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    Alles über Eva
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Alles über Eva
    Von Alina Bacher

    Das Leben der Schönen und Reichen hat schon immer eine Faszination auf den Durchschnittsbürger ausgeübt. Kaviar und Champagner zum Frühstück, Schmuck, der annähernd soviel wie ein nettes Einfamilienhaus kostet, wallende Abendroben und Edelkarossen. Wer hätte das nicht gern? Ein Leben als Star wirkt nach außen wirklich perfekt. Doch hinter den Kulissen sieht es meist ganz anders aus. Allerdings interessiert das nur die Wenigsten. Ein wirklich eingefleischter Fan kann noch so viel über sein Idol wissen, alles wird er wohl nie erfahren. Und genau hier steigt Joseph L. Mankiewiczs Klassiker „Alles über Eva“ ein. Mit einer hochkarätigen Besetzung, allen voran die bezaubernde Hollywood-Ikone Bette Davis, zeichnet der Film das harte Showbusiness vor und hinter der Bühne nach. Der Weg vom Nobody zum Star - und welche Opfer dafür gebracht werden müssen - steht dabei im Vordergrund. Das faszinierende Melodrama mit einer ordentlichen Portion Humor gewährt dem Publikum einen Einblick, wie es hinter der bunten Glitzerfassade der großen Theaterproduktionen der 50er Jahre wirklich zuging. Und das mit einem frechen, innovativen und zeitlosen Drehbuch und wahrhaft grandiosen Schauspielern.

    Margo Channing (Bette Davis) hat geschafft, wovon tausende von Starlets träumen: Sie ist DER Star am Theaterhimmel. Drehbücher werden exakt auf sie zugeschnitten, die Kritiker überschlagen sich und das Publikum vergöttert sie. Doch die Bühnendiva hat ein Problem: Mit ihren 40 Jahren wird sie langsam zu alt für das Geschäft. Ihr Alter macht Margo zunehmend zu schaffen, denn sie befürchtet, dass ihr acht Jahre jüngerer Liebhaber Bill Sampson (Gary Merrill), ein erfolgreicher Regisseur, sein Liebesglück bei einem der hübschen, blonden Starlets suchen könnte. Ihre beste Freundin Karen Richards (Celeste Holm), die Frau eines bedeutenden Bühnenautors, heitert Margo immer wieder auf. Um ihr eine Freude zu machen, bringt Karen eines Tages die junge Eve (Anne Baxter) mit zu Margo in die Garderobe. Eve Harrington ist ein eingefleischter Fan ihres Idols Margo Channing: Sie hat keine Aufführung verpasst, liest jeden Artikel über sie und wartet jeden Tag am Bühneneingang auf ihr Vorbild. Als die zierliche Eve von ihrer schweren und schicksalsreichen Vergangenheit erzählt, weckt das den Beschützerinstinkt in Margo. Fortan lebt Eve bei ihr im Haus, regelt ihre Geschäfte, kümmert sich um Termine. Kurzum: ein Mädchen für alles. Kein Wunder, dass Margos einflussreiche Freunde von der fleißigen, demütigen, genügsamen jungen Eve sofort angetan sind. Nach und nach kopiert Eve ihr großes Vorbild und schafft es sogar, durch gezielte Intrigen, ihre Zweitbesetzung zu werden. Als Margo versteht, dass Eves unterwürfige Unschuld nur gespielt ist und sie in Wahrheit den großen Durchbruch als Schauspielerin schaffen möchte, ist es bereits zu spät. Mit ihrer gekünstelten Kindlichkeit hat Eve alle um den Finger gewickelt. Doch das größte Geheimnis über Eve bleibt noch zu lüften. Der einflussreiche Theaterkritiker Addison DeWitt (George Sanders) ist der einzige, der die Machenschaften der Eve Harrington kennt. Nur er allein weiß alles über Eve…

    Für den Erfolg gehen manche Menschen über Leichen. Eve Harrington gehört zu dieser Sorte Mensch. Doch mit ihrem Schauspieltalent schafft sie es, alle hinters Licht zu führen. „Alles über Eva“ ist ein Film, der nie an Aktualität verlieren wird. Besonders in der heutigen Zeit, die vom Medienrummel über Stars und Sternchen regiert wird, wirkt „Alles über Eva“ fast beängstigend zeitgemäß. Die Klatschzeitschriften sind voll von „kleinen Eves“, die alles für eine Schlagzeile tun. Gezielt erschaffene Skandale, plötzlich auftauchende Nacktfotos, Brüstewiegen im Fernsehen - es gibt nichts, was die Boulevard-Lieblinge auslassen, um einmal kurz im Rampenlicht zu stehen. Doch „Alles über Eva“ glänzt nicht nur durch seine Aktualität. Mit viel Sarkasmus nimmt Regisseur und Drehbuchautor Joseph L. Mankiewicz die glitzernde Theaterwelt gehörig aufs Korn und hält ihr einen Spiegel vor. So hart kann Showbusiness sein. Mit 14 Oscarnominierungen (sechs davon gewonnen) zählt der Film mit zu den erfolgreichsten Produktionen aller Zeiten. Der Rekord konnte erst 1997 von James Camerons „Titanic“ gebrochen werden, der von seinen 14 Nominierungen insgesamt elf Oscars ergattern konnte. Natürlich sagt die Zahl der Nominierungen nicht zwangsläufig etwas über die Güte des Films aus, doch „Alles über Eva“ hat seine Goldjungs redlich verdient. Allein der Aufbau des Films ist preisverdächtig. Die Eröffnungsszene zeigt eine etwas bieder anmutende Preisverleihung, die Sarah Siddons Awards. Während die Kamera über die Gäste schweift, führt uns ein Erzähler in die Geschichte ein und stellt die Charaktere vor. Der Blick fällt auf Eve, die gerade ihre Trophäe überreicht bekommt, das Bild wird eingefroren und ein allwissender Erzähler (allwissend in wirklich jedem Sinn, denn nur er weiß alles über Eve) macht dem Publikum klar:

