solcher Bösewichte wie dem Joker in „The Dark Knight“ oder Silva in „James Bond – Skyfall“ einreiht. Aber obwohl das eigentlich schon ausgereicht hätte, um den Vorgänger in Sachen Action zu toppen, setzt dann eben auch noch der angesprochene sowjetische Riesentransporter (--> siehe Trailer) zum Abflug an – so geht Sommerkino!

    Neben Luke Evans („Der Hobbit: Smaugs Einöde“) ist „Haywire“-Amazone und Ex-Mixed-Martial-Arts-Kämpferin Gina Carano als Hobbs‘ neue Kollegin Riley der einzige nennenswerte Franchise-Neuzugang in „Fast & Furious 6“. Die Dynamik zwischen den einzelnen Crewmitgliedern bleibt damit weitgehend unverändert („Ocean’s Eleven bis Thirteen“ lässt grüßen), wobei sich dank gutgetimter Oneliner und jeder Menge gelungener kleiner Jokes kaum Abnutzungserscheinungen einstellen. Lediglich die Neckereien zwischen Dwayne Johnson („Snitch“) und Vin Diesel („Riddick“) haben im Vorgänger mehr Spaß gemacht, als die beiden noch auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes standen. Durch das Verknüpfen aller Teile hat Doms Crew zudem eine solch kritische Größe erreicht, dass es den Machern ohne weiteres möglich ist, einige dieser „Haupt“-Figuren das Zeitliche segnen und den Film so weniger ausrechenbar zu machen. Und auch den kommenden siebten Teil werden wohl kaum alle überleben, zumindest wird bereits während des Abspanns von „Fast & Furious 6“ (sitzenbleiben!) ein namhafter Kontrahent präsentiert, der Diesel, Johnson & Co. mit Sicherheit einige ernsthaft-tödliche Probleme bereiten wird!

    Die größte Stärke der mit „Fast & Furious 6“ zu Ende gehenden Ära von Justin Lin (ab Teil 7 übernimmt „Saw“-Schöpfer James Wan das Regie-Ruder) ist zugleich auch die größte Schwäche des sechsten Teils: Die allen Filmen der Reihe übergestülpte „Mythologie“ macht zwar noch immer einen Großteil des Reizes der neuen „Fast & Furious“-Filme aus, aber stellenweise übertreibt es der Regisseur mit den Querverweisen auch und das Bemühen um die innere Logik wirkt zuweilen arg gezwungen. Wenn man sich schon dafür entscheidet, die im vierten Teil „umgekommene“ Letty (Michelle Rodriguez, „Resident Evil 5“) wiederauferstehen zu lassen, dann sollte dieser Twist nicht mit einer so lieblosen Erklärung daherkommen wie hier. Offenbar wollte man auf Teufel komm raus alte Mitstreiter zurückbringen, denn auch ein Ausflug von Brian in ein US-Gefängnis hat nur den einen Zweck, zwei nicht einmal besonders interessanten Figuren aus den vorherigen Filmen zu Kurzauftritten zu verhelfen. Der Abstecher selbst ist weder spannend noch spaßig und die Handlung des Films wird durch ihn vollkommen unnötig ausgebremst. Aber die Bezüge zur Reihenvergangenheit sind nicht allesamt beliebig und uninspiriert: Der während des Abspanns (wie gesagt: sitzenbleiben!!!) zum dritten Teil zurückverweisende Brückenschlag gibt dem nach dem fulminanten Finale ohnehin schon aufgekratzten Publikum noch mal richtig einen mit!  

    Fazit: Nachdem er die Auto-Action-Reihe mit vier Filmen revolutioniert und in ungeahnte Erfolgssphären geführt hat, übergibt Regisseur Justin Lin nach dem gewohnt actionreichen „Fast & Furious 6“ den Staffelstab an seinen Nachfolger James Wan – und damit beginnt für die Fans, die hier wieder voll auf ihre Kosten kommen, auch schon direkt die Vorfreude auf den bereits für 2014 angekündigten „Fast & Furious 7“.

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