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    Don 2 - The King is Back
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Don 2 - The King is Back
    Von Robert Cherkowski

    Bollywood – nirgendwo in der Filmwelt geht es bunter, exzentrischer und musikalischer zu. Im indischen Mainstream-Kino bekennt man sich zum ganz großen Kitsch; dort dürfen Männer noch Gefühle zeigen, während das Publikum von distanzierender Ironie in der Regel recht unbehelligt bleibt. Über die Jahre haben sich die oft überlangen Bollywood-Epen vom Kuriosum zum weltweiten Videotheken-Renner entwickelt und eine riesige nicht-indische Fanschar gewonnen. Und die soll weiter wachsen. Deswegen vollziehen Bollywood-Filmemacher einen langsamen Wandel und beginnen, sich an westliche Sehgewohnheiten anzupassen. An vorderster Front steht dabei der Bollywood-Megastar Shah Rukh Khan. In seiner Heimat hat der Sänger, Mime und Tänzer schon lange einen Status gottgleicher Prominenz erreicht und inzwischen gehört er zu den wenigen wirklichen Weltstars des Kinos. Nach dem Drama „My Name Is Khan" steht mit der Fortsetzung seines Hits von 2006 ein weiteres Projekt in den Startlöchern, das auch Neulinge und Skeptiker von den Qualitäten des Bollywood-Kinos überzeugen soll. Ob dies gelingt, bleibt jedoch fraglich – auch der für den Westen glattgebügelte „Don 2" wird die Sehgewohnheiten der Bollywood-Unerfahrenen immer noch arg herausfordern. Und zugleich könnte er alte Fans als verwässerter Kompromiss enttäuschen. Aber diese Zwitterstellung gibt dem Gangster-Action-Musical-Spektakel „Don 2 – The King Is Back" von Regisseur Farhan Akhtar auch einen besonderen Reiz.

    Nach wie vor ist der Supergangster Don (Shak Rukh Khan) eine große Nummer und ein Dorn im Auge seiner mörderischen Feinde. Auch die Polizei ist ihm in Gestalt der Interpol-Agentin Roma (Priyanka Chopra) auf den Fersen, doch Don ist ihnen immer ein paar Schritte voraus. Als es das verbrecherische Superhirn für kurze Zeit hinter schwedische Gardinen verschlägt, rauft er sich dort mit seinem einstigen Todfeind Vardhaan (Boman Irani) zusammen und heckt einen Don-typischen, genialen Plan aus. Im fernen Deutschland ist ein windiger Bankdirektor (Hans-Eckart Eckhardt) in schmutzige Geldwäschgeschäfte mit dubiosen Hintermännern verstrickt, die auch Don nach dem Leben trachten. Nachdem Don und Vardhaan (vollkommen problemlos und mit flotten Sprüchen auf den Lippen) dem Knast entkommen sind, machen sie sich auf den Weg nach Berlin, um den zwielichtigen Bankier um seine Kohle zu erleichtern und gleichzeitig seine Machenschaften anzuprangern. Dabei sticht Don in ein Wespennest der Kriminalität...

    Die Welle an herrlich aufgedrehtem Nonsens, die hier in der ersten Filmhälfte über das Publikum hinwegrollt, muss man erlebt haben, um sie zu glauben. Allein der erste Auftritt des schmierigen Don ist ein Fest des schlechten Geschmacks und kann im Prinzip nicht einmal mehr parodiert werden. Von schwülstigen Liedchen besungen fährt der Don mit seinem privaten Schnellboot, weißer Ludentracht und einer atemberaubend absurden Frisur durch die engen Flussarme von Thailand, ballert einen Haufen fies dreinblickende Schurken in die Grube und zwinkert nebenbei anzüglich vor sich hin. Das Heldenbild liegt irgendwo zwischen dem omnipotenten Superverbrecher Fantomas, einer eitlen Tom-Cruise-Performance, der geleckten Attraktivität eines 80er-Jahre-Soap-Stars und den Bling-Bling-Posen eines 50-Cent-Videos.

    Der nicht zuletzt für seine Eitelkeit berühmte Shah Rukh Khan tänzelt mit sagenhafter Selbstverliebtheit durch die Szenen, gibt ungerührt Oneliner zum Besten, die selbst Arnold Schwarzenegger peinlich gewesen wären und verdreht mit seiner heftigst augenzwinkernden Art allen Ladies den Kopf. Alles ist wie im starfixierten Bollywood üblich ganz auf ihn zugeschnitten, die irgendwo zwischen unwiderstehlich und selbstherrlich angesiedelten Auftritte des charismatischen Superstars werden zu regelrechten Khan-Paraden hochstilisiert. Wer ein Faible für pompös-funkelnde Extravaganzen hat, wird bestens unterhalten – Khan und Akhtar geben in jeder Sekunde Vollgas.

    Nachdem Don dem Gefängnis entkommen ist und einen Abstecher in (s)eine Nobeldisco macht, ist endgültig klar, dass hier der nackte Wahnsinn regiert - und Bollywood-Debütanten werden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Wenn dort eine schnulzige Ballade über den Don geschmettert wird, lässt dieser sich nicht lumpen und unterbricht für ein paar Minuten die Erläuterungen weiterer krimineller Pläne, um die Tanzfläche zu stürmen und mit einem Männerchor im Schlepptau einen schmissigen Pop-Stampfer im Italo-Disco-Stil anzustimmen. Dieses hysterische Glanzlicht macht Lust auf mehr atemlosen Pomp. So grandios irre geht es dann allerdings nicht weiter.

    Nach der indischen Mischung aus phantasievoll choreographiertem Musical-Überschwang und anderen genüsslich zelebrierten Extravaganzen versuchen sich die Macher in der zweiten Filmhälfte an einem handelsüblichen Heist-Film nach amerikanischer Bauart. Hier ein wenig „Ocean's Eleven", da ein bisschen „Der Clou", dort ein Hauch „Inside Man". Wenn vorher so ausgiebig und hemmungslos in Exzentrik geschwelgt wurde, kann eine geradlinige und etwas einfallslos erzählte Geschichte wie der anschließende Coup im Bankgebäude nur noch langweilen. Zum einen, weil man die Gesetze des Genres zur Genüge kennt und weiß, dass jedes vermeintliche Problem eigentlich nur eine weitere Finte des Don ist. Und zum anderen, weil es nach der verkitschten Wunderwelt der ersten Hälfte keine Fallhöhe mehr gibt. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, fehlt Akhtar schlichtweg das erzählerische Feingefühl.

    Zwar wurde für ein überschaubares Budget von gerade einmal 12,5 Millionen Euro ein explosives und visuell ansprechendes Ramba Zamba mit zahlreichen Explosionen, Verfolgungsjagden, Schießereien und handfester Keile entfacht. Emotional bedeutsam ist anders als in den besseren Bollywood-Produktionen jedoch nie. Dennoch macht „Don 2" Spaß, wenn man sich auf ein Kinoerlebnis der etwas skurrileren Art einlässt. Für den sicher kommenden „Don 3" sollten sich die Macher auf ihre Stärken besinnen und gar nicht erst nicht versuchen, nach den Regeln der anderen zu spielen. Im Bereich grotesk-überkandidelter Performances kann dem Don nämlich niemand das Wasser reichen.

    Fazit: Irgendwo zwischen exzentrischer Bollywood-Sause und westlich angehauchtem Heist-Thriller ist Akhtars „Don 2" die eigene Identität abhanden gekommen. Dennoch unterhält das herzlich-verrückte Gauner-Märchen, wenn man sich auf diesen irren Genre-Zwitter einlässt.

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