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    Masters Of Horror: Jenifer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Masters Of Horror: Jenifer
    Von Christoph Petersen

    Dario Argento ist ganz klar einer jener Regisseure der „Masters Of Horror“-Reihe, die dem Titel der Serie in wirklich allen Belangen gerecht wird. Nach seinen guten, aber noch verhältnismäßig konventionellen Giallos „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ (´70), „Die neunschwänzige Katze“ und „Vier Fliegen auf grauem Samt“ (beide ´71) erschuf er mit seinen folgenden drei Filmen das Genre vollkommen neu und setzte damit bis heute (auch von ihm selbst) nie wieder erreichte Maßstäbe. „Profondo Rosso“ (´75), der vielleicht beste Horrorfilm aller Zeiten. „Suspiria“ (´77) und „Inferno“ (´80) versetzten den herkömmlichen Giallo mit übersinnlichen Komponenten und erreichten so eine unglaublich schaurige, einmalig schön fotografierte Atmosphäre. In den letzten Jahren ist es aber eher ruhig um den einstigen Meister geworden: Zwar kommt im Schnitt noch alle drei Jahre ein neuer Argento heraus, wobei diese auch nie wirklich mies sind, aber auch nicht mehr aus dem soliden Genredurchschnitt herausragen – und genau dieses Qualitätsurteil trifft leider auch auf Argentos „Masters Of Horror“-Beitrag, den mit Kannibalismus angereicherten Thriller „Jenifer“, wieder einmal voll zu.

    Nur durch einen Zufall kann Cop Frank Spirey (Steven Weber) die stumme Jenifer (Carrie Fleming) davor bewahren, von einem obdachlosen Spinner (Kevin Crofton) mit einem Schlachterbeil in handliche Portionen zerstückelt zu werden. Das eigentlich wunderschöne Mädchen, dessen Gesicht aber zu einer furchterregenden Fratze deformiert ist, soll nun in eine heruntergekommene Nervenheilanstalt eingewiesen werden. Doch Frank fühlt sich verantwortlich, will Jenifer lieber bei sich zuhause aufnehmen. Damit sind seine Frau und sein Sohn aber gar nicht einverstanden. Nachdem Jenifer genüsslich auf dem Dachboden die Hauskatze verspeist hat, ziehen sie aus. Als dann auch noch das Nachbarsmädchen und ein Freakshow-Besitzer dran glauben mussten, packt Frank seine Jenifer ins Auto und zieht mit ihr gemeinsam in eine abgelegene Waldhütte. Doch auch hier findet die entstellte Schönheit schnell neue Opfer…

    Von seiner Thematik her ist das Drehbuch von „Jenifer“ für einen Horrorfilm hochinteressant. Aus der düsteren „Die schöne und das Biest“-Variante hätte man aber mit Sicherheit eine ganze Menge mehr rausholen können. Leider legt Weber, der neben seiner Arbeit als Autor auch die Hauptrolle übernommen hat, den ganzen Film aber viel zu sehr auf die Schlusswendung hin an, vergisst für den Zuschauer auch zwischendurch mal die eine oder andere Überraschung bereit zu halten. Durch die Überkonstruktion kommt es auch dazu, dass der Zuschauer die Auflösung schon kennt, bevor er überhaupt weiß, worum es in der Geschichte eigentlich geht. Auch Webers schauspielerische Leistungen trägt nicht unbedingt zur Qualität des Films bei, kann man doch sein langsames, aber rückhaltlosen dem-geretteten-Mädchen-Verfallen nur durch den Verlauf der Handlung, aber keinesfalls anhand seiner Darstellung erahnen.

    Inszenatorisch setzt Argento nach seinen filmisch nur durchschnittlichen Thrillern „Sleepless“ und „The Card Player“ zu wahren Höheflügen an – natürlich immer mit der Einschränkung, dass hier TV-Maßstäbe anlegen werden müssen. Vor allem wenn mit Spiegelungen gearbeitet wird, springt die eine oder andere aufregende Szene dabei heraus. Gewürzt wird das Ganze noch mit einer Handvoll blutiger, atmosphärisch dichter, wenn auch nicht wirklich überraschender Gore-Einlagen, die in der Regel das Verschlingen schleimiger Dickdärme zum Höhepunkt haben. So ist „Jenifer“ aufgrund des schwächeren Drehbuchs trotz der gelungenen Inszenierung wie jeder Argento-Streifen der letzten fünfzehn Jahre zwar sehenswert, aber bei weitem kein Meisterwerk, wie man es bei den zahlreichen Klassikern in seiner Filmographie von ihm erhoffen sollte, aber wohl auch in der Zukunft nicht mehr realistisch von Argento erwarten kann.

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