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    Paris, je t'aime
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Paris, je t'aime
    Von Christoph Petersen

    Kurzfilmkompilationen sind so eine Sache. Meist rattern die kurzen Schnipsel so schnell am Zuschauer vorbei, dass am Schluss nur noch ein undefinierbarer Mischmasch aus Eindrücken, Gefühlen und Emotionen beim Zuschauer zurückbleibt. Dass man der Metropolen-Kompilation „Paris, Je T´Aime“ dennoch mit hohen Erwartungen entgegenblicken durfte, hat hauptsächlich zwei Gründe. Zum einen ist es den Produzenten gelungen, für ihre 18 Beiträge 21 durchgehend namhafte Regisseure wie Gus Van Sant (Elephant), die Coen-Brüder (Fargo) oder Tom Tykwer (Das Parfum) zu gewinnen. Und zum anderen ist das Projekt von Anfang an so angelegt, dass es gerade darum geht, in den verschiedenen Beiträgen möglichst weit gefächerte Eindrücke von der Stadt der Liebe zu transportieren. Trotzdem geht das Konzept im Endeffekt nicht voll auf. Viele der Starregisseure bleiben weit hinter ihrem üblichen Niveau zurück. Und ein atmosphärisch stimmiges Paris-Bild will sich auch nicht ergeben, dafür sind die erzählten Geschichten – mit wenigen positiven Ausnahmen – doch zu universell.

    Top 3:

    Platz 3 – „Parc Monceau“ von Alfonso Cuarón

    Der ältere Amerikaner Vincent (Nick Nolte, Kap der Angst, Hulk, U-Turn) trifft sich abends mit der jungen Französin Claire (Ludivine Sagnier, Swimming Pool, Peter Pan). Gemeinsam schlendern sie die Straßen entlang, unterhalten sich über alte Zeiten und verpasste Chancen. Der Eindruck wird immer stärker, dass die beiden einst ein Paar waren. Doch alles kommt ganz anders… Regisseur Alfonso Cuarón (Harry Potter und der Gefangene von Askaban, Children Of Men), der eigentlich für seine aufwendigen Inszenierungen bekannt ist, hält sich in seinem Beitrag „Parc Monceau“ angenehm im Hintergrund, überlässt seinen beiden fantastischen Darstellern den Großteil der Arbeit. Nick Nolte mit seiner tiefen, verrauchten Stimme und die charmante Ludivine Sagnier sorgen für eine aufregende Dämmer-Atmosphäre, die dem lebendigen nächtlichen Paris mit all seinen Neonlichtern mehr als gerecht wird. Zwar verzichtet Cuarón nicht auf ein überraschendes Kurzfilmende, aber dieses wirkt hier keinesfalls wie ein Konstrukt, sondern stimmig, natürlich und einfühlsam.

    Platz 2 – „Quartier des Enf ant Rouges“ von Olivier Assayas

    Die amerikanische Schauspielerin Liz (Maggie Gyllenhaal, Secretary, Schräger als Fiktion) ist wegen der Dreharbeiten an einem Kostümfilm in Paris. Natürlich will sie auch hier nicht auf ihren geliebten Joint verzichten. Schnell ist mit dem gutaussehenden Kleindealer Ken (Lionel Dray) eine passende Bezugsquelle gefunden. Doch nach dem ersten Treffen scheint Liz mehr an dem Dealer selbst, denn an seinem Stoff interessiert zu sein… Regisseur Olivier Assayas, der schon mit seinem Festivalfavoriten „Demonlover“ eine der apokalyptischsten Kinowelten der letzten Jahre entworfen hat, beschäftigt sich auch in seinem „Paris, Je T`Aime“-Beitrag mit den düsteren Seiten des Lebens. Dabei springt er hier aber kurzzeitig über seinen eigenen Schatten und erlaubt seiner Protagonistin einen kurzen Moment der Hoffnung – eine berührend intensive Mischung aus tiefer Verlorenheit und vorsichtig angedeuteter Romantik, die trotz der kurzen Spieldauer noch lange nachwirkt.

