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    Freelance
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Freelance

    Wo ist bloß die "Taken"-Power abgeblieben?

    Von Christoph Petersen

    Gleich mit seiner zweiten Regiearbeit hat der ehemalige Kameramann Pierre Morel moderne Genrefilm-Geschichte geschrieben – und dem damals bereits 56 Jahre alten Charakter-Darsteller Liam Neeson zudem eine zweite Karriere als Action-Star eröffnet: Für nur 25 Millionen Dollar gedreht, hat der brettharte Entführungs-Thriller „Taken – 96 Hours“ mehr als das Neunfache seines Budgets an den weltweiten Kinokassen eingespielt – und zudem auch noch zwei Kino-Fortsetzungen sowie eine TV-Serie nach sich gezogen. Aber während das von ihm selbst begründete Franchise mit „Taken 2“ (Einnahmen: 367 Millionen Dollar) und „Taken 3“ (326 Millionen Dollar) weitere Hits landete, konnte der Regisseur selbst nicht mehr an seinen frühen Erfolg anknüpfen – und damit ist leider nicht nur die finanzielle Seite gemeint.

    Dabei standen die Hollywood-Stars durchaus Schlange: Aber trotz John Travolta in „From Paris With Love“ (38 Prozent positive Kritiken auf RottenTomatoes), Sean Penn in „The Gunman“ (16 Prozent) und Jennifer Garner in „Peppermint“ (13 Prozent) ging es doch immer nur weiter nach unten – und es würde uns nicht verwundern, wenn sein neuestes Action-Abenteuer „Freelance“ sogar noch schlechter bei der internationalen Filmkritik abschneiden würde: Zwar konnte Pierre Morel mit John Cena und Alison Brie zwei angesagte Namen gewinnen, die vor allem auch für derberen Humor zu haben sind – aber statt seine Stars von der Leine zu lassen, ist der Franzose viel zu sehr damit beschäftigt, einen unnötig komplizierten Plot aufzurollen, der dafür sorgt, dass „Freelance“ über seine komplette 109-minütige Laufzeit hinweg nie richtig in die Gänge kommt.

    Der Top-Bodyguard Mason Pettis (John Cena) muss die Claire Wellington (Alison Brie) in den Wirren eines explosiven Staatsstreiches beschützen.

    Nach seinem Jurastudium hatte Mason Petit (John Cena) eine solche Angst, an einer eintönigen Weißer-Gartenzaun-Existenz zu zerbrechen, dass er stattdessen beim US-Militär angeheuert und dort schließlich sogar einen Platz bei den Special Forces ergattert hat. Aber dann kam es bei einem Einsatz gegen den südamerikanischen Diktator Venegas (Juan Pablo Raba) zur Katastrophe: Der Helikopter seiner Einheit wurde abgeschossen und Mason dabei so schwer am Rückgrat verletzt, dass er nun eben doch als Wald-und-Wiesen-Anwalt mit Mini-Kanzlei seine Brötchen verdienen muss, was ihn trotz Frau (Alice Eve) und Tochter allerdings so gar nicht ausfüllt.

    Und so ist es für Mason eine frohe Botschaft, als plötzlich ein ehemaliger Armee-Kumpel (Christian Slater) bei ihm auf der Matte steht und ihm einen Job als Bodyguard in seinem international tätigen Sicherheits-Unternehmen anbietet. Gleich sein erster Auftrag führt Mason allerdings direkt zurück nach Paldonia, wo noch immer Venegas an der Macht ist. Dort soll er die Journalistin Claire Wellington (Alison Brie) beschützen, die das erste Interview mit dem Diktator seit zehn Jahre führen soll. Aber schon auf dem Weg vom Flughafen gerät der Präsidentenkonvoi samt Mason und Claire in einen explosiven Putschversuch…

