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    Into The Sun - Im Netz der Yakuza
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Into The Sun - Im Netz der Yakuza
    Von Björn Becher

    Bei dem vor allem Anfang und Mitte der Neunziger Jahre erfolgreichen Actionschauspieler Steven Seagal musste man in letzter Zeit den Eindruck haben, dass er nicht den richtigen Zeitpunkt gefunden hat, seine Karriere zu beenden. Seit 2001 ist er zwar so fleißig wie nie zuvor und dreht einen Film nach dem anderen, doch ein Werk, mit dem er wirklich an seine großen Erfolge anknüpfen konnte, war nicht dabei (auch wenn man Exit Wounds als finanziellen Achtungserfolg bezeichnen kann). Mit ein Grund dafür durfte wohl sein, dass Seagal nicht mehr der Jüngste ist und wohl auch etwas sein Kampf- und Fitnesstraining vernachlässigt hat. So durfte man zum Beispiel in Halb tot einen übergewichtigen Seagal bewundern, dem man beim besten Willen keinen Actionhelden mehr abnehmen konnte, da er in seinen Bewegungen viel zu träge und schwerfällig wirkte. So ist er längst weg vom Kinogeschäft und im Direct-To-DVD-Markt angekommen. Dort erschien auch „Into The Sun - Im Netz der Yakuza“, mit dem wie bei jedem neuen Seagal die spannende Frage einhergeht: Hat er trainiert und sieht wieder fit aus? Die Frage kann man recht früh verneinen. In der Eröffnungsszene, in der er als CIA-Agent Travis Hunter mit einem Kollegen einen Einsatz vermasselt und vor ein paar Häschern durch den Dschungel flieht, wälzt der übergewichtige Seagal sich so schwerfällig voran, dass man nicht glauben mag, dass er entfliehen kann (was er natürlich trotzdem schafft).

    Für die restliche Handlung des Films hat diese Eröffnungsszene aber so gut wie keine weitere Bedeutung. Sie soll wohl nur verdeutlichen, warum Travis Hunter nicht mehr bei der CIA arbeitet. Trotzdem bekommt er von der Agency, vertreten durch Agent Block (William Atherton, Stirb langsam, Die Akte, Last Samurai), einen Auftrag. Der Gouverneur von Tokio wurde ermordet und da Block dort lebt und sich bestens auskennt, scheint er der richtige Mann. An seine Seite bekommt er den jungen Agenten Sean (Matthew Davis, Natürlich blond, Blue Crush) beordert. Zwar deuten erste Anzeichen noch auf einen Anschlag durch Terroristen hin, doch Block entdeckt bald, wer die wirklichen Täter sind. Der skrupellose Yakuza-Aufsteiger Kuroda (Takao Osawa) plant in Zusammenarbeit mit der chinesischen Mafia die Errichtung eines mächtigen Drogenkartells und schreckt dabei vor nichts zurück.

    Die größte Schwäche des B-Movie-Actioners ist leider, dass er diese Story viel zu träge erzählt. Es passiert einfach über weite Strecken nichts. Hunter geht von Person zu Person, stellt ein paar Fragen, äußert ein paar Bitten und...? Nichts! Das ist es über weite Strecken. Die Beziehung zu dem jungen Agenten wird eigentlich überhaupt nicht ausgearbeitet. Auf die Figur des Sean hätte man sogar fast verzichten können. Hunter schickt ihn meist nur weg und der Zuschauer fragt sich, warum ein Agent, der in Tokio arbeitet, nicht einmal ansatzweise die Sprache beherrscht oder etwas über die Kultur weiß. Auch die grundlegenden Kapitel in seiner Ausbildung scheint er verpasst zu haben. Die einzige wichtige Funktion, welche die Figur für die Geschichte hat, ist ihr Tod. Denn dadurch ist Hunter richtig angepisst, schnappt sich sein Schwert und legt einen kleinen, feinen Rachefeldzug hin (da wird es dann recht blutig, weshalb die fehlende Jugendfreigabe berechtigt ist). Dann gibt’s endlich mal ein bisschen Seagal-Action (über eine kurze Prügelei darf man sich noch vorher freuen). Für einen Actionfilm ist dies leider deutlich zu wenig, doch das kommt offenbar dabei heraus, wenn der Actionstar nicht mehr fit genug für Actionszenen ist. Denn dass Seagal noch nie schauspielern konnte, stellt er mal wieder eindrucksvoll unter Beweis. Da gibt es dann noch eine kleine Liebesgeschichte zwischen seiner Figur und einer hübschen Japanerin, in der man die volle Bandbreite von Seagals mimischen Können bewundern darf: Ein Geschichtsausdruck der Marke grimmig dreinschauender Dackel, der versucht emotional berührt zu wirken, sich dabei aber das Lachen verkneifen muss.

    Man muss richtig dankbar sein, dass man nicht nur die ganze Zeit Seagal bei seinen langweiligen Ermittlungstätigkeiten zuschauen muss. Denn für die wenigen Highlights des Films sind fast ausschließlich die Yakuza zuständig. Die Bande um den vom vielseitigen japanischen Darsteller Takao Osawa („Aragami“, „All About Lily Chou-Chou“) gut gespielten Kuroda versteht es nämlich Coolness und Brutalität gelungen zu verbinden und hat ein paar feine Auftritte, die das Herz kurzzeitig höher schlagen lassen oder einen aus dem Schlaf holen, der sich bei dem langatmigen Herumgelaufe von Seagal zwangsläufig einstellt. Fans von Chiaki Kuriyama dürfen sich auch noch über eine weitere Szene freuen. Direkt nach dem Vorspann darf diese auf einem Balkon stehen und in die Kamera schauen. Warum man die populäre Schauspielerin (u.a. Kill Bill Vol. 1, „Battle Royale“, Takashi Miikes Krieg der Dämonen) allerdings nur für einen so kurzen Auftritt verpflichtet hat, bleibt fraglich. Mit jeder Szene mehr hätte sie den Film sicherlich weiter aufgewertet. Ein Lob noch für die Inszenierung von Musikvideoregisseur und Comicautor mink (so der Künstlername des Regisseurs). Auch wenn ein paar Dinge nicht ganz passen, so beweist er in seinem zweiten Film doch, dass er Talent hat.

    So ist „Into The Sun - Im Netz der Yakuza“ nicht das auf dem Cover angekündigte Comeback des „Action-Superstar“, sondern maximal eine kleine Talentprobe eines Regieprofis, dem man vielleicht mal ein besseres Drehbuch (und einen anderen Hauptdarsteller) zur Hand geben sollte. Apropos Drehbuch. An diesem hat Seagal selbst mitgewirkt und man ist nicht zu wagemutig, wenn man vermutet, dass der Satz „You look younger and taller“, den seine Figur im Film bewundernd gesagt bekommt, aus seiner Feder stammt. Vielleicht sollte er solche Sätze aber nicht nur niederschreiben, sondern etwas dafür tun, dass sie auch zutreffen. Also ab ins Fitnessstudio Mr. Seagal, dann klappt’s vielleicht auch wieder mit den Filmen.

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