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    Unknown
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Unknown
    Von Björn Becher

    „Unknown“ ist mal wieder einer jener Filme, bei denen man sich nach einem Blick auf die Besetzungsliste fragt, warum der Film nicht in die deutschen Kinos kam. Denn auch wenn sich im Gegensatz zum kürzlich erschienen Lucky Number Slevin keine Ansammlung von Darstellern der A-Klasse ein Stelldichein gibt, so konnte Ex-Musikvideoregisseur Simon Brand doch eine ganze Reihe bekannter Gesichter, die zu erstklassigen Darstellern gehören, gewinnen. James Caviezel (Die Passion Christi, Frequency), Greg Kinnear (Auto Focus, Little Miss Sunshine), Barry Pepper (Der Soldat James Ryan, Flags Of Our Fathers), Bridget Moynahan (I. Robot, Lord Of War), Joe Pantoliano (Memento, Matrix), Jeremy Sisto (Wrong Turn) und Peter Stormare (Fargo, Armageddon) gehören unter anderem zur Besetzung des interessanten Thrillers, der eine aus Filmen wie Saw, Cube oder House Of 9 bekannte Ausgangsituation trotz über weite Strecken vorhandener Vorhersehbarkeit gut auflöst und bei der Videothekenkundschaft großen Anklang finden dürfte.

    In einer stillgelegten Fabrikhalle irgendwo in der Wüste wachen ohne jegliche Erinnerung fünf Männer auf. Der eine (Jeremy Sisto) ist mit Handschellen an ein Gitter gefesselt und hat eine Schusswunde. Ein zweiter (Joe Pantoliano) ist an einen Stuhl gefesselt. Die anderen drei sind nicht gefesselt, aber auch nicht unversehrt. Einer (Greg Kinnear) hat eine gebrochene Nase, auch den anderen beiden (Barry Pepper und James Caviezel) sieht man die Spuren eines Kampfes an. Aus der Lagerhalle scheint es keinen freien Weg nach draußen zu geben. Die Fenster sind vergittert, die einzige Tür mit einer Hightech-Anlage gesichert. Als nur einer (Caviezel) wach war, klingelte das Telefon. Der einzig Wache ging ran, eine Stimme teilte ihm mit, dass er alles unter Kontrolle behalten soll, am Abend werde man zurück sein. Zur gleichen Zeit irgendwo anders. Eliza Coles (Bridget Moynahan) deponiert das Lösegeld für ihren entführten Mann in einem Schließfach. Obwohl die Polizei alles haarklein überwacht, gelingt es einem Gangster (Peter Stormare), mit dem Geld zu fliehen. Doch zwei Cops (Kevin Chapman, Clayne Crawford) nehmen die Verfolgung auf.

    Es braucht natürlich nicht allzu viel Pfiffigkeit, um nicht nach rund zehn Minuten schon zu wissen, dass die beiden Situationen zusammenhängen und dass es sich bei den fünf Personen im Lagerhaus um Entführungsopfer und weitere Gangster, welche die Bewachung übernommen haben, handelt. Auch den Männern im Lagerhaus wird dies nach wenigen Minuten durch die gefundene Leiche eines Wachmanns und einen zwei Tage alten Zeitungsartikel über die Doppelentführung klar. Von da an wissen sie: Drei von ihnen sind wohl Gangster, zwei Entführungsopfer. Doch da keiner zu Beginn nur den Funken einer Erinnerung hat, misstraut erst einmal jeder jedem.

    Regisseur Brand und sein Autor Matthew Waynee konzentrieren sich erst einmal vollkommen nur auf dieses Setting. Alles ist geprägt von Misstrauen, Flashbacks verunsichern die Beteiligten zusätzlich, zudem versuchen einzelne von ihnen immer wieder, andere zu überzeugen, dass man auf derselben Seite stehe und somit an einem Strang ziehen müsse. Nachdem man zu Beginn glaubt die Macher legen es auf einen dieser Thriller an, der nur so mit Wendungen und Überraschungen daher kommt, sieht man sich in diesem Punkt schnell getäuscht. Erfrischend offen werden die Fronten für den Zuschauer immer klarer und es wird sich wirklich nur auf die Spannung zwischen den einzelnen Eingesperrten konzentriert. Das öffnet vor allem so erstklassigen Darstellern wie Caviezel und Kinnear den Raum für starke schauspielerische Leistungen, während Barry Pepper dagegen im Fortlauf des Films immer mehr fehlbesetzt wirkt.

    Mit seiner Fortdauer leidet der Film aber unter dem eng gesetzten Setting. Die verzweifelten Beifreiungsversuche, begleitet von Reibereien, nutzen sich schnell ab. Dass immerzu der Spiegel im Bad als Hilfe für Erinnerungsflashbacks genutzt wird, nervt mit der Zeit nur noch. Auch ist es schade, dass die interessante, aufgeworfene Frage, wie stark die eigene Persönlichkeit und das Handeln von der Erinnerung bestimmt wird, phasenweise zu stiefmütterlich behandelt wird. So wünscht man sich schließlich endlich das Eintreffen der anderen Gangster und deren Polizeiverfolger zum ultimativen Showdown herbei. Und zum Glück lässt man damit den Zuschauer nicht zu lange warten und überzeugt hier noch einmal richtig. Nachdem auch erst der Showdown in erwartbaren Bahnen verläuft, zündet der Film gegen Ende dann doch noch einmal Knallbonbons in Form von überraschenden Wendungen. Das ist schon lange schwer in Mode und hier, wie so oft, nicht unbedingt mit völlig stringenter Logik verbunden, doch selten hat man es so gerne verziehen wie bei „Unknown“. Denn die Überraschungen entfalten durch den vorherigen straighten Verlauf eine ungemeine Wirkung und zumindest die erste wertet den Film auf. Die zweite ist zwar selbst arg platt, sorgt aber für eine starke finale Abgangsszene. Wer auf interessante Thriller steht, wird beim nächsten Gang in seine Videothek mit „Unknown“ keine schlechte Wahl treffen.

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