    „Eve. Eve the Golden Girl, the Cover Girl, the Girl next Door, the Girl on the Moon. Time has been good to Eve. Life goes where she goes. She's the profiled, covered, revealed, reported. What she eats and what she wears and whom she knows and where she was, and when and where she's going. Eve. You all know All About Eve. What can there be to know that you don't know?”

    Von nun an wird die Geschichte in Rückblenden erzählt. Karen Richards, die Frau des berühmten Bühnenautor Lloyd Richards, erinnert sich an ihre erste Begegnung mit Eve Harrington. Die Geschichte kann beginnen. So wundervoll wie der Film begonnen hat, endet er auch wieder. Nachdem der Zuschauer wirklich alles über Eve erfahren hat, geht die Preisverleihung weiter. Der Rahmen ist vollendet, die Geschichte in sich abgerundet und trotzdem bleibt zum Schluss noch eine kleine Überraschung, die dem ganzen Film eine sehr sarkastische Note verleiht.

    Die Hauptrolle der Margo Channing sollte eigentlich von Claudette Colbert übernommen werden, die allerdings wegen einer Wirbelverletzung ausfiel. So ging die Rolle an Bette Davis, die kurze Zeit zuvor der Leinwand den Rücken gekehrt hatte, da sie sich mit 42 Jahren zu alt für das junge, glamouröse Hollywood fühlte. Die Rolle der Margo Channing begeisterte sie sofort und sollte die Hollywood-Diva erneut zu Ruhm und Ehre führen. Ohne Zweifel ist Davis’ Performance in „Alles über Eva“ eine der besten, die sie jemals an den Tag legte. Mit viel Charisma und weiblicher Eleganz spielt Davis die alternde Diva Margo Channing und wurde für ihre Leistung sogar für den Oscar nominiert. Die damals 27-jährige Anne Baxter ist für die Rolle der undurchsichtigen Eve Harrington wie geschaffen. Einerseits verzauberte sie als nette, hilfsbereite, naive Schönheit vom Lande, andererseits zeigt sie die ehrgeizige, falsche und intrigante Seite der Titelrolle. Beide Gesichter des Charakters spielt Anne Baxter glaubwürdig und auch sie bekam eine Oscarnominierung. Ein besonderer Leckerbissen für Cineasten ist die Hollywood-Ikone Marilyn Monroe, die damals noch am Anfang ihrer Karriere stand. Die Rolle des ausgebooteten Starlets bekommt im Nachhinein einen ironischen Beigeschmack, wenn man die weitere Laufbahn der Monroe betrachtet. Wurde sie doch einige Jahre später zur größten Ikone weiblicher Verführung. Die männlichen Hauptrollen, allen voran der kühle Theaterkritiker Addison DeWitt (George Sanders), stehen ihren weiblichen Gegenparts in keinster Weise nach. George Sanders verleiht dem ebenfalls intriganten Kritiker ein Gesicht, das sich so schnell nicht vergessen lässt. Immer rauchend und scheinbar undurchschaubar, ist sein Charakter der einzige, der Eves falsches Spiel erkannt hat. Garry Merrill, der als Margos Liebhaber Bill Sampson überzeugt, gewann nicht nur vor der Kamera Bette Davis’ Herz. Gleich nach den Dreharbeiten gaben sich die beiden Schauspieler auch privat das Ja-Wort. Die schönsten Geschichten schreibt doch immer noch das Leben.

    Joseph L. Mankiewicz, der sowohl für die Regie, als auch für das Drehbuch verantwortlich war, macht diesen Film zu einem wahren Klassiker. Die Regiearbeit ist beeindruckend, allen voran die Erzähltechnik, dicht gefolgt von der eindringlichen Kameraführung. Auch die Dialoge sprühen vor Charme und Sarkasmus, und geben dem Melodrama einen humorvollen Beigeschmack. Das fand auch die Academy und verlieh Mankiewicz 1951 den Oscar für die beste Regie und das beste Drehbuch.

    „Alles über Eva“ ist ein zauberhafter Klassiker mit einer hochkarätigen Besetzung und einem frechen und charmanten Drehbuch. Eine Hommage an die großen Hollywood-Diven der 50er, die mit bissigem Humor der Showbranchen den Spiegel vorhält. Zeitloses Kino, das wirklich in keiner Sammlung fehlen sollte.

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