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    Blind Wedding - Hilfe, sie hat ja gesagt!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Blind Wedding - Hilfe, sie hat ja gesagt!
    Von Christoph Petersen

    Man kann sich mit einem Fallschirm in 4000 Meter Höhe aus einem Flugzeug stürzen oder sich ganz klassisch niederknien, man kann romantisch Essen gehen und den Ring in einem Champagnerglas versenken oder den Brautvater mit Kamelen bestechen – die Möglichkeiten, jemandem einen Heiratsantrag zu machen, sind unbegrenzt. Was man aber vielleicht nicht machen sollte, zumindest wenn man eine positive Antwort erwartet, ist einfach bei einem wildfremden Menschen in einem Frühstückscafé um seine Hand anzuhalten. Doch genau dies tut Anderson, die Hauptfigur in Michael Ian Blacks romantischer Komödie „Blind Wedding“, und hat – zu seiner eigenen Verwunderung – auch noch Erfolg damit. Eine gelungene Ausgangssituation für eine Rom-Com. Doch der Film holt aus dieser guten Grundidee kaum etwas heraus, stattdessen versteift er sich nach einer ordentlichen ersten halben Stunde auf anzügliche Zoten und seine hanebüchenen – bis nervigen – Nebenfiguren. Schade, denn dank dem funktionierenden Leinwandpaar Biggs/Fisher wäre hier deutlich mehr drin gewesen.

    Weiße Engelsflügel, ein rot glitzernder Damenslip und jede Menge Babyöl – in diesem Amor-Kostüm steht Anderson (Jason Biggs) vor dem Restaurant, in dem er seiner großen Liebe Vanessa (Audra Blaser, Bandidas) gleich einen Antrag machen möchte. Als der Hobby-Poet seiner Angebeteten ein romantisches Gedicht vorträgt, bricht diese jedoch mit einem Herzinfarkt tot zusammen. Ein Jahr lang weint Anderson seiner Fast-Verlobten nach. Kumpel Ted (Michael Weston, Garden State), dem das dauernde Selbstmitleid tierisch auf den Keks geht, versucht alles, um den Trauernden wieder auf Kurs zu bringen. Um endlich seine Ruhe zu haben, willigt Anderson ein, es noch ein einziges letztes Mal mit den Frauen zu probieren. Er fragt die ihm völlig fremde Kellnerin Katie (Isla Fisher), ob sie ihn nicht heiraten würde. Zur Überraschung aller sagt diese tatsächlich „ja“. Nun werden die üblichen Beziehungsschritte Zusammenziehen, Schwiegereltern kennen lernen, usw. in Rekordzeit abgehakt, um möglichst schnell vor den Traualtar treten zu können…

    Katie: „Anderson, when you asked me to marry you, you probably picked the only girl in the whole world, who would say yes. I don´t think, that´s a coincidence. … Do you believe in fate?”

    Anderson: „No.

    Karie: „Neither do I. You see, this is meant to be!”

    Blind- und Speed-Dating sind „out“. Blind-Wedding ist „in“. Die Idee, dass sich zwei komplett Fremde aus dem Nichts dazu entscheiden, sich das Ja-Wort zu geben, bietet genug komisches und romantisches Potential, um aus ihr eine anständige Rom-Com zu kreieren. Hinzu kommt ein Leinwandpaar, bei dem die Chemie stimmt: Jason Biggs (American Pie, American Pie 2, American Pie 3, Anything Else) reißt seine Paraderolle als sympathischer Loser routiniert runter. Und Sacha Baron Borat Cohens Verlobte Isla Fisher (Swimming Pool, Scooby Doo, Hot Rod, Die Regeln der Gewalt) ist als spontan-romantische Kellnerin einfach hinreißend – und dazu auch noch verdammt süß! Regisseur Black hatte also eigentlich keinen allzu schweren Job. Trotzdem hat er ihn vermurkst. Nachdem Katie Andersons Antrag angenommen hat, spielen die beiden als Paar kaum noch eine Rolle – entweder ist Black, der auch das Drehbuch geschrieben hat, nichts mehr eingefallen oder er traut seiner eigenen Story nicht so recht über den Weg. Stattdessen konzentriert sich der Film fortan fast ausschließlich auf seine überwiegend nervigen Nebenfiguren.

    Katies Vater Smitty (Joe Pantoliano, Memento) ist ein soziopathischer Verbrecher/Sexhengst, der aus dem Gefängnis ausbricht, um seine Tochter zum Traualtar zu führen, Katies Ex-Verlobter William (Chris Diamantopoulos) ein latent schwuler Scharade-Weltmeister. Und Andersons übergewichtige Eltern Lyle (Edward Herrmann, Factory Girl, Aviator) und Betsy (Margo Martindale, Die Geschwister Savage, Walk Hard: The Dewey Cox Story) frönen heimlich frivolen Sexspielchen mit viel Sahne und jungen, gut gebauten Blondinen. Die einzig gelungene Figur in dieser Freakshow ist Katies Stiefvater Kyle (Rob Corddry, Nach 7 Tagen – Ausgeflittert), der im Keller Spielzeug für jüdische Kinder – unter anderem einen Hula-Hopp-Reifen in Form eines Davidsterns – bastelt. Doch solche intelligenteren Gags sind selten, meist bekommt man nicht mehr als billige Sexwitzchen serviert – es ist schlicht unlustig, wenn Anderson von seinem Vater feierlich dessen altgedienten Penisring geschenkt kriegt! Dazu kommt noch, dass „Blind Wedding“ jegliches Kinoformat vermissen lässt. Der Film ist trotz der guten Voraussetzungen nur eine romantische Komödie unter vielen, wie sie jeden Monat en masse die Videothekenregale stürmen. Die Entscheidung des amerikanischen Verleihs, den Film Direct-to-DVD zu veröffentlichen, ist daher nicht nur verständlich, sondern richtig.

    Fazit: „Blind Wedding” bietet eine amüsante Grundidee und ein sympathisches Hauptdarsteller-Duo. Doch das fehlende Kinoformat, die affigen Nebenfiguren und das unnötige Einstreuen von niveaulosen Zoten ziehen den Film runter.

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