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    Nichts zu verschenken
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Nichts zu verschenken
    Von Antje Wessels

    Rund 15 Minuten vor Schluss trifft der von Dany Boon („Willkommen bei den Sch'tis“) gespielte François den Nagel auf den Kopf, als dieser seiner Filmtochter Laura folgende Frage stellt: „Musste diese ganze Komödie denn wirklich sein?“ Bis zu diesem Zeitpunkt ist „Nichts zu verschenken“, der neue Film von Fred Cavayé („Point Blank – Aus kurzer Distanz“), nämlich einfach nur ein äußerst zähes, mäßig lustiges und aufgrund der unausstehlichen Hauptfigur alles andere als sympathisches Lustspiel mit dem Credo „Geiz ist geil!“. Dann allerdings versucht der hier auch als Drehbuchautor tätige Regisseur, einer vollkommen hanebüchenen Story eine emotionale Kehrtwende zu verpassen und plötzlich soll der Zuschauer, dem vorher fast ununterbrochen unter die Nase gerieben wurde, was für ein ätzender Zeitgenosse dieser François ist, dem Widerling nach einem Schicksalsschlag die Daumen drücken: ein schwieriges Manöver, das ziemlich schief geht. Und so überzeugt „Nichts zu verschenken“ abgesehen von wenigen Ausnahmen letztlich weder in den komischen, noch in den tragischen Momenten.

    François Gautier (Dany Boon) ist ein Geizhals wie er im Buche steht. Der egozentrische Orchestermusiker und Geigenlehrer bringt mit seinem Sparzwang regelmäßig sein Umfeld gegen sich auf. Er verzichtet nicht bloß freiwillig auf elektrisches Licht oder Warmwasser, an der Supermarktkasse wird er auch schon mal ungemütlich, wenn die Kassiererin einen Drei-Cent-Coupon nicht anerkennen will. Nicht einmal die charmante Cellistin Valérie (Laurence Arné), die ein Auge auf ihren Kollegen geworfen hat, kann den engstirnigen Mittvierziger aus seiner Komfortzone locken. Ein eigentlich romantisches Abendessen für Zwei endet im Desaster, als François zu geizig ist, die Rechnung zu bezahlen. Für ihn noch viel schlimmer wird es allerdings, als eines Tages seine ihm bis dato unbekannte Teenager-Tochter Laura (Noémie Schmidt) vor der Tür steht. Von einem Tag auf den anderen krempelt diese seinen ganzen Alltag konsequent um und François muss lernen, dass es im Leben nicht bloß auf den Kontostand ankommt.

    In der äußerst albern angelegten Eröffnungssequenz von „Nichts zu verschenken“ werden die Gründe für François‘ Sparzwang wie folgt erklärt: Noch im Mutterleib wird er Zeuge, wie sich seine Eltern permanent über die hohen Ausgaben des Vaters in den Haaren liegen. Meterlange Kassenbons, horrende Rechnungen und eine ungewisse Zukunft animieren François‘ Mutter zu einem Stoßgebet: Möge der eigene Sohn doch bitte niemals wie sein Vater werden! Immer die Worte der Mama im Ohr, wird das Sparen fortan zu François‘ Lebensinhalt. Da werden abgelaufene Kondome verwendet, in den Abfluss gefallene Zahncreme weiterbenutzt (schon jetzt eine der ekeligsten Szenen des laufenden Kinojahres!) und Ketchup-Tütchen aus dem Fast-Food-Restaurant aufbewahrt; kurzum: Das hier dargestellte Szenario eines Super-Sparers ist alles andere als realitätsnah, aber dafür steckt in ihm jede Menge Komödienpotenzial.

    Was die Drehbuchautoren Laurent Turner („Jacques – Entdecker der Ozeane“), Nicolas Cuche („Glück auf Umwegen“) und Fred Cavayé aus der Prämisse herausholen, ist dann allerdings ziemlich altbacken. Am spleenigsten ist es noch, wenn François regelmäßig seinen Bankberater aufsucht, um wie mit einem Psychotherapeuten über seine finanzielle Situation zu sprechen. Ansonsten sind die Gags oft reichlich abgegriffen: Der Vater stellt seiner Tochter das heiße Wasser ab, bis ein schriller Schrei aus dem Badezimmer ertönt, penibel hält er jede noch so kleine Selbstverständlichkeit auf knallroten Zettelchen fest („Kühlschrank bitte schnell wieder schließen“, „Kaffee erst abschmecken, dann nachzuckern“ und Co.) und wenn es irgendwo etwas umsonst gibt, greift François kräftig zu. Doch so ganz ohne Pfiff und die ein oder andere etwas originellere Zutat zünden die hier dargebrachten Pointen nur in Ausnahmefällen.

    Eine äußerst gelungene Konzertszene, in der François Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ in nur 12 Minuten herunterfiedelt – natürlich um Zeit zu sparen – bildet die rühmliche Ausnahme, während die zahlreichen schwerfälligen oder komplett missratenen Gags zunehmend zum Ballast für den Film werden – denn sie stehen der Handlungs- und Figurenentwicklung immer wieder im Wege. Was das angeht, geht es in „Nichts zu verschenken“ reichlich sprunghaft zu: Nach der François als Sparfuchs charakterisierenden Eröffnungssequenz folgt bereits das Kennenlernen zwischen ihm und Valérie, fast zeitgleich gibt sich Laura als seine Tochter zu erkennen und anschließend dreht sich alles darum, wie der Vater wider Willen seinen knauserigen Lebensstil mit zwei neuen Frauen in seinem Alltag unter einen Hut bringen kann. Ob nun ein gescheiterter Restaurantbesuch, eine aus dem Ruder laufende Nachbarschaftsversammlung oder eine von Valérie ins Leben gerufene Spendengala: Auf der Leinwand ist immer etwas los.

    Einige dieser Situationen sind recht reizvoll in Szene gesetzt, aber das ständige Gewusel hilft den Schauspielern nicht gerade dabei, den Figuren Konturen zu geben. Dany Boons François ist zwar passioniert unangenehm, doch bis zuletzt fehlt ihm jeder noch so kleine Funken Charisma. Weshalb sich Laurence Arnés („Willkommen in der Bretagne“) Valérie in den Pfennigfuchser verliebt, erschließt sich einem kaum, auch wenn die schöne Schauspielerin so herrlich schmachtend dreinschaut, dass es andersherum überhaupt nicht verwundert, dass François seine Gewohnheiten für Valérie wenigstens einmal überdenkt. Noémie Schmidt („Frühstück bei Monsieur Henri“) wiederum ist als unbedarft in das Leben ihres unbekannten Vaters tretende Tochter so zuckersüß, dass der Kontrast fast schon jede (Komödien-)Dimension sprengt und daher kaum noch lustig wirkt.

    Fazit: Mit Ausnahme von einer Handvoll Einzelszenen ist „Nichts zu verschenken“ eine zäh inszenierte Komödie mit altbackenen Gags. Die durch und durch unsympathische Geizhals-Hauptfigur würde sich diesen Film sparen...

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