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    Masters of Horror: Homecoming
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Masters of Horror: Homecoming
    Von Christoph Petersen

    Mit „Piranhas“ und „Das Tier“ hat Kultregisseur Joe Dante zwei Archetypen des modernen Horrorfilms geschaffen. Hinzu kommen mit den beiden von Steven Spielberg produzierten „Gremlins“-Teilen noch zwei schwarzhumorige Mainstream-Highlights der 80er-Jahre. Über die Frage, ob er das Prädikat „Master Of Horror“ nun eigentlich verdient hat, muss man bei Dante also wahrlich nicht länger streiten. Überraschend ist hingegen, dass er mit seinem Serienbeitrag, dem Zombiefilm „Homecoming“, keinesfalls in der großen Tradition seiner frühen Genrestreifen steht. Stattdessen ist „Homecoming“ eine konsequente Weiterführung der Anti-Kriegs-Elemente aus seiner oft als Kinderfilm missinterpretierten Fantasy-Satire „Small Soldiers“. Gewürzt werden diese hier noch mit bitterböser, auf jede Subtilität pfeifender Kritik an den verlogenen Wahlcampagnen der Republikaner und Präsident Bush selbst. Also kein typischer Zombiesplatter, sondern eine zwar blutarme, dafür aber ansonsten umso radikalere politische Abrechnung.

    “If I had one wish, I would wish for your son to come back. Because he would tell us, how important this struggle is." (Die Antwort des republikanischen Sprechers David Murch auf die Sorgen einer Mutter, die Angst hat, ihr Sohn könnte im Irak für eine Lüge gestorben sein.)

    Dieser unvorsichtige Wunsch ist natürlich nicht mehr als sinnfreies Wahlkampf-Gelaber, aber dennoch kommen nur wenige Tage später die ersten Irak-Veteranen aus ihren Särgen gekrochen. Aber nicht etwa, um ihre Mitmenschen zu verspeisen, sondern lediglich, um ihren Bürgerpflichten nachzukommen und bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen ihre Stimme abzugeben. Ein gefundenes Fressen für Pressesprecher Murch (Jon Tenney) und die republikanische Bestsellerautorin Jane Cleaver (Thea Gill), die die Rückkehrer für ihre Zwecke ausschlachten wollen. Dumm nur, dass die Zombies keinesfalls beabsichtigen, ihren ehemaligen Kommandanten in seinem Amt zu bestätigen, sondern ihn stattdessen für seine Massenvernichtungswaffen-Lügen abzustrafen. Also Kommando zurück, Ende mit dem Wahlrecht für alle und die – seitdem sie sich als demokratische Wähler geoutet haben – als Gefahr für die Nationale Sicherheit verschrienen Zombies werden in einer Art neues Guantanamo zusammengepfercht…

    „We sold a war on nothing else than horseshit!"

    Spätestens seit George A. Romeros „… Of The Dead“-Reihe ist klar, dass das Zombiegenre zu den politisch motiviertesten überhaupt zählt. War Die Nacht der lebenden Toten noch eine bittere Abrechnung mit dem Vietnamkrieg, übte „Zombie – Dawn Of The Dead“ treffende Konsumkritik und „Zombie 2 – Day Of The Dead“ beschäftigte sich mit der problematischen Zusammenarbeit von Wissenschaft und Militär. Außer dass Dante in „Homecoming“ im Gegensatz zu Romero auf Splatterelemente verzichtet, gibt es zwischen den beiden Herangehensweisen aber noch einen zweiten bedeutenden Unterschied. Waren bei Romero Zombies und Leichenberge immer nur als Metaphern zu verstehen, verzichtet Dante auf jegliche Subtilität oder Doppeldeutigkeit – hier stehen die Zombies nicht metaphorisch für irgendwelche Soldaten, sondern die im Irak getöteten Soldaten stehen selber auf, um Gerechtigkeit zu erlangen.

    „We do what is best for America. If the voters disagree, that´s their problem. We count the votes!" (die Wahlkampfleiterin der republikanischen Partei)

    Zusammengehalten wird die Dramaturgie des Films von der fiktiven Polit-Talkshow Marty Clark (Terry David Mulligan) Live – hier werden die taktischen Statements abgegeben, bevor sich die Politiker dann im Hotelzimmer bei Sado-Maso-Spielchen über die dämliche Öffentlichkeit lustig machen. Dabei nimmt Dantes Satire vor allem zwei Themen zielsicher aufs Korn. Zum einen den „offenen“ Wahlbetrug in Bezug auf den Krieg im Irak. Bei Sätzen wie „Unsere mutigen Jungs dort drüben wissen, dass sie für die gerechte Sache kämpfen/gestorben sind.“ kommt einem natürlich schon so die Galle hoch, aber in „Homecoming“ wird dieses selbstgerechte Idiotengefasel auch noch so treffend überspitzt, dass auch der letzte Trottel merken müsste, wie abartig und doppelbödig die rechte Wahlkampfstrategie ist. Zum anderen kriegen die Republikaner aber auch noch für den wirklich illegalen – Stichwort: Florida – Wahlbetrug gehörig ihr Fett weg. Dass damals selbst Stimmen von Saldaten in Übersee für gültig erklärt wurden, die nachweislich erst Tage nach der Wahl überhaupt abgeschickt wurden, ist nur den Statements der Bush-Regierung zu verdanken, man könne solchen verdienten Männern doch ihre Bürgerrechte nicht entziehen. Natürlich war der Hintergedanke dabei, dass die meisten Soldaten nun einmal republikanisch wählen. „Homecoming“ stellt nun die interessante Frage, was passiert wäre, wenn die Soldaten ein eher demokratisches Völkchen gewesen wären. Und gibt auf diese Frage auch sogleich eine ebenso lustige wie gespenstische Antwort.

    „How the Radical Left took over the News" (Titel eines Buchs von Jane Cleaver)

    Natürlich wäre dieser Buchtitel, wäre er denn ernst gemeint, die reinste Verhöhnung – haben doch vor allem Dank Rupert Murdoch gerade die Rechten die amerikanischen Medien unterjocht. So haben zum Beispiel die Fox-News, die mit dem Werbeslogan „Fair And Balanced“ werben, vor den letzten Präsidentschaftswahlen schon Wochen im Voraus stets den Spruch „noch XX Tage bis zu Bushs Wiederwahl“ eingeblendet. Mit Jane und David sind die beiden Hauptfiguren in „Homecoming“ genau solche Medienmanipulatoren und Dante hat sie – auch wenn man sowohl bei Jon Tenney als auch bei Thea Gill hin und wieder kleinere schauspielerische Schwächen in Kauf nehmen muss – einfach hervorragend getroffen. Das abgebrühte Einbeziehen von klassischen Werten und abgehangenen Pathos wurde von Drehbuchautor Sam Hamm so treffend in schnittige Dialoge verpackt, dass die verlogenen Diskussionen auch direkt aus jeder politischen US-Talkshow übernommen worden sein könnten. All diese passenden Zutaten sorgen dafür, dass „Homecoming“ im Gegensatz zu der wegen purer Harmlosigkeit hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Politsatire American Dreamz auf der ganzen Linie überzeugt und ein absolut erschreckendes Amerikabild zeichnet, dass den geneigten Zuschauer aber über die 56 Minuten zusätzlich auch noch super unterhält.

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