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    Glück im Spiel
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Glück im Spiel
    Von Carsten Baumgardt

    Seit seinem Durchbruch 1992 mit dem Thriller „Die Hand an der Wiege“ gilt Curtis Hanson als einer der vielseitigsten und versiertesten Regisseure der Traumfabrik. In seiner Vita finden sich allein zwei Meisterwerke (L.A. Confidential, Wonder Boys), zuletzt überraschte der Mann aus Reno, Nevada, mit einem waschechten Frauenfilm (In den Schuhen meiner Schwester), der so sympathisch war, dass man ihm fortan jedes Metier mühelos zutrauen würde. Doch die bittere Erkenntnis: Auch ein Meisterregisseur greift mal daneben. Hanson liefert mit dem romantischen Poker-Drama „Glück im Spiel“ den schlechtesten Film unter seinem Status als Starfilmer ab. Überzeugt das Werk noch weitgehend mit seiner Pokergeschichte, ist die völlig unmotiviert eingeflochtene Love Story komplett überflüssig und kontraproduktiv.

    Huck Cheever (Eric Bana) ist ein professioneller Pokerspieler, der in Las Vegas versucht, über die Runden zu kommen. Obwohl er zu den Besten der Welt gehört, hat Huck sein Temperament nie im Griff, was den Gang zum Pfandleiher zur Gewohnheit werden lässt. Hilfe von anderen lehnt er generell ab. Besonders die seines übermächtigen Vaters, der Pokerlegende L.C. Cheever (Robert Duvall), ist unerwünscht. Zu tief sitzt der Schmerz, den sein Erzeuger verursacht hat, als er Hucks Mutter im Stich ließ. Kurz vor der World Series Of Poker in Las Vegas ist Cheever vom Glück verlassen, die 10.000 Dollar Startgeld rinnen ihm schnell wieder durch die Finger und die Zeit, es doch noch aufzubringen, ist knapp. Nebenbei beginnt er eine auf wackeligen Beinen stehende Beziehung mit der Loungesängerin Billie (Drew Barrymore), die gerade erst in der Wüstenstadt angekommen ist und ihren ersten Job antritt. Nicht sonderlich gut kommt jedoch Hucks Aktion an, Billie nach einer Liebesnacht 1.000 Dollar aus der Brieftasche zu stehlen/leihen, um damit zu pokern, was allerdings nicht zu dem gewünschten Erfolg führt, sondern den Schlamassel noch vergrößert. Dazu ist Hucks Verhältnis zu seinem Vater, der ebenfalls an dem Turnier teilnimmt, weiterhin gespannt...

    Oft erzählt die Vorgeschichte eines Films sehr viel über dessen Qualität. Und die von „Glück im Spiel“ ist eine unrühmliche. Bereits im Mai 2005 fertiggestellt, schob Warner Bros. das Poker-Melodram munter vor sich her – inzwischen wohl wissend, dass mit diesem großen Starprojekt an der Kinokasse kein Staat zu machen ist. Zwar legte der Major den Film mit einem Jahr Verspätung auf das erste Wochenende der US-Blockbustersaison 2007, doch ausgerechnet gegen die übermächtige Konkurrenz eines Spider-Man 3, der am Start 96 Prozent des gesamten US-Umsatzes auf sich vereinte (ein Rekord nebenbei bemerkt). Die letzte Karte der Hoffnung, die Warner ausspielte, den Comic-Muffeln ein romantisches Alternativprogramm (so wurde der Film urplötzlich plakatiert und beworben) zu bieten, schlug grotesk fehl. Mit einem Einspiel von 2,7 Millionen Dollar am ersten Wochenende sank „Glück im Spiel“ in den US-Charts wie ein tumbe Bleiente. Wer die Zeichen zusammenzählt, konnte dieses Desaster erwarten. Warner war es natürlich bewusst, doch die schlimmsten Befürchtungen wurden noch bei weitem übertroffen. Warum das alles? Curtis Hanson setzt sich mit seinem Werk zwischen alle Stühle und findet einfach keinen geeigneten Raum, um seine Geschichte zu erzählen. Der Anspruch und die Ernsthaftigkeit vertragen sich nicht mit dem seichten Romantikteil.

    Warum Hanson und Star-Autor Eric Roth (Forrest Gump, Ali, München, Insider) eine derart kolossale Fehleinschätzung unterlaufen ist, bleibt ein absolutes Rätsel. Das Melodram um Pokerspieler Huck Cheever und seine gestörte Beziehung zu seinem Vater L.C. ist sorgsam beobachtet und hervorragend gespielt. Die Welt des Pokers wird authentisch eingefangen, immerhin sind rund zwei Drittel der Spieler die Stars aus der Wirklichkeit. Der Zuschauer muss nicht unbedingt Pokersachverständiger sein, um folgen zu können, aber zumindest eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber dem Sujet sollte vorhanden sein, sonst ist ein Kinobesuch sinnlos. Eric Bana (Troja, München, Hulk) liefert als notorischer Lederjackenträger eine feine Leistung mit den richtigen Nuancen ab und der wie immer großartige Robert Duvall (Der Pate, Falling Down, Thank You For Smoking) strotzt nur so vor Charisma.

    Doch damit sind wir schnell am Ende der Fahnenstange angelangt, denn sowohl die Figur der Sängerin Billie, ihre gesamte Geschichte und auch die fehlbesetzte Drew Barrymore selbst reißen „Glück im Spiel“ im Sturzflug ins Mittelmaß. Die Klassifizierung „überflüssig“ wäre die Untertreibung des Jahres für den Teil „romantische Komödie“, der dem Drama offensichtlich angeklebt wurde, um die kommerziellen Chancen zu erhöhen. Doch die Rom-Com-Die-Hard-Fans langweilen sich bei der Pokergeschichte in Qualen, während die Drama-Anhänger angesichts der katastrophalen Chemiewerte zwischen Bana und Barrymore die Krätze kriegen. Warum sich Spieler Huck für Billie interessiert, ist ebenso wenig nachzuvollziehen, wie andersherum. Von Beziehung kann sowieso kaum die Rede sein, weil beide die meiste Zeit damit beschäftigt sind, sich zu trennen... und wieder zu versöhnen. „Glück im Spiel“ ist offensichtlich nicht die Bühne für die Romantik-Maschine Drew Barrymore, die im federleichten Fach wie zuletzt in Mitten ins Herz bestens aufgehoben ist. Dort fällt es nicht weiter negativ auf, dass sie mit viel Charme dieselbe Rolle immer und immer wieder gibt. Die Nebenrollen sind mit Stars wie Debra Messing (Wedding Date) und Robert Downey Jr. (Zodiac, Natural Born Killers) markant besetzt, auch wenn sie durch ihre Präsenz nur atmosphärische Werte beisteuern.

    Zum Glück ist Curtis Hanson so ein herausragender Filmemacher, sonst wäre sein romantischer Pokertrip zum Totaldesaster ausgeartet - was keineswegs der Fall ist. „Glück im Spiel“ gefällt als Charakterporträt, lebt nur weniger von der Spannung - denn der Film erklärt viel, um die Pokerunkundigen im Spiel zu behalten. Das Saccharin-süße Ende trägt dann auch wieder dem Romantikpublikum Rechnung. Ein stärkeres Bekenntnis zu Spielerfilmen wie Cincinnati Kid, Haie der Großstadt oder zuletzt Owning Mahowny hätte auch an dieser Stelle gut getan.

    Fazit: „Glück im Spiel“ will ein gefälliges Spielerdrama mit einer vor sich hinplätschernden romantischen Komödie vereinen und scheitert dabei auf hohem Niveau.

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