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    Top Girl oder la déformation professionnelle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Top Girl oder la déformation professionnelle
    Von Michael Meyns

    Mit distanziertem, kühlem Blick beschäftigt sich Tatjana Turanskyj in „Top Girl oder la déformation professionnelle“ mit dem Thema Prostitution. Als essayistischen Spielfilm bezeichnet die Regisseurin diesen zweiten Teil einer geplanten Trilogie über das weite Feld Frauen und Arbeit, die sie mit „Eine flexible Frau“ begonnen hatte. Dementsprechend analytisch ist auch ihre Herangehensweise, wenn sie das Leben einer Escort-Dame in Berlin in losen Szenen zeigt. Alltag wechselt sich mit Arbeit ab, Kunden kommen und gehen, doch so normal, ja geradezu banal dieses Leben auch wirkt, nach und nach zeigt sich die schon im Untertitel angedeutete berufsbedingte Deformation. Der entscheidende Punkt ist nun, dass diese nicht in erster Linie durch die Arbeit als Prostituierte verursacht wird, sondern durch eine patriarchalische Gesellschaft, die den beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten von Frauen immer noch skeptisch gegenüber steht.

    Um diesen Aspekt zu verdeutlichen, unterläuft Regisseurin Turanskyj im letzten Drittel ihres Films die lockere Erzählform der ersten Stunde. Nach den zwischen dem Escort-Job, ihren Versuchen als Schauspielerin zu reüssieren und Alltagsszenen mit ihrer Tochter wechselnden Momentaufnahmen, wechselt die 29-jährige Helena (Julia Hummer) durch den Kontakt zu  einem Stammkunden (gespielt von Regisseur R.P. Kahl) plötzlich in eine aktive Rolle. Sie macht andere Frauen nun ihrerseits zu Objekten, wodurch klar wird, dass zunehmende Macht und größerer Einfluss auch im Bereich der Prostitution zum allmählichen Verlust der eigenen Werte führt. Diese Erkenntnis trichtert uns die Regisseurin auf recht plakative Weise ein, was die Überzeugungskraft ein wenig schmälert. Doch über weite Strecken ist „Top Girl oder la déformation professionnelle“ ein klug kontrollierter Film über Arbeit und Prostitution, der gerade durch seinen dezidiert weiblichen Blick überzeugt.

    Fazit: Mit „Top Girl oder la déformation professionnelle“ legt Tatjana Turanskyj den sehenswerten zweiten Teil eines Trilogie-Projekts über das weite Feld Frauen und Arbeit vor. Ihre Analyse von Machtstrukturen reicht dabei weit über das konkret betrachtete Thema Prostitution hinaus.

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