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    Liliane Susewind - Ein tierisches Abenteuer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Liliane Susewind - Ein tierisches Abenteuer
    Von Antje Wessels

    „Mit Elefanten spricht man nicht“, „Tiger küssen keine Löwen“ und „So springt man nicht mit Pferden um“ – das sind nur drei von mittlerweile 18 Bänden aus der Kinderbuchreihe „Liliane Susewind“. Seit dem Erstling von 2007 verkaufen sich die vor allem an eine Leserschaft im Grundschulalter gerichteten Bücher wie geschnitten Brot. Die Titelheldin Liliane, kurz Lilli, ist eine Art Nachwuchs-Doktor-Doolittle, die es mit verschiedenen Vierbeinern zu tun bekommt und im Zuge aufregender Abenteuer alles über deren Eigenheiten und Lebensbedingungen erfährt. Dabei wird mit viel Leidenschaft ein friedvolles Miteinander zwischen Mensch und Tier propagiert - eine Leidenschaft, die der ersten Film-Adaption der Reihe leider fehlt. „Die wilden Kerle“-Mastermind Joachim interessiert sich nicht für das Credo der Bücher und macht aus der charmanten Vorlage über eine harmlose und herzensgute Tierflüsterin in „Liliane Susewind – Ein tierisches Abenteuer“ eine überdrehte Groteske mit ätzenden Figuren, derbem Slapstick und keinerlei Gespür für die emotionale Seite des Stoffes.

    Die elfjährige Liliane Susewind (Malu Leicher) führt gemeinsam mit ihren Eltern Regina (Peri Baumeister) und Ferdinand (Tom Beck) ein unbeschwertes Leben. Eine Sache unterscheidet sie allerdings von ihren gleichaltrigen Schulkameraden: Liliane versteht die Sprache der Tiere und ist mit allerlei geschwätzigem Vierbeinern befreundet, während sie in der Schule eher eine Außenseiterin ist. Ihre ungewöhnliche Gabe hat sie und ihre Familie bereits in die ein oder andere missliche Lage gebracht, sodass die Susewinds schon diverse Male umziehen mussten. Aber das soll sich jetzt endlich ändern: Regina bittet ihre Tochter, fortan nicht mehr mit Tieren zu sprechen. Doch das ist gar nicht so einfach, denn als Liliane und ihre Klasse während ihrer Projektwoche im nahegelegenen Zoo Paradisia aushelfen, erfährt Liliane von einem einsamen Elefantenbaby, dass nachts Tiere aus dem Park verschwinden. Gemeinsam mit dem hochbegabten Jess (Aaron Kissiov) beschließt sie, herauszufinden, was hinter den geheimnisvollen Tierdiebstählen steckt…

    Spätestens mit dem zweiten Film war die Reihe um die kickenden „Wilden Kerle“ bei den meisten Kritikern unten durch. Regisseur und Autor Joachim Masannek war es einfach nicht gelungen, zwischen all der aufgesetzten Coolness auch noch Herz unterzubringen. In den Fußballfilmen dominierte zeitweise sogar eher eine aggressive Grundstimmung, wenn sich die Kids gegenseitig verprügelten und übelste Beschimpfungen an den Kopf warfen. Ganz so derbe geht es in „Liliane Susewind – Ein tierisches Abenteuer“ immerhin nicht zu, doch auch hier regiert die Überzeichnung. Während sich die unverbrauchten Nachwuchsdarsteller um Natürlichkeit bemühen und tapfer gegen die bisweilen hanebüchen konstruierten Dialoge anspielen, finden sich unter den erwachsenen Figuren fast ausschließlich Karikaturen.

    Vom billigen Catwoman-Abklatsch (Aylin Tetzel als Schurkin) über den grenzenlos naiven Zoowärter (Christoph Maria Herbst) bis hin zur trottelig-verhuschten Zoobesitzerin Oberst Essig (Meret Becker) besitzt keine der relevanten Nebenfiguren auch nur einen Hauch Erdung. Die Darsteller unterstreichen das mit ihrer betont affektierten Spielweise noch, wobei in dieser Hinsicht eine der jüngeren Mitwirkenden den Vogel abschießt: Newcomerin Felice Ahrens hat in der Knallchargen-Rolle der als schrille Oberzicke angelegten Trixie gar keine Chance auf so etwas wie Differenzierung und so bleibt die Figur eine Nervensäge der längst nicht mehr unterhaltsamen Kategorie.

    Erzählerische Feinheiten sind hier nicht zu finden, aber immerhin beeindruckt das Paradisia-Setting, für das ein stillgelegter Bahnhof in der Nähe von Aachen in einen Zoo umgewandelt wurde - aufwendig, detailreich und zuckersüß. Die Computeranimationen fallen allerdings für einen Film aus dem Jahr 2018 mehr als enttäuschend aus: Um den Tieren menschliche Züge verleihen zu können, hat man einige von ihnen am Rechner generiert, aber gerade neben einem echten ausgewachsenen Elefanten wirkt etwa der kleine Ronni, als sei er einem Videogame aus den 90er Jahren entsprungen und fügt sich optisch überhaupt nicht in die reale Umgebung ein. Dasselbe gilt für die Pinguine und generell für die Mundbewegungen der mit Liliane sprechenden Tiere.

    Apropos sprechende Tiere: Lilis bestem Freund, dem Parson Russell Terrier Bonsai (Lars Dietrich), einen fetten Berliner Akzent anzudichten und auch viele der anderen Vierbeiner mit einem vermeintlich witzigen Sprachtick auszustatten, ist genauso altbacken wie der Kniff, dass sich die beiden vertrottelten Polizisten des Films andauernd versprechen müssen. So wird das kindliche Publikum auf wenig feine Art dazu animiert, die Ordnungshüter und ihre Inkompetenz auszulachen.

    Zu einem modernen Kinderfilm gehört neben Smartphones und Selfies heutzutage immer auch noch ein fetziger Song – und in diesem findet sich auf den letzten Metern von „Liliane Susewind – Ein tierisches Abenteuer“ komprimiert noch einmal all das, was in diesem Film falsch läuft. Während die Kids hölzern (und selbstverständlich per perfektioniert-sterilem Playback) in völlig weltfremdem Teenie-Sprech ihre Hip-Hop-Zeilen vortragen, geben sich die restlichen Figuren albern-ungelenken Tanzeinlagen hin. Das ist – wie schon so vieles davor – wenig witzig.

    Die Essenz der Buchreihe wird hier nicht nur weggelassen, sondern durch grobe Albernheiten wie Esel mit Durchfall, Rotze niesende Elefanten und einen extrem müffelnden Tierpfleger (der hässlichste Running Gag des Films) ersetzt. Auch Furzwitze und ähnliches können natürlich lustig sein, aber Masanneks Adaption bleibt dabei so einseitig und schematisch, dass auch dieses Vergnügen schnell schal wird, zumal das große Herz der Vorlage vollkommen fehlt.

    Fazit: In den „Liliane Susewind“-Büchern geht es um den respektvollen Umgang des Menschen mit Tieren. In dieser albernen, auch tricktechnisch missratenen Verfilmung bleibt von diesem ehrenwerten Anliegen so gut wie nichts mehr.

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