    Backstory statt Action & Humor

    Bei Masons Backstory wird besonders deutlich, was bei „Freelance“ schiefgelaufen ist: Es dauert zu Beginn nämlich erst einmal eine gefühlte Ewigkeit, bis der Film dieses ganze Hin und Her zwischen Jurastudent – Special Forces Soldat – Anwalt – Security-Experte endlich abgefrühstückt hat. Das macht den Protagonisten nicht nur auf Anhieb ziemlich unsympathisch, wenn er das Familienleben im tollen Haus mit Frau und Tochter offenbar zum Davonlaufen schrecklich findet. Vor allem ist es für den weiteren Verlauf ein immer wieder bremsender Ballast, dem der sonst gerne auf trockene Comedy spezialisierte John Cena („The Suicide Squad“) auch darstellerisch überhaupt nicht gewachsen ist.

    Alison Brie („GLOW“) ergeht es da als nach einem Recherchefehler zu hirnlosen Society-Berichten verdammte Top-Journalistin nicht viel besser: Zwar darf sie in einer Duschszene sowie bei einem ziemlich cringe-würdigen Flirtversuch auch diesmal wieder auf gewohnt trockene Art mit ihrem Sexappeal kokettieren, aber darüber hinaus bekommt auch sie erschreckend wenig zu tun. Der Einzige, der überhaupt zu verstehen scheint, in was für einer Art von Film er hier eigentlich gerade spielt, ist Juan Pablo Raba als Dressman-Diktator mit großer goldener Wumme. Im Verlauf des Films unterläuft er immer konsequenter das Klischee eines typischen Bananenrepublik-Führers (und damit zugleich die Erwartungen des Publikums). Ein paar dieser satirischen Momente, wenn sich etwa Diktator und Rebellenführer als alte Schulfreunde entpuppen, sind die einzigen tatsächlich zündenden Pointen Film.

    Trotz extragroßer Wumme gibt es in „Freelance“ erstaunlich wenige Actionszenen.

    Wenn John Cena im Finale in Zeitlupe das Magazin eines mächtigen MGs in Richtung der feindlichen Söldner-Schergen entlädt, ist das natürlich eine bewusste Anspielung auf ikonische Achtzigerjahre-Action-Posen von Sylvester Stallone in „Rambo“ bis Arnold Schwarzenegger in „Predator“. Dass „Freelance“ bei einem solchen Vergleich fast zwangsläufig den Kürzeren zieht, liegt auf der Hand – aber wie unspektakulär die (erstaunlich rar gesäte) Action hier trotz eines kolportierten Budgets von mindestens 40 Millionen Dollar geraten ist, überrascht trotzdem. Mit Ausnahme einer Reitszene mit einer falsch herum auf dem Pferd sitzenden Alison Brie gibt es kaum einen kreativen Einfall …

    … stattdessen dominieren CGI-Matsch (etwa bei einem Helikopter-Absturz) sowie schwache Green-Screen-Effekte. Am enttäuschendsten ist aber trotzdem das „große“ Finale, bei dem ewig lang verschiedene Söldner-Trupps im Präsidentenpalast aufeinander losballern – und zwar nicht nur ohne Sinn und Verstand, sondern auch ohne Härte, Abwechslung oder komödiantisches Timing. Am Ende hat Mason (irgendwo und irgendwie) gelernt, dass Familie doch am wichtigsten ist – zumindest, wenn man die eine oder andere Million mehr auf dem Konto hat. „Freelance“ ist tatsächlich der erste Film, in dem der WWE-Supercharmeur John Cena richtiggehend unsympathisch rüberkommt…

    Fazit: Mit John Cena und Alison Brie hat „Taken“-Regisseur Pierre Morel eigentlich genau die richtigen Stars für eine hochtourig-derbe Action-Komödie angeheuert – aber da das Skript ihnen weder zündende Pointen noch spektakuläre Setpieces serviert, ist „Freelance“ über weite Strecken trotzdem einfach nur ziemlich öde.

     

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