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    Mein Blind Date mit dem Leben
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Mein Blind Date mit dem Leben
    Von Michael Meyns

    Wenn vor einem Film der Satz „Basierend auf einer wahren Geschichte“ (oder eine Variante davon) eingeblendet wird, dann sollte man sich über den tatsächlichen Wahrheitsgehalt nicht täuschen. Gerade wenn sich die Filmemacher eng an die realen Fakten halten, wirkt das Ergebnis oft kaum glaubhaft, denn die Kapriolen des Lebens halten sich nicht an das, was im narrativen Sinne plausibel oder wahrscheinlich wäre. Dieses Problem hat auch Regisseur Marc Rothemund („Sophie Scholl – Die letzten Tage“) mit seiner Komödie „Mein Blind Date mit dem Leben“ - und er verstärkt es noch durch eine oft klamottenhaft überdrehte Inszenierung, durch unglückliche Übertreibungen und Auslassungen. So wirkt die tatsächlich erstaunliche wahre Biografie von Saliya Kahawatte, der es als nahezu Blinder schaffte, sein Handicap auf bemerkenswerte Weise zu verheimlichen und zu überwinden, im Film nicht allzu glaubwürdig. Was wiederum nicht heißt, dass das Ganze nicht trotzdem ziemlich kurzweilig und unterhaltsam ist.

    Saliya Kahawatte (Kostja Ullmann), Sohn deutsch-singhalesischer Eltern, hat einen großen Traum: Er will in einem Hotel eine Ausbildung machen, um im Servicebereich arbeiten zu können. Als er mit 15 Jahren plötzlich von einer schweren Augenkrankheit befallen wird, die sein Sehvermögen auf etwa fünf Prozent des normalen Niveaus reduziert, scheint der Traum geplatzt. Reihenweise hagelt es Absagen, wer will schon einen fast Blinden Gäste bedienen lassen? Erst als Saliya seine Sehschwäche verheimlicht, bekommt er einen Ausbildungsplatz: Im ehrwürdigen Hotel Bayerischer Hof in München beginnt er seine Lehre und damit ein Lügen- und Versteckspiel. Anfangs kennt nur sein neuer Kumpel Max (Jakob Matschenz) die Wahrheit, während Kollegen und auch die hübsche Laura (Anna Maria Mühe) sich zwar bisweilen über Saliyas merkwürdiges Verhalten wundern, aber nie auf die Idee kommen, dass sie jemandem gegenüberstehen, der so gut wie nichts sehen kann. Doch die Charade kostet enorme Kraft und kann nicht ewig gut gehen...

    Fragt man sich nach dem Kinobesuch, ob diese unglaubliche Geschichte denn tatsächlich wahr sein kann, stößt man beim Googeln schnell auf Berichte und Videos, die bestätigen, dass es diesem Mann tatsächlich jahrelang gelungen ist, seine Behinderung zu verheimlichen. Saliya Kahawatte hat in einem (Hamburger) Hotel eine Ausbildung gemacht und ist inzwischen als Berater tätig. Die Heimlichtuerei hat ihn allerdings auch immer wieder zur Verzweiflung gebracht, mehrere Selbstmordversuche waren die Folge. Solche dunklen Kapitel spart Marc Rothemund indessen weitgehend aus, er erzählt in seinem Film vielmehr die fast unbeschwerte Geschichte eines manchmal geradezu superheldenhaften Protagonisten, der sich durch das Hotel bewegt, als wäre er eine Art Daredevil. Außerdem mixt er bald Drinks wie Tom Cruise in „Cocktail“ – und wirkt in Kostja Ullmanns („Groupies bleiben nicht zum Frühstück“) charmanter Darstellung auch fast wie ein deutscher Wiedergänger des Hollywood-Sonnyboys.

    Hier wird oft sehr dick aufgetragen und angesichts der mitunter übernatürlich erscheinenden Wundertaten des Film-Saliya kann man sich gelegentlich schon fragen, warum niemand etwas bemerkt. Wenn „Mein Blind Date mit dem Leben“ schließlich auf die Erkenntnis hinausläuft, dass man erst dann wirklich zufrieden mit seinem Leben sein kann, wenn man ehrlich ist, dann kommt auch das nicht allzu überzeugend rüber – dafür sind die Selbstzweifel und die Schwierigkeiten vorher einfach zu kurz gekommen. Als leichte Komödie jenseits strenger Logik ist der Film dennoch vergnüglich, insbesondere das Zusammenspiel zwischen Ullmann und Jakob Matschenz („Die Welle“), die als ungleiche Kumpel nicht nur das Geheimnis teilen, sondern sich auch bei jeder Gelegenheit gegenseitig aus der Patsche helfen, beschert uns viele schöne und sympathische Momente.

    Fazit: Marc Rothemund inszeniert die faszinierende wahre Geschichte von Saliya Kahawatte, dem es als fast Blindem gelingt, in der sehenden Gesellschaft unterzutauchen, als schwungvolle Komödie, der zwischendrin zuweilen die Bodenhaftung verloren geht.

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