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    Lord Of The Dance 3D
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Lord Of The Dance 3D
    Von Jan Görner

    Während 1996 der Modetanz Macarena mit Sambarhythmen über die Erde fegte, erlebte die Popkultur auch den Beginn eines anderen Tanz-Phänomens: Im Juni desselben Jahres nämlich feierte das von Michael Flatley initiierte Stepptanz-Musical „Lord of the Dance" in Irland Premiere. Flatley, im Jahr zuvor noch wegen Differenzen über die künstlerische Kontrolle aus der artverwandten Produktion „Riverdance" ausgeschieden, gelang es mit der Verbindung aus traditionellem irischem Stepptanz, keltischen Sagen und zeitgemäßer Vermarktung einen sensationellen Erfolg zu landen, der bis heute anhält. Und während die Show mit zwei Ensembles gleichzeitig die Stadien und Arenen rund um den Globus bespielt und inzwischen mehr als 50 Millionen Zuschauer begeisterte, geht nun Marcus Viners Filmfassung „Lord of the Dance in 3D" in ausgewählten Kinos auf Tour.

    Aufgezeichnet im Dezember 2010 in der O2-Arena Dublin ist die Geschichte im Wesentlichen die gleiche wie in der Bühnenversion: Der charismatische Lord of the Dance (Michael Flatley) muss seinen Titel gegen einen finsteren Widersacher, den Dark Lord Don Dorcha, verteidigen. Gleichzeitig kämpft er um die Liebe der reinherzigen Saoirse (Bernadette Flynn) und gegen die Einschmeichelungen der Verführerin Morrighan. In einzelnen Episoden wird die Handlung ohne Text vorangetrieben, bis es schließlich zum Showdown zwischen dem rechtmäßigen Tanz-Fürsten und dem Usurpator kommt.

    Was musste sich Michael Flatley im Laufe seiner Karriere schon alles anhören? Ein Größenwahnsinniger sei er, ein Kontroll-Freak und Schaumschläger. So lässt es sich der irischstämmige Amerikaner auch nicht nehmen, in den ersten Minuten von „Lord of the Dance in 3D" ein paar einleitende Worte zu sprechen. Und während Flatley in salbungsvollem Schwarz-Weiß die Erfolgsgeschichte seines Projektes nachzeichnet – „Everybody said it couldn't be done" –, muss seine Kritiker mehr und mehr das Gefühl beschleichen, hier rechne jemand ein für alle mal mit ihnen ab: Schaut her, schreibt über mich, was ihr wollt, trotzdem ist jede meiner Vorstellungen ausverkauft! Und unter einem zahlenden Auditorium von mindestens 12.000 Personen betritt ein Michael Flatley schon gar nicht mehr die Bühne!

    Eine entscheidende Frage allerdings, die „Lord of the Dance in 3D" ebenso aufwirft wie andere Konzertfilme dieser Art, ist diese: Kann eine eigens für den Film aufgeführte Show die Erfahrung eines Live-Aufzugs ersetzen? Nicht einmal ansatzweise. Ohne die ansteckende Energie eines ekstatisch feiernden Publikums tritt schnell die unerbittliche Gleichförmigkeit der Stepptanz-Performance zutage. Auch die überaus simple und vorhersehbare Geschichte hält trotz eigentlich moderater Laufzeit kaum bei der Stange. Bei diesem abwechslungs- und spannungsarmen Stoff bleibt Regisseur Marcus Viner nur die Tanz-Darbietung, um noch beim Kino-Publikum zu punkten.

    Und die beeindruckt nach wie vor. Wenn bis zu 30 Tänzer unisono die Füße wirbeln lassen, ist es schwer, sich der Faszination von Rhythmik und Körperlichkeit zu entziehen – für anderthalb Stunden Kino ist das jedoch zu wenig. Der Einsatz der 3D-Technik erscheint seinerseits wenig konsequent. Flatley großspuriger Ankündigung folgend, jeder eingenommene Cent würde wieder in die Show investiert werden, sind die Kulissen entsprechend einer Live-Vorstellung ausgeleuchtet. Schwarze Kostüme vor schwarzem Hintergrund allerdings sind eine denkbar schlechte Voraussetzung für ein starkes 3D-Erlebnis, zumal die Bildverdunkelung durch 3D-Brillen ohnehin ein bislang ungelöstes Problem der gesamten Branche darstellt. Bis auf einen Konfettiregen gegen Ende und ein paar nette Pyroeffekte ist vom vermeintlichen Zauber der Dreidimensionalität nicht viel zu spüren.

    Unglücklicherweise wirkt auch die Übertragung von Kostümen und Schauspiel von der Bühne auf die große Leinwand eher lächerlich denn elegant. So ist besonders der im schwarzen Nieten-Look gehaltene Aufzug des dunklen Lords dazu gedacht, die optische Einführung des Antagonisten auch in den letzten Winkel einer gigantischen Mehrzweckhalle zu tragen. Ohne diese räumliche Distanz wirkt die maßlos überzogene Verkleidung schlichtweg albern. Ähnlich verhält es sich mit den überlebensgroßen Gesten, derer sich der Bösewicht befleißigt. Beides ist einfach nicht für eine Betrachtung aus der Nähe ausgelegt. Hier werden die unterschiedlichen Wirkungsweisen beider Medien, der Halleninszenierung und des Kinos, sichtbar.

    Anspruch und Wirklichkeit driften bei „Lord of the Dance in 3D" spürbar auseinander. Empfehlenswert für Fans, die bereits eine Karte für die Show gelöst haben, aber in der hintersten Reihe auf die Monitor-Übertragung angewiesen waren, hat Micheal Flatley hier offenbar lediglich eine neue Vermarktungsmöglichkeit gefunden, um seinen großen Traum zu refinanzieren. Wer die Alternative hat, sich die ungleich kostspieligere Live-Variante zu gestatten, darf um die Kino-Fassung guten Gewissens einen weiten Bogen schlagen.

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