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    Body Cam - Unsichtbares Grauen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Body Cam - Unsichtbares Grauen

    Ein Rachegeist macht Jagd auf Cops

    Von Christoph Petersen

    In den USA hatte der Horror-Thriller „Body Cam“ von Malik Vitthal („Imperial Dreams“) bereits im März 2020 einen kleinen Kinostart. Deshalb klingen die meisten englischsprachigen Kritiken auch so, als würde es sich mehr oder weniger um einen weiteren Spuk-Schocker von der Stange handeln. Aber daran sieht man eben auch, wie sich Kunst und Weltgeschehen gegenseitig beeinflussen – denn inzwischen ist viel passiert, was den Film in einem anderen Licht erscheinen lässt.

    Nach der Ermordung von George Floyd im Mai 2020 und den anschließenden weltweiten Massenprotesten gegen institutionellen Rassismus kann man eigentlich gar nicht anders, als „Body Cam“ (auch) durch dieses Prisma zu betrachten. Die etlichen Parallelen zum aktuellen Zeitgeschehen sind fast schon unheimlich - und verleihen dem Film, der sich zwar auf eine lange Historie von Polizeigewalt bezieht, aber eben nicht aus einem konkreten aktuellen Anlass heraus entstanden ist, mitunter eine Intensität, die er aus sich selbst heraus viel zu selten entwickelt.

    Die Polizistin Renee Lomito-Smith (Mary J. Blige) weiß noch nicht, mit wem oder was sie sich da eigentlich gerade anlegt.

    Am ersten Tag nach einer mehrmonatigen Suspendierung geht die erfahrene Polizistin Renee Lomito-Smith (Mary J. Blige) gemeinsam mit dem Neuling Danny Holledge (Nat Wolff) auf Streife. Die Stimmung ist besonders angespannt: Am Tag zuvor wurden zwei Polizisten, die im Dienst unter fragwürdigen Umständen einen Schwarzen getötet haben, trotz der Existenz eines Videomitschnitts freigesprochen.

    Der erste Einsatz der Nacht, bei dem Renee einfach nur ein im Dunkeln auf der Straße sitzendes Kleinkind sicher zu seinen Eltern bringen möchte, woraufhin sich sofort ein Nachbarschaftsmob um die beiden Cops versammelt, geht gerade noch glimpflich ab. Der Kollege, der etwa zeitgleich einen verdächtigen Wagen anhält, dann aber plötzlich von einer unsichtbaren Kraft in die Luft gerissen und auf einem Pfahl aufgespießt wird, hat da allerdings weniger Glück...

    Allenfalls durchschnittliche Horrorkost

    Eine Schocker-Set-Piece, bei dem es die Cops mit zwei psychopathischen Räubern in einem Supermarkt zu tun bekommen, bevor plötzlich auch noch eine übersinnliche Macht in dem blutigen Shoot-Out mitmischt, ist tatsächlich ziemlich intensiv geraten. Aber davon abgesehen hat „Body Cam“ Horrorfans mit Ausnahme einer Handvoll solider Jump Scares und erstaunlich grausamer Aufnahmen der malträtierten Opfer wenig Substanzielles zu bieten.

    R&B-Legende Mary J. Blige, die vor zwei Jahren noch eine Doppel-Oscarnominierung für „Mudbound“ eingefahren hat, reagiert dabei erstaunlich unaufgeregt auf die unerklärliche Bedrohung sowie den teils ultrabrutalen Tod ihrer Kollegen. Dieses vermeintliche Desinteresse der mitunter fast schon apathisch wirkenden Protagonistin überträgt sich mit der Zeit auch auf den Zuschauer. Es gibt bis kurz vor Schluss keinen konkreten Hinweis darauf, was es mit der Geistererscheinung auf sich haben könnte - aber solange man nicht weiß, was dahintersteckt, ist es einem auch ziemlich egal, was der Dämon mit den Cops so alles an Grausamkeiten anstellt.

    Das erste Opfer des Dämons: Ein Polizist wird bei einer Routinekontrolle plötzlich von einer unsichtbaren Macht in die Luft gerissen.

    Es wirkt zunächst ein wenig merkwürdig, wenn gerade jetzt ein Horrorfilm in die Kinos kommt, in dem ausgerechnet Cops als die Opfer dargestellt werden. Aber während die einzelnen Elemente (der Mob, der sich sofort um die Polizisten versammelt; korrupte Cops, die buchstäblich über Leichen gehen) jeweils eher platt und klischeehaft gezeichnet sind, erreicht „Body Cam“ auf diese Weise doch eine erstaunliche (und vermutlich gar nicht mal beabsichtigte) Ambivalenz, weil es für jeden etwas gibt, an dem er sich massiv stören wird – ganz egal, auf welcher Seite der aktuellen Debatte er auch steht. Gut so.

    Nur kommen die Wut und die Verzweiflung, die für das Funktionieren eines solchen tragisch-blutigen Racheplots nötig sind, aktuell eher aus den realen Zeitungsschlagzeilen und weniger aus dem Film selbst: Natürlich weiß jeder halbwegs erfahrene Thriller-Gucker fast von Anfang an, wo der Hase langlaufen wird – und trotzdem ist es noch einmal doppelt enttäuschend, wie lieblos die ohnehin längst durchschaute Verschwörung am Ende entwirrt wird. Im Finale weiß Renee von einem der Beteiligten noch immer nicht, auf welcher Seite er steht (während es für den Zuschauer längst auf der Hand liegt). Aber es wird dann nicht mal versucht, noch Spannung aus der Situation zu ziehen – er kommt an und sagt direkt zur Begrüßung sinngemäß: „Jupp, ich bin einer von den Bösen.“

    Fazit: Ein zwar brandaktueller, aber darüber hinaus leider nur selten wirklich schockierender Geister-Horror! Bei der vielversprechenden Prämisse wäre definitiv mehr für „Body Cam“ drin gewesen.

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