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    Table 19 - Liebe ist fehl am Platz
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Table 19 - Liebe ist fehl am Platz
    Von Asokan Nirmalarajah

    Niemand ist entspannt auf Hochzeiten. Die Braut ist ein Nervenbündel. Der Bräutigam ist chronisch überfordert. Die betrunkene Schwiegermutter lässt ihren Herzschmerz beim Karaoke aus. Und die Brautjungfern zupfen genervt an ihren einförmigen Kleidern herum. Schlimmer noch ist es für die Gäste, die lieber ganz woanders wären und nur auf den kurzen Moment warten, in dem sie dem verschwitzten, erschöpften Brautpaar gratulieren und ein Geschenk überreichen können. Es soll ja schließlich jeder mitbekommen, dass sie fürs kostenlose Essen Stunden der Langeweile auf sich genommen haben: So oder ähnlich sieht es nicht selten aus, wenn in Hollywood-Komödien der „schönste Tag des Lebens“ gefeiert wird. Auch Regisseur Jeffrey Blitz weicht in seiner Tragikomödie „Table 19 - Liebe ist fehl am Platz“ nicht wesentlich von diesem Bild ab. Er zeichnet die Hochzeitsfeier in seinem sympathischen Ensemblefilm über eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe schräger, unglücklicher Außenseiter, die sich an dem Tisch für ungebetene Gäste wiederfinden, als ein beklemmendes soziales Ritual, aus dem es auszubrechen gilt.

    Am Tisch 19 der Hochzeitsfeier von Francie (Rya Meyers) sitzen sechs Personen: das zerstrittene Ehepaar Jerry und Bina Kepp (Craig Robinson und Lisa Kudrow), der vorübergehend entlassene Häftling Walter (Stephen Merchant), das pensionierte Kindermädchen Jo (June Squibb), der einsame Schwerenöter Renzo (Tony Revolori) und die verbitterte, verstoßene Brautjungfer Eloise (Anna Kendrick). Sie kannten sich vorher nicht, haben aber gemeinsam, dass sie sich nur widerwillig auf dieser Feier befinden. Die Festivitäten finden zu allem Überfluss auf einer Insel statt, die man nur mit einer selten verkehrenden Fähre verlassen kann. Zunächst suchen die sechs Außenseiter noch Anschluss an die Festgesellschaft, doch dann entscheiden sie sich, den Feierlichkeiten den Rücken zu kehren und auf eigene Faust die umliegenden Wälder zu erkunden…

    Das ursprüngliche Drehbuch zu „Table 19“ stammt von Jay und Mark Duplass. Ursprünglich sollten die Brüder, die sich mit kauzigen Außenseiter-Komödien wie „Cyrus“ und „Jeff, der noch zu Hause lebt“ als neue Stars des US-Independent-Films etablierten, auch Regie führen. Bereits 2011 übernahm dann Jeffrey Blitz („Spellbound“) das Projekt, doch die Dreharbeiten fanden erst 2015 statt. Der Regisseur versammelte ein bemerkenswertes Ensemble an Comedy-Talenten, angeführt von Anna Kendrick („Pitch Perfect“), die 2007 in Blitz‘ „Rocket Science“ eine ihrer ersten Hauptrollen gespielt hat, „Friends“-Veteranin Lisa Kudrow und „The Grand Budapest Hotel“-Entdeckung Tony Revolori. Doch die langwierige Entstehungsgeschichte ist dem Film anzumerken, Drehbuch und Inszenierung wirken unausgegoren und unentschieden, den an sich spannenden Figuren fehlt die psychologische Tiefe.

    Immer wieder flüchtet sich Regisseur Jeffrey Blitz in selten zündende Situationskomik und Slapstick, um die Lücken zu schließen zwischen all den bittersüßen Szenen, in denen die Figuren in schwermütige Monologe verfallen. Sie alle sind Melancholiker ohne Perspektive und Hoffnung, voller Sarkasmus und Egoismus – also typische Duplass-Protagonisten. Und die perfekt ausgewählten Darsteller finden für ihre Figuren allesamt eine überzeugende Balance zwischen Komik und Tragik verleihen. Doch das gilt leider nicht für den Film als Ganzes, Blitz schwankt allzu unentschlossen zwischen Komödie und Drama findet dabei selten den richtigen Ton für seine Geschichte. Aber diese erzählerischen Unwuchten sind letztlich auch nicht ohne Reiz, außerdem hat der Film genug ehrliche Dialoge, komplizierte Figuren und amüsante Situationen, um über einige platte Klischees und das äußerst aufgezwungene Happy End hinwegzutrösten.

    Fazit: „Table 19“ ist ein wenig wie die Hochzeitsfeier, von der im Film erzählt wird – nur kürzer. Die Tragikomödie ist mal lustig, mal melancholisch, bietet interessante Typen und viel Herz, aber langweilt einen auch hin und wieder. Vieles vergisst man hinterher schnell, aber man ist doch froh, dabei gewesen zu sein.

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