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    Batman: The Killing Joke
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Batman: The Killing Joke
    Von Christoph Petersen

    Nach den Sprachaufnahmen für das Videospiel „Batman: Arkham Knight“ gab Mark Hamill („Star Wars“) bekannt, dass die Stimme des Jokers seine Stimmbänder so sehr beansprucht, dass er zukünftig nicht mehr für die Rolle zur Verfügung stehen werde – es sei denn, die Graphic Novel „The Killing Joke“ würde verfilmt. Dabei war das mit der möglichen Rückkehr wohl eher als augenzwinkernder Spaß gemeint – immerhin werkelte das Studio schon seit einer gefühlten Ewigkeit an einer filmischen Umsetzung des Kult-Werkes von „Watchmen“-Mastermind Alan Moore, zudem ließe sich bei einer ernstzunehmenden Adaption ein R-Rating (=ab 17 Jahren) wohl kaum vermeiden (es gab bisher weder einen „Batman“-Film noch eine Produktion des Studios Warner Animation mit einer solchen Altersfreigabe). Und dennoch: „Batman: The Killing Joke“ ist jetzt da – mit der Stimme von Mark Hamill und einem R-Rating (in Deutschland hat der Film eine Freigabe ab 16 Jahren). Ein echtes Ereignis also, gerade für Comic-Fans – und trotzdem drehten sich die meisten Diskussionen nach der Premiere des Animationsdramas im Rahmen der Comic-Con nicht um die langerwartete Leinwandversion von „The Killing Joke“, sondern vornehmlich um den etwa 20-minütigen Prolog, den die Filmemacher dem eigentlichen Plot vorangestellt haben und in dessen Mittelpunkt Barbara Gordon alias Batgirl steht.

    Braucht es wirklich nur einen miesen Tag, um einen Menschen in den Wahnsinn zu treiben? Wie schon im Comic wird diese Frage auch im Film auf zwei parallelen Handlungsebenen verhandelt: Zum einen wird in Rückblenden die Origin Story des Jokers (Stimme im englischen Original: Mark Hamill) aufgerollt, der sich einst als erfolgloser Stand-up-Comedian durchschlug, bis er an einem einzigen Tag so viele Katastrophen durchleben musste, dass er schließlich den Verstand verlor… In der eigentlichen Gegenwartshandlung bringt der mal wieder aus Arkham entflohene Joker Commissioner Gordon (Ray Wise) in seine Gewalt. Der Schurke will beweisen, dass es allen anderen genauso gehen würde wie ihm, dass also wirklich jeder wahnsinnig wird, wenn man nur genügend Schreckliches über ihn hereinstürzen lässt. Batman (Kevin Conroy) will das verhindern und spürt den Joker mit seiner Geisel auf einem verlassenen Rummelplatz auf…

    Achtung: Der folgende Absatz enthält Spoiler zum Batgirl-Prolog und zum Beginn von „The Killing Joke“!

    Barbara Gordon (Tara Strong) spielt für die Handlung von „The Killing Joke“ zwar eine sehr wichtige Rolle, kommt darin aber nur ganz kurz selbst vor. Deshalb gibt es im Film nun einen etwas mehr als 20 Minuten langen Prolog, in dessen Zentrum die Batgirl-Figur steht, was dafür sorgt, dass es später einen viel größeren emotionalen Punch entfaltet, wenn der Joker sie in der Haupthandlung zum Krüppel schießt. Aber auch abgesehen von seiner dramaturgischen Wirkung hat es dieser Prolog in sich (zumindest für Kenner der Figuren): Denn während das Verhältnis von Batman zu Batgirl in den Comics – wie ja auch schon die Namenszusätze „Man“ und „Girl“ andeuten – ein eher väterliches ist, verzehrt sich Gordon im Film nicht nur nach ihrem Mentor, die beiden haben schließlich sogar Sex (woraufhin wie bei vielen Nicht-Superhelden-One-Night-Stands eine unangenehme Funkstille herrscht). Nun ist es erst einmal spannend und – gerade in Anbetracht der Heerschaaren von Comic-Puristen – auch mutig, die Beziehung der zwei Helden neu auszuloten. Aber so vielversprechend dieser Ansatz auch ist, hinterlässt die Umsetzung einen eher zwiespältigen Eindruck: Statt die Sexualität einfach noch als zusätzliche Nuance hinzuzufügen (der Film hat sein R-Rating ja sowieso schon), wird Barbara Gordon zu sehr auf ihr Verlangen nach Batman reduziert. Dieser Ansatz ist ausbaufähig, aber bleibt hier letztendlich ein wenig platt…

    … gerade im Vergleich mit der direkt folgenden, anpackend-ambivalenten Haupthandlung von „The Killing Joke“! Im Gegensatz zum Prolog haben sich Regisseur Sam Liu („Batman: Year One“) und sein Drehbuchautor Brian Azzarello („Batman: Gotham Knight“) hierbei sehr präzise an Alan Moores Vorlage aus dem Jahr 1988 gehalten (es gibt schließlich auch nicht viel, was man an der psychologisch ausgefeilten Story noch verbessern könnte). Dank R-Rating gibt es auch kein Problem damit, sich nicht nur thematisch, sondern auch visuell voll und ganz in die verstörende Fantasie von Moore zu stürzen – was Commissioner Gordon hier bei einer Geisterbahnfahrt an Sadismen und Perversität aushalten muss, ist sicherlich mit das Extremste, was es im DC-Animations-Universum bisher zu sehen gab. Auf der anderen Seite sorgt die Vorlagentreue auch dafür, dass die Story – wie in Comics ja nicht unüblich - ein wenig sprunghaft wirkt. Aber diese konsequente Abkehr von einer typischen Filmdramaturgie dürfte – wenn überhaupt – höchstens Nicht-Comicfans stören.

    Fazit: Nach einem zumindest zwiespältigen Prolog folgt eine der bisher besten DC-Comic-Adaptionen überhaupt.

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