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    Haus über Kopf
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Haus über Kopf
    Von Jürgen Armbruster

    Steve Martin hat oft genug bewiesen, dass er zweifelsohne einer der besten Comedians unserer Zeit ist. Seine Leistungen in Filmen wie „Roxanne“, „Vater der Braut“ oder „Housesitter“ sind ebenso unvergesslich, wie seine ersten drei Auftritte als Host der Oscarverleihung. Doch leider bekommt er seit der brillanten, aber in den hiesigen Gefilden oft unterschätzen Hollywood-Persiflage „Bowfingers große Nummer“ nicht mehr richtig in Fahrt. In „Schlaflos in New York“ lies John Cleese ihn bei seinem Gastauftritt wie einen blutigen Anfänger aussehen und seine diesjährige Moderation der Academy Awards war einfach zu brav. Nun kommt mit „Haus über Kopf“ sein nächstes Projekt in die Kinos. Gelingt dem 57-Jährigen hier die Trendwende? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage kann leider nicht gegeben werden. Mit einem US-Einspiel von über 130 Millionen Dollar ist der kommerzielle Erfolg bereits jetzt gesichert, doch aus filmischer Sicht ist „Haus über Kopf“ eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle.

    Für Anwalt Peter Sanderson (Steve Martin) steht der berufliche Erfolg über allem, sogar über seiner Ehe mit Kate (Jean Smart), die aus eben jenem Grund in die Brüche ging. Peter hat beispielsweise keine Skrupel, den seinen Kindern Sarah (Kimberly J. Brown) und Georgey (Angus T. Jones) seit langem versprochenen Hawaii-Urlaub wegen eines geschäftlichen Termins kurzerhand abzusagen – und doch fühlt er sich einsam. Im Chat lernt er mit „Lawyer Girl“ scheinbar so etwas wie eine Seelenverwandte kennen und verliebt sich ohne, sie auch nur ein einziges mal gesehen zu haben, Hals über Kopf in sie. Als sich die beiden das erste Mal treffen, ist der Schock groß: „Lawyer Girl“ entpuppt sich als Charlene (Queen Latifah), eine wegen Einbruchs verurteilte, farbige und übergewichte Frau, was sich so ganz und gar nicht mir Peters konservativem Lebensstil vereinbaren lässt. Charlene lässt sich allerdings nicht so leicht abwimmeln wie Peter es gern hätte. Sie verlangt von ihm, dass er ihren Fall neu aufrollt. Als er sich weigert, rückt sie nicht mehr von seiner Seite und verwickelt ihn in jede Menge peinliche Situationen, bis er schließlich gereizt Kleinbei gibt, um den Vertragsabschluss mit der milliardenschweren, potenziellen Klientin Mrs. Arness (Joan Plowright) nicht zu gefährden.

    Wie jeder bemerkt haben dürfte, ist die Story bei „Haus über Kopf“ nicht gerade originell – im Gegenteil. Hier wird dermaßen offensichtlich mit dem Klischee „Gegensätze ziehen sich an“ gespielt, dass man manchmal aufstehen und laut schreien möchte. Weißer Workaholic trifft schwarze Außenseiterin. Es ist leider nur allzu deutlich, dass ein Großteil des Films daraus besteht, die beiden Protagonisten in für sie ungewöhnliche Situationen zu bugsieren. So muss beispielsweise Peter in einem Club voller Farbiger seine Tanzkünste darbieten und Charlene sich bei einem Abendessen mit Mrs. Arness als traditionelle Südstaatenhausfrau ausgeben. Lustig sind diese Szenen jedoch nur bedingt. Ohnehin ist das Drehbuch von Jason Filardi die größte Schwäche von „Haus über Kopf“. Er mutet dem Publikum ein Wechselbad der Gefühle zu. Einige Szenen sind dermaßen komisch, dass einem das Atmen schwer fallen dürfte, andere so vorhersehbar, dass allenfalls ein müdes Lächeln über das Gesicht huscht. Der Pornohefte lesende 10-Jährige, Charlenes Kampfeinlage mit der Schwester von Peters Ehefrau, die weiße High Society, die mit der Slangsprache nicht zurecht kommt… Vieles ist schon etliche Male da gewesen. Darüber hinaus bietet die Geschichte einfach zu viel Leerlauf, in dem nichts, aber auch rein gar nichts, geschieht.

    Handwerklich lässt sich an „Haus über Kopf“ wenig aussetzten. Der bisher auf Romantik-Komödien wie „Wedding Planner" oder „Nur für Dich“ spezialisierte Adam Shankman macht das einzig Richtige: Er lässt seinen Akteuren jede Menge Freiraum. Die Chemie zwischen Queen Latifah und Steve Martin stimmt. Insbesondere Martin lässt in einigen Szenen sein enormes Können aufblitzen. Als ihm seine 16-jährige Tochter gesteht, was bei einer etwas ausgearteten Teenager-Party alles geschah, ist er eine wahre Freude, seine Mimik zu beobachten. Doch leider sind dererlei Szenen viel zu selten. Neben Steve Martin und Queen Latifah sticht aus dem Cast noch der aus „American Pie" bekannte Eugene Levy als Peters Kollege Howie Rottman hervor. Seine Aufgabe ist es, Charlene in deftigen Onelinern seine große Liebe zu gestehen. Viele Lacher im Film gehen auf sein Konto. Erwähnenswert ist noch der sympathische Gastauftritt von „Golden Girl“ Betty White als misstrauische Nachbarin von Peter.

    Ein konkretes Fazit fällt nach den gezeigten 105 Minuten sehr schwer. Ein Kompliment geht definitiv an die Darsteller, denen es gelang, aus einem drittklassigen Drehbuch einen zweitklassigen Film zu zaubern, doch trotzdem ist „Haus über Kopf“ kein Pflichtbesuch. Die Geschichte bietet einfach zu viele kleine Schwächen, als dass man den Film ruhigen Gewissens empfehlen könnte. Schade, denn bei dem versammelten Know How wäre wesentlich mehr möglich gewesen.

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