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    Lights Out
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Lights Out
    Von Christoph Petersen

    Als der australische Regisseur James Wan 2004 die Möglichkeit erhielt, in den USA einen Kinofilm zu drehen, der auf seinem eigenen neunminütigen Kurzfilm „Saw“ basiert, war das der Start einer großen Karriere: Inzwischen gibt es nicht nur sechs „Saw“-Sequels, James Wan selbst zählt nach Hits wie „Conjuring – Die Heimsuchung“ und „Fast & Furious 7“ auch zu den begehrtesten Regisseuren Hollywoods - als nächstes wird er den Comic-Blockbuster „Aquaman“ inszenieren. Damit war es für den Filmemacher offenbar an der Zeit, etwas zurückzugeben – und so ermöglichte er als Produzent dem schwedischen Nachwuchstalent David F. Sandberg, dass dieser seinen auf YouTube steilgegangenen Horror-Kurzfilm „Lights Out“ ebenfalls selbst als Hollywood-Produktion umsetzen kann. Aber bevor wir jetzt mit der eigentlichen Kritik loslegen, schaut ihr euch den millionenfach geklickten, nicht einmal drei Minuten langen Kurzfilm, den Sandberg ohne Budget mit seiner Frau in seinen eigenen vier Wänden gedreht hat, am besten erst einmal selbst an (nicht vergessen, vorher das Licht zu löschen):

    Nach dem verlockenden Ruf aus Hollywood bestand die erste Herausforderung für Sandberg darin, gemeinsam mit Drehbuchautor Eric Heisserer („>Final Destination 5“) aus der simplen Idee des Kurzfilms eine richtige Story zu entwickeln, um so spielfilmgerechte 83 Minuten zu füllen: Rebecca (Teresa Palmer, „Warm Bodies“) ist schon vor Jahren aus dem Haus ihrer depressiven Mutter Sophie (Maria Bello, „A History Of Violence“) geflüchtet. Aber als die Schule ihres kleinen Halbbruders Martin (Gabriel Bateman) anruft, weil dieser zu Hause offenbar keinen Schlaf mehr findet und im Unterricht immer wieder einpennt, kann Rebecca ihre Vergangenheit nicht länger leugnen: Offenbar leben in dem elterlichen Anwesen nämlich nicht nur ihre Mutter und ihr Bruder, sondern auch Sophies alte Jugendfreundin Diana (Alicia Vela-Bailey) – die erscheint allerdings nur, wenn das Licht nicht eingeschaltet ist…

    Im Kurzfilm setzt Sandberg – neben dem furchterregenden Schlurfgeräusch – praktisch nur auf eine einzige Idee: Die monströse Gestalt existiert nur im Dunkeln und verschwindet, sobald das Licht angeht. Das ist extrem effektiv, aber trägt solch ein einzelnes Gimmick auch einen ganzen Kinofilm? Ja, tut es, zumindest wenn man die Gruselszenen derart einfalls- und abwechslungsreich inszeniert wie Sandberg: Neben auf der Hand liegenden Sperenzchen mit Lichtschaltern, Taschenlampen und Bewegungsmeldern hat der Spielfilmdebütant nämlich noch eine ganze Reihe von Lichtquellen für seine inszenatorischen Kabinettstückchen gefunden, die weit weniger offensichtlich sind - darunter etwa das Mündungsfeuer einer Pistole oder das automatische Aufblinken eines Wagens, den man mit einer Funkfernbedienung öffnet. Auch sein Förderer James Wan scheint sehr zufrieden mit der Arbeit des Newcomers zu sein, schließlich hat er ihm direkt das nächste Projekt anvertraut: die Regie des kommenden „Conjuring“-Spin-offs „Annabelle 2“.

    Die um das Gimmick herumgestrickte Story beginnt vielversprechend: Sandberg lässt sich angenehm viel Zeit, um die ungewöhnliche Familienkonstellation auszuloten, während zunächst noch vieles darauf hindeutet, dass es sich bei der mörderischen Kreatur um eine Ausgeburt von Sophies Depression handeln könnte. Aber dann wird doch wieder alles haarklein aufgedröselt – und die Erklärungen sind dazu auch noch ohne jede Subtilität ins Drehbuch gehämmert: Nachdem Rebecca Hunderte alte Anstalts-Fotos durchforstet und offenbar seit Stunden Recherche betrieben hat, fragt ihr die ganze Zeit hinter ihr sitzender Freund plötzlich: „So, deine Mutter war also in der Psychiatrie?“ Später finden die Protagonisten dann auch noch einen Kellerraum, an dessen Wänden in Schönschrift die Antworten auf alle noch offenen Fragen gekritzelt sind. Sicherlich muss man solche Infos irgendwie unterbringen, aber es wäre schon schön gewesen, wenn Sandberg und Heisserer dabei zumindest einen Bruchteil des Einfallsreichtums der Horrorsequenzen an den Tag gelegt hätten.

    Fazit: In den Gruselszenen ebenso wirkungsvoller wie kreativer Schocker, aber drumherum wird etwas zu viel Zeit mit nicht zwingend nötigen Erklärungen vergeudet.

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