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    Queen Of Earth
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Queen Of Earth
    Von Ulf Lepelmeier

    Wie schnell eine vermeintlich enge Freundschaft sich verflüchtigen kann, wie aus Neid und fehlendem Verständnis Vorwürfe und Anfeindungen erwachsen, die sich in zunehmenden Spannungen entladen, das zeigt Regisseur Alex Ross Perry („The Color Wheel“) in seinem effektvoll mit Horrorfilmelementen versetzten Psychodrama „Queen Of Earth“. Noch stärker als in seinem vorangegangenem Film „Listen Up Philip“ setzt der amerikanische Regisseur dabei auf die schauspielerische Präsenz von Elisabeth Moss („Mad Men“, „Top of the Lake“). Schon die Eröffnungssequenz des sehenswerten „Queen Of Earth“ wird von einer ausdrucksstarken Großaufnahme des Gesichts der Hauptdarstellerin dominiert und im weiteren Verlauf des Films folgen immer wieder ähnliche Einstellungen.

    Catherine (Elisabeth Moss) und ihre Freundin Virginia (Katherine Waterston) wollen wie schon im Jahr davor eine Woche in einem abgelegenen Ferienhaus verbringen. Kurz vor der Urlaubswoche ist Catherines Vater verstorben, außerdem wurde sie von ihrem Freund verlassen. Sie erhofft sich nun Trost von Virginia, nachdem diese während des vorigen gemeinsamen Aufenthalts am See ihrerseits eine depressive Phase durchlebt hatte. Doch die freundschaftlichen Gespräche werden schon bald von Eifersucht, giftigen Phrasen und Wut überlagert. Als Virginia auch noch mit dem herausfordernden Nachbarn Rich (Patrick Fugit) anbandelt, verschärft sich ohnehin angespannte Atmosphäre zusehends …

    Die Ausgangssituation ist im Grunde die eines dramatischen Kammerspiels um eine fragile Freundschaft, doch Regisseur Alex Ross Perry verpasst seinem Film von Anfang an einen Anstrich von Psycho-Horror und baut knisternde Spannung auf. Mit gezielt irritierenden Schnitten und einer Unheil verkündenden musikalischen Untermalung setzt er einen wirkungsvollen Kontrast zu der idyllischen Natur und der Ruhe des Hauses am See, während er in geschickt eingestreuten Rückblenden offenbart, dass das Verhältnis zwischen den beiden jungen Frauen auch im letztjährigen Urlaub schon kein allzu vertrauensvolles mehr war.

    Während die beklemmende Stimmung von „Queen Of Earth“ an die Horrorfilme von Roman Polanski („Ekel“, „Der Mieter“) erinnert, verlangen die zuweilen ziellos erscheinenden Dialogszenen und die extrem langen Einstellungen dem Zuschauer einige Geduld ab. Regisseur Perry selbst sieht eine gewisse Nähe seines Films zu Rainer Werner Fassbinders Meisterwerk „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“, bei beiden Werken handele es sich um stilistisch überhöhte Frauendramen an einem einzigen Handlungsort, in denen ein emotionaler Ausnahmezustand erzeugt und geschildert wird. Überdies haben die Werke beide eine herausragende Hauptdarstellerin.

    Alle Mitglieder der kleinen Besetzung zeigen sehr gute Leistungen, Katherine Waterston beweist als Virginia wie schon in Paul Thomas Andersons „Inherent Vice“, dass sie zu den interessantesten jungen Schauspielerinnen des gegenwärtigen amerikanischen Kinos gehört. Doch zum Ereignis wird „Queen Of Earth“ durch Elisabeth Moss: Sie offenbart in der fordernden Rolle der schwer greifbaren Catherine ein erstaunlich großes Spektrum an Emotionen, faszinierend facettenreich arbeitet sie den Wandel der depressiven Figur von lähmender Betrübnis zu immer stärkerer Unberechenbarkeit heraus.   

    Fazit: Regisseur Alex Ross Perry macht aus „Queen Of Earth“ ein ebenso forderndes wie fesselndes Horror-Kammerspiel, während Hauptdarstellerin Elisabeth Moss nichts weniger als eine Meisterleistung zeigt.

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