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    Stoned
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Stoned
    Von Christoph Petersen

    1962 gehörte Brian Jones zu den Gründungsmitgliedern der legendären Rockband „Rolling Stones“ – er war ihr künstlerischer Antrieb und begabtester Musiker. 1969 wurde Jones aus der Band geschmissen, Alkohol und Drogen hatten bei ihm den Rock´n´Roll vollständig verdrängt. Wenige Monate später wurde Brian am Grund seines Pools treibend aufgefunden – der offizielle Befund des amtlichen Leichenbeschauers: Unfalltod durch Ertrinken. Aber wie bei jedem unerwarteten Tod einer Ikone – so auch bei Elvis, J.F.K. oder Lady Diana, um nur einige zu nennen – werden die Verschwörungstheorien, die sich über die Jahre entwickeln, immer verworrener. Auch Brian Jones sollte es nicht anders ergehen, über die Dekaden wurden mit Geoffrey Guilianos „Paint It Black“, Terry Rawlings „Who Killed Christopher Robin“ oder Anna Wholins „Death Of Brian Jones“ die verschiedensten Theorien medienwirksam zu Papier gebracht. Mit „Stoned“ haben die Drehbuchautoren Neal Purvis und Robert Wade (Johnny English), die die Fakten aus allen Veröffentlichungen zusammenwarfen und selbst noch eigene Untersuchung und Interviews dazu durchführten, nun die erste filmische Brian-Jones-Mordtheorie ins Rollen gebracht.

    „Stoned“ konzentriert sich auf die letzten Wochen im Leben von „Stones“-Gründer Brian Jones (Leo Gregory), wobei frühere Entwicklungen immer wieder in Rückblenden integriert werden. Durch Alkohol- und Drogensucht unfähig geworden, weiterhin als Gitarrist mit seiner Band zusammenzuarbeiten, verbringt Brian die meiste Zeit abgeschottet von der Außenwelt zusammen mit seiner Flamme Anna Wohlin (Tuva Novotny) in seinem Landhaus. Um ihn dort unter Kontrolle zu halten, schickt Tourmanager Tom Keylock (David Morrisey) einen befreundeten Bauunternehmer (Paddy Considine) zu Brian, um einige Arbeiten am Haus auszuführen und auf seinen Schützling, der sich immer mehr in psychedelischen Räuschen und erotischen Exzessen verliert, aufzupassen. Aber Frank ist so fasziniert von Brians außergewöhnlichen Persönlichkeit und seinem ausschweifenden Lebensstil, dass er sich immer mehr in eine Mischung aus Bewunderung und Eifersucht hineinsteigert. Als Brian ein weiteres Psychospiel mit seinem Gast treibt, kommt es zur Katastrophe…

    Schon nach wenigen Szenen ist klar, dass Debüt-Regisseur Stephen Woolley, der sich bisher vor allem als erfolgreicher Produzent solcher Filme wie Breakfast On Pluto, „Michael Collins“ oder „The Crying Game“ hervorgetan hat, zumindest filmisch kein großer Wurf gelungen ist. Viel zu bieder sind seine Bilder, die mehr an die Inszenierung einer runtergekurbelten Krimiserie als ein aufregendes Swinging-Sixties-Porträt erinnern. Extrem nervig ist auch der beliebige Umgang mit den zahlreichen Rückblenden. Ohne nachvollziehbare Differenzierung wechselt Wooley zwischen einer misslungenen Schwarz-Weiß-Optik und grellen oder verwaschenen Einstellungen hin und her.

    Auch inhaltlich kann „Stoned“ nicht wirklich überzeugen. Für ein Bio-Pic über das rasante Leben eines der größten Rock-Idole der Musikgeschichte ist er schlicht und einfach viel zu harmlos. Vor allem die dekadenten Orgien, bei denen die Mädchen zwar stets barbusig herumlaufen (während die Männer nie eine Hose anhaben, die Frauen aber immer einen Schlüpfer tragen), aber ansonsten alles recht gemäßigt abläuft, erinnern eher an Flaschendrehen auf einem Teenie-Geburtstag als an die Ausschweifungen eines drogenabhängigen Erotomanen. Nur in einer Szene, in der Brian seine Freundin Anita zusammenschlägt, beweist „Stoned“ eine gewisse Radikalität, die aber nicht zu dem biederen Rest des Films passt und so unangenehm aus dem Rahmen fällt. Die eingebaute Krimigeschichte um die Verschwörungstheorien zu Brians Tod ist zwar auf den ersten Blick nicht uninteressant, bleibt aber zu lange im Hintergrund, um wirklich Spannung aufkommen zu lassen. Erst in der letzten Viertelstunde stößt sie in den Vordergrund, aber da ist es schon zu spät, um am schwachen Gesamteindruck des Films noch etwas zu verbessern.

    Die Schauspiel-Leistungen in „Stoned“ schwanken zwischen recht ordentlich und totale Fehlbesetzung. Vor allem Paddy Considine (In America, My Summer Of Love) kann als Bauunternehmer Frank, der langsam dem faszinierenden Leben von Brian verfällt, mit einer nuancierten Darstellung der sich stetig steigernden Abhängigkeit überzeugen. Und auch Monet Mazur (Hart am Limit, Voll verheiratet) als Sex-Ikone Anita Pallenberg und David Morrissey (Entgleist), der hier im Gegensatz zu seinem katastrophalen Auftritt in Basic Instinct 2 doch tatsächlich Ausstrahlung zu besitzen scheint, als schleimiger, immer auf seinen Vorteil bedachter Tourmanager Tom machen ihre Sache gut. Weit weniger gelungen ist die Besetzung der „Rolling Stones“. Ist es bei Luke de Woolfson als Mick Jagger und Ben Whishaw (Layer Cake, demnächst als Jean-Baptiste Grenouille in Das Parfuem zu sehen) als Keith Richards noch verzeihlich, dass sie aus ihren zugegebenermaßen recht kleinen Rollen nicht mehr rausgeholt haben, ist der Auftritt von Leo Gregory (Hooligans) als Brian Jones schon fast eine mittlere Katastrophe: Durch seine nahezu gelangweilt abwesende Darstellung wirkt der gefährliche Exzentriker eher wie ein zahnloses Schoßhündchen.

    Auch die Berater um die echten „Stones“ scheinen von Woolleys Film nicht begeistert gewesen zu sein, haben sie ihm doch jegliche Rechte an den Songs der Gruppe verweigert, so dass das Bio-Pic über Brian Jones ohne ein einziges von ihm komponiertes Stück auskommen muss. Aber dass stört dann auch nicht mehr weiter, hat Woolley doch vorher schon bewiesen, dass ihm nicht nur die „Rolling Stones“ fehlen, sondern jegliches Gespür für Roch´n´Roll. So ist „Stoned“ nur für wirklich eingefleischte Brian-Jones- oder Stones-Fans zu empfehlen, ein durchschnittliches Publikum wird sich für diese saft- und kraftlose Thriller-Biographie kaum begeistern können.

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