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    Willkommen im Wunder Park
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Willkommen im Wunder Park

    Rasante Achterbahnfahrten mit Herz

    Von Antje Wessels

    Die eigentlich simple Frage, wer bei einem Film Regie geführt hat, ist im Fall von „Willkommen im Wunder Park“ kaum zu beantworten: Laut einiger Quellen zeichnet das Autorenduo Josh Appelbaum und André Nemec („Mission: Impossible – Phantom Protokoll“) gemeinsam mit der Produzentin Kendra Haaland („Drachenzähmen leicht gemacht 2“) auch für die Inszenierung verantwortlich. Andere wiederum nennen David Feiss (Storyboard-Künstler unter anderem bei „Hotel Transsilvanien 3“), Clare Kilner („The Wedding Date“) und Robert Iscove („Whiskey Business“) als wahre Regisseure. Die allgemeine Verwirrung hat den einfachen Grund, dass der ursprüngliche Regisseur Dylan Brown (arbeitete zuvor als Animator an diversen Pixar-Produktionen mit) Anfang 2018 entlassen wurde, weil er sich gegenüber Mitarbeitern „unangemessen und unerwünscht“ verhalten habe. Eine derart unschöne Produktionsgeschichte ist für die öffentliche Wahrnehmung eines Filmprojekts natürlich ein potenzieller Super-GAU – gerade im Animationsfilmsegment. Und trotzdem: Die ebenso spaßige wie warmherzige Nickelodeon-Produktion ist unbedingt einen Familienausflug ins Kino wert!

    Die kleine June (Stimme im Original: Brianna Denski / in der deutschen Fassung: Lena Meyer-Landrut) und ihre Mutter (Jennifer Garner) verbringen ihre freie Zeit am liebsten mit ihrem riesigen Modell-Freizeitpark, den sie „Wunder Park“ getauft haben. Hier gibt es zahllose Attraktionen, sprechende Tiere und alles, was das Herz sonst noch begehrt. Aber dann muss die Mutter plötzlich ins Krankenhaus. Zunächst versucht June noch, sich ihre Fröhlichkeit zu bewahren. Doch mit jedem Tag wird sie trauriger. Sie baut den Wunder Park ab, um die Erinnerungen an die unbeschwerte Zeit mit ihrer Mutter zu verdrängen und sorgt sich stattdessen immer mehr um ihren Vater (Matthew Broderick). Als sie eines Tages von einem Schulausflug alleine nach Hause läuft, entdeckt sie auf einer Waldlichtung plötzlich den verwitterten Wunder Park – und zwar in Lebensgröße! Allerdings ist der Park in großer Gefahr, weil bewaffnete Spielzeugaffen über das Gelände herfallen und alles zu zerstören drohen...

    June findet im Wunder Park schnell neue Freunde.

    Während das Pixar-Meisterwerk „Alles steht Kopf“ unter der bunten Animationsfilmoberfläche die dunkle Seite schlechter Gefühle verhandelt, geht es in „Coco“ um den Tod und in „Zoomania“ um Rassismus. In diese Liste ließe sich nun auch sehr gut der zwar wunderschön, aber nicht ganz auf dem hohen technischen Niveau der Pixar-Konkurrenz animierte „Willkommen im Wunder Park“ aufnehmen. So gibt es in der spanisch-amerikanischen Co-Produktion zwar sprechende Tiere mit coolen Onelinern, schwindelerregende Achterbahnfahrten, die besonders dann Spaß machen, wenn wir aus er subjektiven Perspektive der Protagonisten gemeinsam mit ihnen in die Tiefe stürzen, sowie die wohl kuscheligsten Schurken überhaupt, wenn eine Horde von Plüschtieraffen den Park regelrecht überflutet.

    Dahin wo's wehtut

    Aber zugleich ist die Art, wie das Skript den Verfall des Parks mit dem seelischen Zustand der jungen Protagonistin verknüpft, gerade für ältere Zuschauer, die diese Symbolik bereits begreifen, bisweilen ganz schön niederschmetternd. Wenn die Affenhorden hier in einem roten, schwerelosen Raum alles in Beschlag nehmen, was ihnen in die kleinen Ärmchen kommt, dann sieht das nicht von ungefähr so aus, als würden hier gerade Krankheitserreger in die Blutbahn eindringen. Und auch, wenn man nie genau erfährt, an welcher Krankheit Junes Mutter eigentlich genau leidet, erinnert die riesige graue Wolke, die beständig über dem Park steht, sicherlich nicht von ungefähr an ein Krebsgeschwür.

    Trotz dieser bemerkenswert direkten Anspielungen auf körperliches und psychisches Leid zehrt „Willkommen im Wunder Park“ vor allem von der Kulisse des äußerst fantasievoll gestalteten Freizeitparks, wenn es darum geht, sein (junges) Publikum zu unterhalten. Sobald June nach dem ergreifenden Prolog den Wunder Park entdeckt, geht es dann auch direkt in die Vollen: Nach den vielen schweren Emotionen der ersten 20 Minuten wird hier erst einmal ein Gegengewicht geschaffen und der Zuschauer zunächst einmal mit massig Action und Abenteuer bespaßt. Das Duell zwischen Parkbewohnern und Affen ist dann auch mitreißend inszeniert, aber richtig stark wird der Film erst wieder, wenn sich June und ihre neuen Freunde gemeinsam daran machen, eine Lösung für die Rettung des Wunder Parks zu finden. Dann kommen die emotionale Erzählweise vom Anfang und der anpackende „Rettet den Park“-Plot stimmig zusammen.

    Ob das so sicher ist? Wir können den skeptischen Gesichtsausdruck jedenfalls sehr gut nachvollziehen!

    Dass „Willkommen im Wunder Park“ nicht bis zuletzt konsequent ist, ist sicher auch dem Genre geschuldet. Schließlich möchte man einem jungen Zielpublikum nicht unbedingt zumuten, am Ende tatsächlich den Tod einer so wichtigen Figur wie der der Mutter zu verarbeiten. Aber auch so geben die Figuren den Zuschauern einige wichtige Ratschläge zu den Themen Hoffnung, Zuversicht und Trauer mit auf den Weg. Gesprochen werden diese in der deutschen Fassung unter anderem von Lena Meyer-Landrut, die nach „Trolls“ nochmal einen gewaltigen Sprung nach vorn macht und sowohl Junes sukzessive Traurigkeit als auch ihr langsam wieder zurückkehrendes Selbstbewusstsein mit viel Leidenschaft zum Ausdruck bringt. Comedian Faisal Kawusi erweist sich in seiner ersten Sprechrolle direkt als Idealbesetzung für einen gleichermaßen verschlafenen wie aufopferungsvollen Bären und das Schweizer Mundart-Popduo Lo & Leduc erinnert mit seiner Performance als redselige Biber-Brüder im besten Sinne an Erkan und Stefan.

    Fazit: Ein berührendes, erstaunlich tiefgründiges Familiendrama im Gewand eines kunterbunten, spaßigen und temporeichen Freizeitpark-Animationsfilm-Abenteuers.

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