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    Wo ist Fred?
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Wo ist Fred?
    Von Anne-Kathrin Peters

    Ein Typ, der sich aus niederen Beweggründen als Behinderter ausgibt, um sich dann unsterblich in eine Frau zu verlieben – klingt eigentlich nach einer originellen Idee, hatten wir aber in diesem Jahr schon einmal. In „Dabei sein ist alles" wollte Johnny Knoxville als Nicht-Behinderter bei den Paralympics so richtig abräumen, leider kam ihm dabei aber die Liebe in die Quere. Plagiatsvorwürfen wird sich Anno Sauls Verwechslungskomödie „Wo ist Fred?“, deren Punchline recht nah an der der amerikanischen Brachialcomedy liegt, aber wohl dennoch nicht ausgesetzt sehen – immerhin ist das Drehbuch der amerikanischen Autoren Cinco Paul und Ken Daurio schon ein wenig älter, erst als sie es in Hollywood nicht verkauft bekamen, erkannten die deutschen Produzenten ihre Chance. Eine Chance, die sich nun vor allem für den einheimischen Kinobesucher auszahlt, denn nachdem die deutsche Komödie in den letzten Jahren zu Recht ein Schattendasein fristete, bekommt man nun mit dem starbesetzten „Wo ist Fred?“ endlich mal wieder einen richtig lustigen Streifen geboten.

    Um das Herz seiner Freundin Mara (Anja Kling) endgültig zu erobern, muss Fred (Til Schweiger) zuerst einmal ihren verzogenen Sohn Linus für sich einnehmen. Doch das hört sich leichter an, als es tatsächlich ist. Nur mit einem von seinem Lieblingsstar von ALBA Berlin handsignierten Basketball würde sich der Lausebengel erweichen lassen. Dumm nur, dass solche Bälle stets auf die Behindertentribüne geworfen werden. Also packt Fred gemeinsam mit seinem besten Freund Alex (Jürgen Vogel) den Rollstuhl aus und schleicht sich so auf die Behindertentribüne, wo er gegen seine Mitstreiter ein leichtes Spiel zu haben glaubt. Doch zum einen entpuppt sich Rollstuhlfahrer Ronnie (Christoph Maria Herbst), seineszeichen größter Alba-Fan aller Zeiten, als erbitterter, zu allem bereiter Gegenspieler. Und zum anderen verliebt sich Fred in die Jungregisseurin Denise (Alexandra Maria Lara), die einen Werbefilm über die Behindertenarbeit von ALBA dreht. Weil sie ihn als Fänger des Balls unbedingt zum Hauptprotagonisten ihres Films machen will, ist Fred wohl oder übel gezwungen, die brüchige Fassade noch für einige Zeit weiter aufrecht zu erhalten, was natürlich schon bald zu allerlei aberwitziger Verwicklungen führt…

    Nachdem er Mitte der 90er Jahre mit „Der bewegte Mann“ und „Knockin´ On Heaven´s Door“ zwei Komödienhighlights abgeliefert hat, war die Qualität von Til-Schweiger-Filmen in der letzten Dekade – vorsichtig ausgedrückt – durchwachsen. Mit der romantischen Komödie Barfuß glückte ihm im vergangenen Jahr ein echtes Comeback (auf dem Regiestuhl, in der Hauptrolle und beim Publikum), doch wenn die deutschen Kinogänger mitspielen, könnte er sich weiter nach oben spielen (der riesige Erfolg von „(T)Raumschiff Surprise - Periode 1“ hatte nichts mit Schweiger tun zu). Die Qualität von „Wo ist Fred?“ stimmt jedenfalls. Das Drehbuch bietet ein reichhaltiges Sammelsurium an Situationskomik, Screwball-Elementen, romantischer Komödie und ab und an auch mal eine gesunde Portion überdrehten Schwachsinn. So kommt trotz 107 Minuten keine Sekunde Langeweile auf. Und die „Momente“ des Films folgen hier so eng aufeinander, dass die kleineren dramaturgischen Schwächen, die das Große und Ganze durchaus aufweist, nie merklich ins Gewicht fallen.

    Es gibt einfache, aber dann meist auch verdammt dumme Arten, sich über Behinderte lustig zu machen. Glücklicherweise haben die Autoren hier keine solche gewählt – eher das Gegenteil ist der Fall: Obwohl zwar oft ziemlich laut, ist der Humor in „Wo ist Fred?“ meist auch überraschend intelligent. Er entsteht nämlich nicht aus der Behinderung selbst, sondern immer aus dem Umgang anderer mit dieser. So muss Fred zum Beispiel, immer wenn ihm jemand auf die Schliche zu kommen scheint, einfach nur eine selten dämliche Grimasse schneiden und ein wenig sabbern – und schon nehmen ihm die anderen die Behinderung sofort wieder ab. Ein sehr kritischer, düsterer Spiegel, der hier einer Gesellschaft vorgehalten wird, die Behinderte oft auf nicht mehr als ein Sabbern reduziert. Es ist dem Film hoch anzurechnen, dass er diese kritischen Untertöne fast durchgängig beibehält und sie dennoch in für den Kinobesucher urkomische Szenen verpackt bekommt.

    Trotz dem guten und abwechslungsreichen Skript steht und fällt eine Komödie im Stile von „Wo ist Fred?“ mit der Besetzung. Und die setzt dem Ganzen in diesem Fall noch das Sahnehäubchen auf. Vor allem Til Schweiger (Barfuß, King Arthur) meistert hier eine relativ schwierige Aufgabe – zum einen bietet er genug Charisma auf, um seine Figur trotz ihres negativen Verhaltens zu Beginn doch noch sympathisch erscheinen zu lassen. Und zum anderen versucht er sich glücklicherweise gar nicht erst an so etwas wie Method Acting, sondern spielt den Behinderten stattdessen mit schon fast anarchischem Augenzwinkern. Ihm gegenüber steht eine wundervolle Alexandra Maria Lara (Der Fischer und seine Frau, Offset, Der Untergang), der hier zwar schauspielerisch kaum etwas abverlangt wird, die mit ihrer unglaublichen Ausstrahlung aber dennoch jede Einstellung an sich reißt. Einziges kleines Manko ist, dass man den beiden Hauptdarstellern ihre Liebesgeschichte nicht in allen Momenten wirklich abnimmt – aber bei dieser Rom-Com haben die komischen Elemente vor den romantischen halt nun einmal stets Vorrang.

    Auch die übrigen Parts sind hervorragend besetzt. Man mag darüber streiten, ob Jürgen Vogels (Der freie Wille, Ein Freund von mir) Qualitäten in der Rolle des Sidekicks nicht ein wenig verschenkt wurden, aber er gibt Schweiger die Stichworte auf jeden Fall mit viel skurrilem Witz und alternativem Charme. Das Gefühl, Christoph Maria Herbst (Der Wixxer) momentan in Kino und Fernsehen gar nicht mehr entgehen zu können, kann man wohl kaum als trügerisch bezeichnen. Aber solange bei seinen zahlreichen Engagements weiterhin so einzigartige Typen wie der Rollstuhlfahrer Ronnie herauskommen, sollte man ihm diesen umtriebigen Arbeitsstil allerdings auch nicht vorwerfen. So lässt sich der Film mit einer simplen Gleichung zusammenfassen: „Wo ist Fred?“ = blöder Titel, aber saukomisches Kinovergnügen.

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