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    Michael Jackson's This Is It
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Michael Jackson's This Is It
    Von Christoph Petersen

    Nach dem tragischen Tod Michael Jacksons am 25. Juni 2009 waren die Aufnahmen der Proben zu der für diesen Sommer angesetzten Konzertserie „This Is It“ plötzlich pures Gold wert. Und nachdem der Hype um den „King Of Pop“ bereits die Alben des Sängers zurück an die Spitze der Charts gespült hatte (Mitte Juli belegte er in Deutschland sogar zeitweise die Plätze eins bis sechs), ließen es sich die Verantwortlichen (sprich: die Jackson-Erben und der Konzertveranstalter AEG Live) natürlich nicht nehmen, auch noch aus diesen Mitschnitten Kapital zu schlagen - alles im Sinne der Fans, versteht sich. Je nach Einspiel muss das produzierende Studio Columbia Pictures mindestens 60 Millionen Dollar für die Rechte hinblättern. Als Regisseur für den Zusammenschnitt wurde der Choreograph und Filmemacher Kenny Ortega angeheuert. Eine logische Wahl, zeichnete der High School Musical-Erfinder doch auch schon für die Bühnenshow der geplanten Konzerttour verantwortlich. Doch das Material, das ihm für „Michael Jackson’s This Is It“ zur Verfügung stand, war nun einmal nicht für eine Kinoauswertung gedacht - und das merkt man der Konzert-Doku auch an.

    Die Aufnahmen zeigen einen überraschend fitten Michael Jackson, der sich akribisch auf die 50 anstehenden Auftritte in der Londoner O2 Arena vorbereitet. Dazwischen geschnitten sind immer wieder kurze Interviewschnipsel mit Musikern, Tänzern und Backgroundsängern, die von der Zusammenarbeit mit Jackson berichten. Mehr als die üblichen oberflächlichen Lobhudeleien, wie sie sich im Making-Of auf jeder zweiten DVD finden lassen, kommen dabei allerdings nicht heraus. Dazu gibt es noch extra für die Konzerte angefertigte Kurzfilme zu den Songs „Smooth Criminal“, „Thriller“ und „Earth Song“, die ursprünglich für die Videoleinwände im Hintergrund der Bühne gedacht waren. Während der „Smooth Criminal“-Short, in dem Jackson anstelle von Glenn Ford in den schwarz-weißen Noir-Klassiker Gilda mit Rita Hayworth aus dem Jahr 1946 abtaucht, wirklich gelungen ist, und der 3D-Grusel „Thriller“ zumindest zu amüsieren vermag, erweist sich der Schmetterlingmädchen-flüchtet-vor-Planierraupe-durch-brennenden-Wald-Clip zum „Earth Song“ als purer Kitsch.

    Wer nach dem Tod von Michael Jackson nun hofft, noch ein letztes Mal einen Blick in die Seele des Sängers erhaschen zu können, wird enttäuscht. Wenn er Kritik an anderen äußert, fügt Jackson stets ein entschuldigendes „with love“ hinzu. Und gen Ende hält er noch eine Ansprache, in der er seine Mitstreiter anregt, alles mit Liebe zu tun und die Umwelt zu retten. Doch das war es dann auch schon mit persönlichen Einblicken. Über die Tänzer, deren Casting-Prozedere zu Beginn kurz mit abgehakt wird, erfährt man da schon fast mehr als über den eigentlichen Star der Veranstaltung.

    Die Aufnahmen von Proben waren nie für die Augen der Öffentlichkeit und erst recht nicht für eine Kinoleinwand bestimmt. Vielmehr ließ Jackson sie speziell für sein Privatarchiv anfertigen. Wenn er nun bei „Billy Jean“ abgeht wie zu besten Zeiten, beweist Jackson seinen Kritikern zwar, dass er es immer noch drauf hat, doch die Qualität der Szenen erinnert mitunter an YouTube und die Einstellungen sind immer ähnlich. Gerade bei einer Konzert-Doku mit Michael Jackson, der die Musikvideobranche mit seinen Clips ein ums andere Mal auf den Kopf stellte, wiegen diese Mängel natürlich besonders schwer. Es gelingt Kenny Ortega allerdings immer dann, etwas mehr Schwung und Abwechslung in die Angelegenheit zu bringen, wenn ihm zusätzlich gedrehtes Material - wie etwa die erwähnten Kurzfilme - zum Kombinieren mit den Probenaufnahmen zur Verfügung steht. Besonders im Fall von „Smooth Criminal“ ist dieser Zusammenschnitt aus dokumentarischen Aufnahmen und extra produziertem Material hervorragend gelungen.

    Als langjähriger Arbeitskollege und guter Freund von Jackson ist Kenny Ortega natürlich sehr daran gelegen, den „King Of Pop“ im bestmöglichen Licht erscheinen zu lassen. Und so zeigt er ihn als hochprofessionellen, engagierten und extrem zuvorkommenden Künstler ohne jeden Makel. Dabei ist es längst kein Geheimnis mehr, dass Jackson die Proben streckenweise überhaupt nur noch mit Hilfe starker Schmerzmittel stemmen konnte. Die Legende Michael Jackson sowie eigentlich das gesamte Leben des Entertainers birgt eine große, bittersüße Tragik in sich - und es wird ihm deshalb weder als Künstler noch als Mensch gerecht, wenn diese Facette einfach zugunsten einer Friede-Freude-Eierkuchen-Dokumentation außen vor gelassen wird. „Michael Jackson’s This Is It“ eignet sich dazu, noch ein letztes Mal mit ihm gemeinsam seine Musik zu feiern und sich von ihm zu verabschieden. Doch Jacksons Vermächtnis sollten andere Dinge ausmachen, die sein Genie und seine Ambivalenz besser transportieren.

    Fazit: „Michael Jackson’s This Is It“ ist ein nur stellenweise mitreißender Ausverkauf einer Poplegende.

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