    Platz 1 – „Père Lachaise“ von Wes Craven

    Frances (Emily Mortimer, Lieber Frankie, Match Point) und William (Rufus Sewell, Ritter der Leidenschaft, Dark City) wollen in einigen Wochen heiraten. Vorher soll allerdings ein Liebesurlaub in Paris noch einmal frischen Schwung in die Beziehung bringen. Beim Schlendern über den Friedhof Père Lachaise muss Frances plötzlich feststellen, dass ihr Verlobter völlig humorlos ist. Für sie ein Grund, die Vermählung platzen zu lassen. Doch dann taucht der Geist von Oscar Wilde (Regisseur Alexander Payne, Sideways) auf und erteilt William eine Lektion in Sachen Liebe und Poesie… Ausgerechnet Horrorregisseur Wes Craven (Scream) gelingt mit „Père Lachaise“ der romantischste aller Beiträge. Mit seiner charmant gewitzten Mischung aus Romantik und Poesie, aus Liebe und Kunst trifft er genau jenen Pariser Kern, den man bei vielen anderen Beiträgen so schmerzlich vermisst.

    Flop 3:

    Platz 3 – „Montmartre“ von Bruno Podalydès

    Ein Mann (Bruno Podalydès) sucht in den engen Straßen von Montmartre nach einem Parkplatz. Als er endlichen einen gefunden hat, bricht eine Frau (Florence Muller) direkt vor seinem Auto zusammen. Er kümmert sich erst um sie und nimmt sie schließlich in seinem Wagen mit… Gleich der erste der 20 Beiträge entpuppt sich als pointenlose Schlaftablette. Der in die Länge gezogene Monolog wirkt aufgesetzt und sowieso kommt die ganze Story nicht über den Status eines Konstrukts heraus – Regisseur und Hauptdarsteller Bruno Podalydès gelingt es hier schlicht nicht, beim Zuschauer echte Emotionen zu erzeugen, verliert sich stattdessen in seinem eigenen hochtrabenden Anspruch.

    Platz 2 – „Loin du 16ème“ von Walter Salles und Daniela Thomas

    Früh am Morgen steht die junge Ana (Catalina Sandino Moreno, Maria voll der Gnade, Fast Food Nation) auf, bringt ihr Baby in die Krippe und fährt mit der Bahn aus der heruntergekommenen Vorstadt in ein Nobelviertel, wo sie sich um das Baby einer reichen Familie kümmert… Regisseur Walter Salles (Die Reise des jungen Che, Dark Water) hat bei seinem Beitrag einen ganz klaren Missstand vor Augen, den er anprangern möchte. Leider gelingt es ihm dabei nicht einmal ansatzweise, aus dem Kritikpunkt auch einen funktionierenden Film zu basteln. So bleibt „Loin du 16ème“ eine hohle, farblose Verpackung, deren Aussage aufgrund der nicht vorhandenen Emotionen geräuschlos verpufft.

    Platz 1 – „Porte de Choisy“ von Christopher Doyle

    Monsieur Henny (Barbet Schroeder, Mars Attacks), ein Handlungsreisender für Kosmetik und Haarpflegeprodukte, hat einen Termin bei einem Friseursalon. Doch die Besitzerin Madame Li (Li Xin) erweist sich nicht als durchschnittliche Friseuse, sondern als surreale Domina, die Henny auf einen absurden Trip durch ihr Viertel mitschleift… Der Beitrag von Regisseur Christopher Doyle, der sich seinen Namen eigentlich als Kameramann solcher Filme wie 2046, Infernal Affairs oder Hero gemacht hat, ist gleichzeitig der experimentellste und misslungenste. Die abgedreht komponierten Einstellungen sollen ganz offensichtlich keine Geschichte im herkömmlichen Sinne erzählen, aber auch eine stimmige Atmosphäre sucht man vergebens. Und so beeindruckend, dass man sich an ihnen alleine ausreichend berauschen könnte, sind die Bilder dann auch wieder nicht geraten.

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