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    Fritzi - Eine Wendewundergeschichte
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Fritzi - Eine Wendewundergeschichte

    Ein Zeichentrickfilm zum Mauerfalljubiläum

    Von Michael Meyns

    Pünktlich zum 30. Jahrestag des Mauerfalls kommt mit „Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ ein Animationsfilm ins Kino, der die historischen Ereignisse aus dem Herbst ‘89 aus kindlicher Perspektive nachzuzeichnen versucht. Die Idee dazu hatte Hanna Schott, die vor zehn Jahren auch schon das gleichnamige Kinderbuch veröffentlichte, das nun sehr lose als Vorlage für den Film von Ralf Kukula und Matthias Bruhn dient. Für den Film wurde das eher dokumentarische, historisch akkurate Buch jedoch mit einer eher modern wirkenden Coming-of-Age-Story aufgepeppt, die sich allzu sehr in DDR-Stereotypen ergeht. So überzeugt „Fritzi“ vor allem wegen der schönen, authentisch wirkenden Bilder.

    Im Sommer ‘89 lebt Fritzi zusammen mit ihren Eltern in Leipzig. Ein Baumhaus im Hinterhof des Familienhauses ist der Lieblingsort der Zwölfjährigen. Hier spielt sie mit ihrer besten Freundin Sophie und deren Hund Sputnik. Auf das Haustier soll Fritzi nun eine Zeitlang aufpassen, denn Sophie fährt mit ihrer Mutter in den Urlaub nach Ungarn - und kommt nach den Ferien einfach nicht mehr zurück. Am ersten Schultag, wie immer in der DDR am 1. September, wundert sich Fritzi noch sehr. Doch dann hört sie die Nachrichten, dass immer mehr Menschen über Ungarn auszureisen versuchen, und ihr wird schnell klar, was passiert sein muss. Und so fasst Fritzi den Plan, selbst über die Grenze nach Westdeutschland zu kommen, um dort Sophie ihren Hund zurückzugeben…

    Fritzi will den Hund unbedingt zurückgeben - und wenn sie dafür über die Grenze fliehen muss!

    Drei Mädchen, die zu Zeiten des Mauerfalls zehn Jahre alt waren, hat die Kinderbuchautorin Hanna Schott interviewt, um aus ihren Aussagen dann die fiktive Fritzi zu formen. Aus deren Sicht werden die Ereignisse des Herbst ‘89 kindgerecht geschildert: von den Montagsdemonstrationen und der Versammlungen in der Nikolaikirche über die Berichte von immer mehr DDR-Bürger, die über Ungarn in die Bundesrepublik auszureisen versuchen, bis hin zum finalen Höhepunkt, der Öffnung der Mauer in Berlin. Das Kinderbuch ist dementsprechend mehr dokumentarisches Sachbuch als fiktive Erzählung – und damit nur bedingt geeignet für einen narrativen Film. Dieses Problem erkannte auch Drehbuchautorin Beate Völcker und erfand für die filmische Umsetzung eine Handlung, die die nun zwölfjährige Fritzi in den Mittelpunkt einer geplanten Flucht rückt.

    Mit Hilfe ihres Mitschülers Bela, der mit seinen längeren Haaren schon optisch aus dem konformistischen Klassenverband heraussticht, plant Fritzi die Grenzanlagen zu überwinden. Dieser Plan scheitert zwar, dennoch mutet das ganze Unterfangen arg naiv und unbedarft an und lässt den Überwachungs- und Repressionsapparat der DDR allzu albern wirken. Zumal sich das Regie-Duo Ralf Kukula und Matthias Bruhn – der eine aus dem Westen, der andere aus dem Osten – dabei etwas zu sehr in filmischen DDR-Stereotypen ergehen: Fritzis Lehrerin ist bis zum Ende ungebrochen Regimetreu, Stasi-Agenten tragen tatsächlich Schlapphut, während auf der anderen Seite Punker an den Montagsdemos teilnehmen. Auch wenn „Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ bewusst aus kindlicher Perspektive erzählen will, mutet dieser Blick auf die DDR arg schematisch, naiv und wenig glaubwürdig an, wozu auch die Sprecher beitragen, die sich eher wie moderne Jugendliche aus dem Jahre 2019 anhören.

    Als würde man durchs historische Leipzig wandeln

    Sehenswert sind dagegen die Bilder, die den Stil der von Gerda Raidt illustrierten Buchvorlage als Vorbild nimmt. Wie handgemalt wirken die Darstellungen von Leipzig, weit entfernt von den oft künstlich anmutenden Welten hochmoderner CGI-Filme, die zwar meist hübsch bunt sind, aber wenig realistisch. Hier dagegen meint man, zusammen mit Fritzi durch die Straßen von Leipzig zu gehen, die Nikolaikirche und den Marktplatz zu sehen, die schönen Altbauten der Innenstadt, unterbrochen von weniger schönen Neubauten. Schade, dass sich diese visuelle Authentizität nur bedingt auch inhaltlich widerspiegelt, dass eine semi-dokumentarische Darstellung der Ereignisse vom Herbst ‘89 wohl nicht als ausreichend erschien. Der Versuch, die Geschichte für ein heutiges Publikum aufzupeppen, gelingt in „Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ nur bedingt. Weniger wäre am Ende wohl mal wieder mehr gewesen.

    Fazit: Inhaltlich bisweilen etwas naiv, überzeugt der Animationsfilm „Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ vor allem mit seinen authentischen Bildern von Leipzig im Jahre 1989.

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