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    Ich - Einfach unverbesserlich 3
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Ich - Einfach unverbesserlich 3
    Von Björn Becher

    Ein Super-Bösewicht muss sich mit seinen schrägen Helferlein um drei kleine Kinder kümmern – dieses Konzept war in der Animationskomödie „Ich – Einfach unverbesserlich“ ein Volltreffer. Für das erste Sequel stellte man dem längst geläuterten Ex-Super-Bösewicht eine Frau an die Seite und im dritten Teil geht man nun noch einen Schritt weiter: Der ehemalige Schurke Gru findet heraus, dass er einen Zwillingsbruder hat… Mit dieser erneuten Erweiterung des Figurenarsenals um einen zusätzlichen Protagonisten stößt „Ich – Einfach unverbesserlich 3“ allerdings an die Grenze des erzählerisch Sinnvollen. Der dieses Mal mit Kyle Balda („Der Lorax“, „Minions“) und dem Charakter-Designer Eric Guillon das Regiezepter schwingende „Minions“-Erfinder und -Sprecher Pierre Coffin hat nämlich sichtlich Mühe, die diversen Nebenhandlungen unter einen Hut zu bringen. Dabei schlägt er allerdings ein sehr hohes Tempo an, und so ist „Ich – Einfach unverbesserlich 3“ trotzdem wieder kurzweilige Unterhaltung für die ganze Familie – wobei die etwas älteren Zuschauer mit vielen witzigen 80er-Jahre-Anspielungen bei Laune gehalten werden.

    Gru (Stimme im Original: Steve Carell / deutsche Fassung: Oliver Rohrbeck) hat es versaut. Weil er Bösewicht Balthazar Bratt (Trey Parker / Joko Winterscheidt) einmal mehr entkommen ließ, verlieren er und seine für ihn eintretende Frau Lucy (Kristen Wiig / Martina Hill) ihre Geheimagentenjobs. Grus Adoptivkinder Margo (Miranda Cosgrove), Edith (Dana Gaier) und die kleine Agnes (Nev Scharrel) sind natürlich in größter Sorge und auch die Minions (alle: Pierre Coffin) reagieren drastisch: Sie sind sowieso schon lange unzufrieden, weil ihr Meister kein Bösewicht mehr ist und lassen ihn kurzerhand sitzen. Der am Boden zerstörte Gru wird aus seinen trüben Gedanken gerissen, als er erfährt, dass er einen Zwillingsbruder hat: Dru (ebenfalls Carell / Rohrbeck) geht ihm mit seiner Dauer-Fröhlichkeit und dem vollen Haupthaar allerdings sofort auf den Geist. Doch dann eröffnet ihm der erfolgreiche Geschäftsmann, dass er gerne ein so legendärer Bösewicht wie sein Bruder und ihr Vater wäre. Er bittet Gru, ihm bei der Verbrecherkarriere zu helfen und der lässt sich darauf ein – doch mit einem Hintergedanken: Er will gar nicht wieder böse werden, sondern Balthazar Bratt bestehlen und sich so seinen Agentenjob zurückholen…

    Schon der Prolog mit der Hintergrundgeschichte von Balthazar Bratt und der sich daran anschließende Raubzug des Bösewichts versetzen das Publikum in 80er-Jahre-Stimmung. Songs wie Michael Jacksons „Bad“, „Take On Me“ von a-ha oder später Nenas Klassiker „99 Luftballons“ sind fest in die Handlung integriert. Die Vergangenheit des Schurken als Kinderstar, mit der er auch Jahrzehnte nach der Absetzung seiner TV-Serie noch nicht abgeschlossen hat, bietet außerdem die Gelegenheit zu vielen mehr oder weniger selbstreferenziellen Hollywood-Gags. Gerade die etwas älteren Zuschauer dürften großen Spaß an den vielen Anspielungen haben – von „Star Wars: Episode V“ über „Das A-Team“ bis hin zu Molly Ringwald und dem sogenannten Brat Pack. Kinder werden das zwar längst nicht alles verstehen, aber die Gags sind sowieso meist ganz beiläufig oder im Hintergrund platziert. Überdies sorgt das immens hohe Erzähltempo dafür, dass es umgehend den nächsten Witz für alle gibt. Nur bei einem geschmacklosen Seitenhieb gegen die Konkurrenz von Pixar (Stichwort: gehäckselter Nemo) vergreifen sich Coffin und seine Illumination-Kollegen einmal im Ton.

    Der Humor entsteht hier meist im Zusammenspiel der Figuren – vor allem das gegensätzliche, sich aber trotzdem sehr ähnelnde Brüder-Doppel Gru und Dru tut sich dabei hervor, zumal sich ironischerweise der nach außen hin so selbstbewusste, von allen geliebte Dru als großer, beinahe alles vermasselnder Tollpatsch erweist, während der oft belächelte Gru beim Raubzug endlich mal wieder in seinem Element ist. Dazu wimmelt es in den großartig animierten Bilderwelten wieder einmal vor Easter Eggs. Allein um alle im Hintergrund hängenden Filmplakate zu entdecken (wir sagen nur: „Onions“), braucht man mehrere Kinobesuche. Balthazar Bretts einfallsreiche Gadgets – darunter als Höhepunkt eine Kaugummi verschießende Kanone - geben den Actionszenen zudem eine ganz neue Dynamik, hier ist der dritte Teil deutlich mehr als ein bloßer Neuaufguss.

    An witzigen Ideen, tollen Designs und atemberaubender Action mangelt es nicht, aber beim Erzählerischen hapert es deutlich. „Ich – Einfach unverbesserlich 3“ ist mehr als alles andere eine Gagparade, die (zu) zahlreichen  Figuren bekommen nur minimalen Raum zur Entfaltung. Die im „Minions“-Solofilm fast bis zum Overkill gebrachte Präsenz der kleinen gelben Kerlchen wird zwar auf ein angenehmes Maß reduziert, aber wenn sie hier abseits der Haupthandlung im Gefängnis landen, dann trägt das genauso wenig zur eigentlichen Geschichte bei wie die Suche der kleinen Agnes nach einem echten Einhorn. Deren Träume sind zwar zuckersüß, aber auch das ist nur überaus notdürftig in die Gesamtdramaturgie eingebunden. Vieles wirkt hier so, als ginge es nur darum, den Figuren irgendetwas zu tun zu geben, für sinnvolle Zusammenhänge hat es da nicht immer gereicht. Immerhin wird die   problematische Beziehung der ältesten Schwester Margo zu ihrer Stiefmutter Lucy etwas vertieft und damit kehrt prompt die im zweiten Film etwas zu kurz gekommene Emotionalität wieder zurück. Aber selbst hier wäre noch deutlich mehr drin gewesen, wenn man nicht so viel Zeit auf andere Randgeschichten verwendet hätte, wird doch der Konflikt viel zu überhastet aufgelöst.

    Fazit: „Ich – Einfach unverbesserlich 3“ ist ein unterhaltsames Gag-Feuerwerk mit deutlichen dramaturgischen Schwächen.

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