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Erich Fischer
20 Kritiken
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4,0
Veröffentlicht am 18. Juni 2022
Ich frage mich, ob der Kritiker von Filmstarts denselben Film gesehen hat wie ich. Inwiefern sollen die Figuren nur "oberflächlich gezeichnete Stereotypen" sein? Die seelische Verfassung der beiden vom Schmerz zerrissenen Väter und die Auswirkung auf ihr Umfeld wird durchaus eindrucksvoll ausgeleuchtet und wirkt auf einen teilnahmsvollen Zuschauer nachvollziehbar und ergreifend, also alles andere als "flach". Der häufige Wechsel der beiden Zeitebenen ist hier keinesfalls störend, da er meist in einem Augenblick erfolgt, wo es erstens Parallelen zwischen Gegenwart und Vergangenheit gibt, und es zweitens durch den dazwischen liegenden Zeitraum von 50 Jahren und das damit unterschiedliche Lokalkolorit zu keiner Verwirrung kommen kann. Zufällig habe ich am selben Tag den Film "Liebe und Lügen" gesehen, wo ständig vollkommen unnötig hirnlose Zeitsprünge innerhalb ein paar Tagen erfolgen, die man nur an der unterschiedlichen Frisur des Hauptdarstellers erkennen kann, was ich sehr irritierend und ärgerlich gefunden habe. Bei "Stolen Lives" machen die beiden geschickt miteinander verwobenen, aber klar erkennbaren Erzählstränge in weit auseinanderliegenden Zeiten hingegen Sinn, ich kann da nichts "Enervierendes" daran finden. Von "inszenatorischen und erzählerischen Schwächen" für mich keine Spur. Dieses ruhige Thrillerdrama ist auch ohne hektische Action für einen der Empathie fähigen Zuschauer wirklich spannend, wozu die durch die Bank glaubhaften Schauspieler und die bedrückend geschilderte 1950-Jahre-Atmosphäre im ländlichen Amerika einen wesentlichen Teil beitragen. Insgesamt ein sehr sehenswerter Film!
"Viele Jahre lang habe ich von dem Augenblick geträumt, an dem ich endlich meinen Sohn finden würde. [...] Meine größte Angst ist das, wenn ich ihn finde, vielleicht von uns nicht mehr genug übrig ist." (Filmzitat)
Detective Tom Adkins ist ein gebrochener Mann, seit er sich die Schuld am Verschwinden seines kleinen Sohnes gibt. Als bei Bauarbeiten die Leiche eines Jungen gefunden wird, die seit 50 Jahren unter der Erde liegt, entdeckt er bei der Untersuchung des Falls Parallelen zum Verschwinden seines eigenen Sohnes, wodurch ihn der Fall nicht mehr loslässt.
Wahnsinn.. was für ein Film!
Ich hatte noch nie von "Stolen Lives" gehört und bin eigentlich nur durch Rhona Mitra auf den Streifen aufmerksam geworden. Die Britin habe ich seit "Highwaymen" (2003) und "Doomsday" (2008) ins Herz geschlossen. Als ich gelesen habe, dass sie im Cast dieses Films dabei ist, habe ich mir gedacht: Ok, den gibst du dir. Was ich dann in den nächsten gut 80 Minuten erlebt habe, hat mich schlichtweg überwältigt.
Das Storygerüst rund um ein verschwundenes Kind und eine nach 50 Jahren gefundene Jungenleiche bildet ein solides Fundament für den Film und weckt sogleich eine gewisse Neugier, da relativ schnell klar wird, dass die beiden Fälle irgendwie zusammenhängen. Während sich der Film in den ersten 15 Minuten darauf konzentriert, die Figur des Tom Adkins nach dem Verschwinden seines Jungen näher zu beleuchten, dabei vorallem auch auf die Beziehung zu seiner Frau und seine Selbstvorwürfe eingeht, wechselt der Film plötzlich auf eine zweite Handlungsebene in der Vergangenheit, in deren Fokus der Familienvater Matthew Wakefield und seine drei Söhne stehen. Ab diesem Zeitpunkt werden die Handlungen auf beiden Zeitebenen parallel vorangetrieben, wobei die Geschichte rund um die Figur des Matthew Wakefield und insbesondere die seines geistig etwas zurückgebliebenen Sohnes John auf tragische und erschütternde Weise zunehmend ins Blickfeld rücken.
Die wahre Stärke von "Stolen Lives" liegt in seiner wirklich ergreifenden Inszenierung! Ich gehöre nicht zu den Menschen, die bei so etwas schnell sentimental werden, aber dieser Film hat es geschafft, mich dahingehend an die Grenze zu bringen. Der Film wird über die gesamte Laufzeit von einer traurigen Grundstimmung getragen, in der es zwischendurch immer Lichtblicke in Form von Hoffnung und ein bisschen Glück gibt. Dass das so gut gelingt, liegt zum einen an dem exellent aufspielenden Cast rund um Jon Hamm und Josh Lucas, die ihren Figuren unglaubliche Tiefe verleihen und deren Traurigkeit und Verzweiflung so nah an den Zuschauer getragen wird, dass man sich diesen Gefühlen nicht entziehen kann. Zum anderen trägt die musikalische Untermalung des Komponisten Trevor Morris in den emotional bewegensten Momenten dazu bei, dass diese in ihrer Wucht und Intensität ihresgleichen suchen.
Der Film endet schließlich mit einem der möglicherweise besten Abschlussmonologe, die ich bisher in Filmen gesehen bzw. gehört habe. Schlussendlich muss ich sagen: das ist ein Film, der mich bewegt hat, der im Kopf geblieben ist und bei dem es ein bisschen gedauert hat, bis ich das Geschehene gefühlsmäßig verarbeitet habe. Und so ist auch die ursprüngliche Intention für das Ansehen des Filmes (Rhona Mitra) völlig in den Hintergrund gerückt, weil mich der Film auf eine Gefühlsachterbahn geschickt hat, die ich a) garnicht erwartet hatte und b) bis dato in dieser Form (sprich: mit diesem Storysetting) anderweitig auch noch nicht erleben durfte.
Insofern finde ich es schade, dass der Film relativ unbekannt ist und möchte jedem, der auf eine ruhige, aber spannende Rahmenhandlung sowie gefühlsstarke Filmmomente steht, diese geniale Mischung aus Drama/Thriller absolut empfehlen. Wie die Filmstarts-Kritik von nur 2 Punkten zustande kommt, ist mir völlig unverständlich.